Viele Menschen haben über die ferne Insel im nördlichen Polarkreis falsche Vorstellungen: Island ist weder ein eisiges Land, noch sind die Isländer frostig. Der Sommer kennt meistens Frühlingstemperaturen und die Isländer sind warmherzig und sehr, sehr gastfreundlich. Wir haben diese Insel in 3 Wochen entdeckt. In allen 4 Himmelsrichtungen.
Snobisten, Nörgeler, Gourmettempel Gurus, Smoking Freaks und Rolls Royce Fahrer gehören eigentlich nicht auf diese Insel – es sei denn, ihre Sinnesorgane sind noch offen für natürliche Eigenwilligkeit, für Naturwunder und für Wildromanik in einer manchmal oft kargen Landschaft. Das ist Island, ein Teil unserer Erde, welcher das Gefühl vermittelt, als ob er in der ewigen Zeitrechnung schon vorgestern erschaffen worden wäre. Die erste Bekanntschaft der besonderen Art schlossen wir mit getrocknetem Dorsch, mit starren Augen an Holzgestellen hängend. Und im kühlen Wind hin und her wiegend, aneinander klappernd und bestimmt für Fischmehl ins ferne Afrika. Eindrücklich. Ungewohnt. Unsere eigentliche Reise begann in Akureyri, der nördlichsten Hafenstadt mit dem typischen Charakter, die von Fischfang und Tourismus lebt. Während bei uns in der Schweiz die Uhren auf Mitternacht stehen herrscht hier Hochbetrieb in den Beizen und auf den Strassen. Die Kirchenglocke schlägt zweimal morgens. Es wird nachgeholt was in den langen Winternächten versäumt wurde. Mit viel Alkohol wird die Helligkeit des Sommers gefeiert.
Drei Tage später gings weiter, wo wir eine besonders sympathische Bekanntschaft schlossen. In Hjalteyri, eine Siedlung im Nordosten von Island. Sie liegt am Westufer des Eyjafjörðurs und ist 23 km von Akureyri entfernt.
Gottverlassen steht ein keines Häuschen, von scharfer Meeresbrise umweht, in der Landschaft. Thöry Eythörsdottir (also die Tochter von Eythör) tischt uns, wohl weil wir einen etwas hungrigen Eindruck machten: Flatbraud med hangikjöt, ein Pumpernickel ähnliches Brotschnittchen mit gesalzener Butteerund belegt mit würzigem stark geräuchertem Lamm. Dann hausgemachte Waffeln, Marmelade von Rhabarber und Bitterorange. Woher das „Schlüüferli“ Rezept stammte, wollte uns Thöry nicht verraten. Wer weiss und vielleicht von einem einst in Seenot geratenen Schiffskoch aus dem Emmental?
Die dritte Bekannschaft schlossen wir mit einer Insel: Von Dalvik fährt man nach Árskógssandur, dann mit der Fähre auf die Insel Hrisey. Hier weiden Galloway Rinder, das Gras ist leicht gesalzen und das Fleisch dieser Zucht schmeckt herrlich, ähnlich dem schottischen Angusbeef oder dem „pré salé“ (gesalzene Wiesen) Fleisch aus der bretonischen Küste.
Den Abend dann erlebten wir im Restaurant Fiddlarin, „zum Geiger“ würde bei uns diese Wirtschaft heissen ein ganz besonderes kulinarische Erlebnis: Im fünften Stock mit herrlicher Aussicht auf den Hafen von Akureyri, geniessen wir zum ersten Mal authentische isländische Kulinarik.
Die geräucherte und pochierte Lachsrose, die in Butter gebratenen Hummerschwänze und der Heibutt mit Tomatenmousse waren absolute Spitze. Mitsamt einem sehr freundlichen aufmerksamen Service.
In Island ist die Ringstrasse Nummer eins die eigentliche Hauptstrasse. Doch eine Hauptstrasse war damals, 1994 noch kein Garant für Asphaltbelag. Erst ca. 80% des isländischen Strassennetzes waren mit „Belag“ bedeckt. Oft liessen die Stossdämpfer grüssen – somit unsere Empfehlung heute noch: „4×4“ Gefährt mieten, vor allem dann, wenn man noch einen Abstecher ins Hochland plant. Hertz bediente uns mit viel Herz. Mietwagen sind teuerer als anderswo, begreiflich bei diesen Strapazen für Motor und Fahrgestell.
Víðimýri ist eigentlich ein Bauernhof in der Gemeinde Skagafjörður im Norden Islands. Bekannt ist dieser Hof für die Víðimýrarkirkja, eine der wenigen verbliebenen Torfkirchen im Lande. Der Hof liegt etwa 500 Meter südlich der Ringstraße. Hier gibt es auch ein verträumtes Dorfkirchlein zu besichtigen und die Torffarm Glaumbear. Im nahegelegenen Blönduos. Im einzigen Hotel, liessen wir uns von Koch überreden, seine frischgefangenen Bachforellen zu kosten. Herrlich braun gebraten, rosa fleischig und saftig – ein tolles kulinarisches Erlebnis.
Gegen Abend erreichten wir Laugarbakki und übernachteten in einem Edda Hotel, Eine besonderes Hotelkonzept in Island sind die EDDA-Hotels. Hier handelt es sich grundsätzlich um Schulen und Internate, welche nur in der Hauptsaison als Sommerhotels Reisende beherbergen. Entsprechend sind die Einrichtungen zwar gut, aber nicht mit einem “normalen” Hotel zu vergleichen. Der Geruch von Schiefertafel und Schulhaus ist unverkennbar, die Türen sind keine Hoteltüren und die Betten dienen auch nicht gerade zum nächtlichen Schmuse tête à tête. Erstaunlich sauber waren die Hotels und das Frühstück reichhaltig mit verschiedenen Broten, Hering, Würsten, Marmelade, Käse Flocken und und…
Die Weiterreise nach Stykkishólmur
170 Kilometer in der herrlichen Landschaft des Westens war eine Fahrt mit unendlichen Weitblicken und bizarren Farbenspielen, welche immer wieder zum Anhalten und staunen einluden. Stykkishólmur ist ein kleines malerisches Hafenstädtchen mit eine sehr modern erbauten Kirche. Als pure Gegensätze zu den restaurierten Häusern aus dem letzten Jahrhundert.
Von hier aus gings frühmorgens mit einem Fischer hinaus aufs Meer. Muscheln, Seeigel, Seeschnecken und andere Früchte des Meeres holte der Fischer „Snorre“ (sein Vorname bedeutet übersetzt Giftzwerg) mit seinem Netz an Bord. Als Degustations Muster mit dem Sackmesser geöffnet und genüsslich geschlürft – frischer geht’s nimmer. Die blauen Augen des graubärtigen Kapitäns blitzen vor lauter Leidenschaft – denn er liebt sein Meer über Alles. Skal – Prosit mit etwas deutschem Riesling zwar ist Island ist ein Bierland. Skal bedeutet übrigens Hirnschale. Die Wikinger sollen ihre Feinde geköpft und die gereinigte Hirnschale als Trinkgefäss benutzt haben. Skal – sehr raue Sitten.
Einen gehörigen Hauch Jules Verne erlebten wir auf der reizvollen Halbinsel Snæfellsnes. Der gletscherbedeckte Vulkan Snaefellsjökul diente ja als Kulisse zum Film: eine Reise zum Mittelpunkt der Erde. Vogelfelsen, Lodrangar genannt, dokumentieren mit ihren unglaublichen Höhen Ihre Macht über den Winzling Mensch. Unzählige Vögel umkreisen die Klippen und Spitzen, es ist der Vögel Hoheitsgebiet. Kalt läuft es einem den Rücken hinunter, denn um die Lavafelder und Heidelandschaft auf dem Heimweg, ranken sich Sagen und Gespenster-Geschichten. Die Seeschwalben tragen das ihre dazu bei. Betritt man ihr Revier umkreisten sie schrill kreischend unsere Köpfe. Hier muss wohl Alfred Hitchcock die Idee für seinen Film, die Vögel“ geholt haben.
Beim Nachtessen im Hotel Stykkisholmur fragen wir uns, wie so ausgerechnet nach soviel Vogelbeobachtungen „Papageitaucher Brüstchen“ an Brombeersauce aufgetischt werden. Trotzdem sie mundeten herrlich. Ich aber erntete strafende Blicke von Gattin Gertrude und Sohn Alexander.
Die Rauchbucht
Reykjavik, was Rauchbucht heisst, ist die Hauptstadt Islands. Wir erreichten sie nach einer äußerst romantischen Fahrt mit wechselndem Naturschauspiel. Tanzenden Wolkengebilden, vereinzelten Regengüssen mit Sonnenstrahlendurchbrüchen und herrlichen Regenbogen. Die Hauptstadt, in der heute ca. 130’000 Einwohner leben (ungefähr ein drittel der Gesamtbevölkerung) liegt direkt am Meer. Die Altstadt ist von einem besonderen Charme geprägt.
Das Hotel Island gehört zu den Besten. Hier verbringt man gerne ein paar Tage. Für einen Stadtbummel oder für anschließendes ein wohltuendes Bad in der weltberühmten blauen Lagune. Dann ein Nachtessen in einer der sehr einladenden Beizen. Das Fjördkrain unweit des Hafens im südlichen Teil der Stadt bot uns eine ganz besondere Wikinger Atmosphäre und eine exzellente Küche. Der Brennivin, der starke klare Schnaps, steigt leise zum Kopf. Es werden isländische Lieder gesungen….
Ein ganz besonderes Restaurant ist das „Vid Tjörnina“. Die Einwohner der Stadt lieben das Restaurant aus sentimentalen Gründen und dazu passt dann auch die etwas exzentrische Einrichtung aus alten Möbeln, Bildern und Accessoires. Es ist ein wenig so, als ob man auf Besuch wäre im Island vergangener Zeiten. Wer strenges, gerades, glänzendes Design sucht, wird sich hier schwer tun, denn alles hier hat Verzierungen, Ornamente, Rüschen und eine heimelige Atmosphäre. Der Empfang zum Cocktail findet in einem Wohnzimmer mit verschiedenen Sofas statt. Von dort wird man in einen der anderen Räume geleitet, die ebenfalls in traditionellem Stil mit antiken Holzmöbeln und Accessoires ausgestattet sind.
Anderntags bereisten wir Pingvellir, wo im Jahre 930 das isländische Parlament gegründet wurde .Bald schon hört man das Rauschen des Gullfoss, des schönsten Wasserfalles von Island. Bei den Geysirs entdeckten wir zum ersten Mal (heute normal) auf der Reise, eine riesige Ansammlung von Menschen. Von „Aha“ und „Oho“ Touristen, welche die gewaltigen Wasserfontänen bewunderten. Die brodelnde Unterwelt aus dem Hades mit den Schwefeldämpfen, die einem das Schnaufen wortwörtlich vernebeln.
Ausflug ins Hochland mit Reifenpanne
Diese Strasse war noch nicht lange befahrbar. Sie führt durch das Kalididalurtal, eine Passstraße die besondere Fahrtüchtigkeit erfordert. Zuerst führt sie ins grüne Hochland. Vorbei an weidenden Schafen und den berühmten Islandpferden. Nach zwei Stunden ist man inmitten von Lavafeldern, Steinwüsten, mit rotem grünem, schwarzem und gelben Gestein. Das Wetter wechselt abrupt. Staub und Wind vermischen sich. Wir durchqueren Bäche – weit und breit keine Menschenseele. Gottverlassen und doch nahe der Schöpfung. Eisig weht der Wind, die Passhöhe ist erreicht. Ein knallrotes Häuschen mit Funk- und Ersthilfe Station. Die einzige Verbindung zur Außenwelt. Und mitten in dieser Mondlandschaft, schlitzt ein spitzer Stein den Pneu auf. Eine spezielle Situation für einen nicht zum Handwerker Geborenen. Sohn Alexander mahnt zur Besinnung, Gattin Gertrude verrichtet ein Stossgebet. Und siehe da, wie aus dem Nebel hören wir ein Motorengeräusch. Es ist ein Isländer, ein Garagier! Der uns im Nu das Rad wechselt und sich am Schweizer Militärsackmesser, als Dankeschön sehr erfreut. Nach diesem Erlebnis genießen wir ein par Stunden später wieder die Annehmlichkeiten der Zivilisation.
Romantisch und etwas ruhiger ist dann die Fahrt in den Süden. Zur Linken fallen die Schmelzwasser des Gletschers in die Tiefe – wir nähern uns dem Skógafoss einem Wasserfall des Flusses Skógá, im Süden Islands. Er liegt beim Ort Skógar einem kleinen Ort in der südisländischen Gemeinde „Rangárþing eystra“ mit 25 Einwohnern und liegt 4 m über Meereshöhe. Kein Busschauffeur drängt zur Weiterfahrt wir erklimmen die Höhe, zwei Stunden lang zu Fuss. Vor uns liegt die unendliche Weite des Südens.
Auf der Weiterfahrt durchqueren wir den Nationalpark Skaftafell. 1967 gegründet und 160 Quadratkilometer gross. Eine Welt und Pracht von einzigartigen Pflanzen, Blumen, Sträuchern und Birken. Und kein Verkehr.
Die natürliche Orgel
Der Svartfoss stürzt über eine Orgel aus gewaltigen Basaltfelsen und der Vatnasjökull ist der grösste Gletscher Europas. 8100 Quadratkilometer. Und just unter diesen Gletscherzungen stehen Bauernhöfe, Schutz suchen und eingeklemmt zwischen Meer und Eis. Plötzlich glaubt man sich irgendwo in Grönland zu befinden. Eisberge, Eisvögel und eisig kalter Wind. Mitte Juli.
Gegen Abend erreichen wir Höfn über die Fjordstarsse mit zum Tei einer Steigung oder Gefälle bis 14 und 18 %, geht’s dann über den Pass und die Hochebene Breidalsheidi, dicht im Nebel und im Schritttempo: Einem Bühnen Vorhang gleich öffnet sich plötzlich der Nebelschleier, wir fahren talwärts. Vor uns liegen der Lagarfljót, ein See und ein Fluss im Osten Islands, bei Egilsstaðir in der Gemeinde Fljótsdalshérað.
Der Myvatn See.
Der Mývatn (Mückensee) zählt zu den Highlights des Diamond Circle, einer beliebten Touristenroute im Norden Islands und ist das wohl beliebteste Reiseziel in Nordisland – Konkurrenz machen ihm lediglich die nahe gelegene Stadt Akureyri und die Ortschaft Húsavík, Islands Hauptstadt der Ausgang zur Walbeobachtung.
Am See dann waren wir gehörig gut vorbereitet mit Schutznetzen und Spray. Auf die unzähligen Mücken nämlich, welche Schwarmweise auf ihre Genossen Touristenschwärme warteten. Trotz allem eine wundervolle Gegend mit vielen Weitsichten.
Und dann zum Schluss ein absoluter Höhepunkt. Die Wahlbeobachtung war eine dreistündige Jachtfahrt von Husavik, hinaus aufs Meer. Und wir hatten Glück. Zwei Riesenwale stelten sich zur Schau. Als wollten sie uns „Bless“ sagen – auf Wiedersehen.
Beim Abreisen gab es ziemlich lange Wartezeiten und einfürchterliches Gedränge am Flughafen. Der Grund war, so sagte man uns, dass der Pilot ausgewechselt werden musste, weil er offensichtlich etwas über den Durst getrunken hätte.
Was soll’s, wir landeten wieder glücklich in der Schweiz, erfüllt mit Erinnerungen und Bekanntschaften der besonderen Art mit Menschen und Natur.
Gut zu wissen:
Kontiki ist heute der Spezialist für Islandreisen.
- B. Klassisches Island
- Baden in heissen Quellen
- Spektakuläre Hochlandszenerien
- Naturparadies Mývatn
- Leichte Wanderungen
Text : www.herberthuber.ch
Kleine Fotodiashow der Reise mit Fotos von Büchi Desiree www.kontiki.ch
Fotos: Herbert Huber und www.kontiki.ch
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