Börsen-Zeitung Anti-Klimax, Kommentar zum EZB-Bilanztest von Bernd Neubacher

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Frankfurt (ots) – Als veritable Anti-Klimax wird mancher Banker empfinden, was EZB-Generaldirektor Ignazio Angeloni am Mittwoch zum anstehenden Bilanztest preisgegeben hat. Denn die Folgen der sich bis Herbst kommenden Jahres hinziehenden Prüfung für die Institute lassen sich nach dem Briefing im Eurotower nicht viel klarer abschätzen als zuvor. Ein Grund: Die EZB muss das Design des sich an die Bilanzbestandsaufnahme anschließenden Stresstests erst mit der noch amtierenden EU- Bankenaufsichtsbehörde EBA klären. Ein weiterer Grund: Solange die EZB die Branche im Dunkeln tappen lässt in der Frage, wie sie die Ergebnisse der sogenannten Asset Quality Review und des Stresstests bei Festlegung etwaigen Kapitalbedarfs gewichten wird, geht das Rätselraten weiter. Die EZB öffnet damit Spekulationen über einzelne Banken Tür und Tor.

So bitter dies für die Banken sein mag – aus Sicht der Notenbank ist es wohl die beste Lösung, dem Markt ein paar Brocken hinzuwerfen, sich letztlich aber alle Optionen offenzuhalten. So dürfte die Nachricht, dass die EZB zwar 8% harte Kernkapitalquote nach Basel III verlangt, dabei aber – was die Definition des Kapitals angeht – die sich bis 2019 erstreckenden Übergangsregeln zugrunde legt, viele Banker aufatmen lassen. Europas Schwergewichten fordern die Anleger längst 10% ab, und dabei unterstellen sie eine volle Umsetzung von Basel III. Der Unterschied kann gewaltig sein. Bei der Deutschen Bank etwa hüpft die harte Kernkapitalquote per Ende Juni flugs von 10% auf 14,8%, wird das Kapital nach den Übergangsregeln definiert und nicht die schon volle Umsetzung vorausgesetzt. Bei solchen Aussichten dürfte es den Euro-Staaten leichter fallen, Staatshilfen zuzusagen, um im Notfall sich auftuende Kapitallöcher zu stopfen. Der EZB käme dies nicht zufällig zupass.

Die EZB platziert die Latte zunächst einmal auf Knöchelhöhe. Je nachdem, was Aufseher und Prüfer in den Bilanzen zutage fördern werden, kann sie diese in den kommenden Monaten immer noch höherlegen. Schuldenhebel, Refinanzierung, Stress-Szenarien, Bewertungsfragen – Instrumente gibt es zuhauf. Denn eines ist gewiss: Fällt das Testergebnis zu negativ aus, verschreckt die EZB die Anleger; fällt es nicht negativ genug aus, verliert sie an Vertrauen. Entsprechend muss die Notenbank in den kommenden Monaten nicht nur die Erwartungen steuern und vor allem den Informationsfluss kontrollieren. Die Kunst wird sein, dies in Einklang zu bringen mit einem Resultat, das auch unter dem Aspekt der Finanzstabilität taugt.

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Über Leonard Wüst

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