Frankfurt (ots) – Die Normalität ist an den Devisenmarkt zurückgekehrt. Weitgehend jedenfalls. Der Wechselkurs von Euro und Dollar wird wieder weitgehend von den Faktoren bestimmt, die seit jeher am Devisenmarkt wirksam sind: Geldpolitik bzw. die Rhetorik der Notenbanken, volkswirtschaftliche Fundamentaldaten, Zinserwartungen und Kapitalströme.
Im Frühsommer 2012, auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise genannten kontinentaleuropäischen Phase der globalen Finanzkrise, waren die Wirkungszusammenhänge ganz anders: Am Devisenmarkt spielten Zinsdifferenzen quasi keine Rolle. Es wurde beim global wichtigsten Währungspaar Euro-Dollar fast ausschließlich auf das Zerbrechen der Währungsunion oder ihren Fortbestand gehandelt. Aussagen spanischer Politiker oder italienischer Bankenvertreter lagen auf der Goldwaage der Marktteilnehmer und bargen das Potenzial für Kursausschläge, ganz zu schweigen von Einlassungen von Ratingagenturen oder namhaften Investoren, die nicht selten für einen von ihnen prognostizierten Ausgang der Ereignisse selbst aggressiv positioniert waren.
Der Wind hat sich gedreht. Die Währungsunion ist allen Unkenrufen zum Trotz nicht nur zusammengeblieben, sie hat mit Lettland zu Jahresbeginn sogar ihr 18. Mitglied bekommen. Es ist ein Stück Normalität eingekehrt. Fundamentaldaten wie Zahlen zur Preisentwicklung spielen wieder eine Rolle am Devisenmarkt. Als in der zu Ende gegangenen Woche die endgültigen März-Verbraucherpreise für die Eurozone veröffentlicht wurden, stieg der Euro etwas an, weil die Wahrscheinlichkeit für eine noch lockerere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sich nicht erhöht hatte. Umgekehrt gab der Dollar tags darauf etwas nach, als die neue US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen erklärte, von den Löhnen gehe derzeit kein Inflationsdruck aus.
Trotz dieser offenkundigen Normalität ist doch etwas anders geworden: Erstens hat sich die Geldpolitik in der Eurozone auf ein ihr fremdes Terrain vorgewagt mit der Diskussion um eine quantitative Lockerung, was nichts anderes wäre als eine kräftige Ausweitung der Geldmenge. Kursbewegend waren zuletzt vor allem die Spekulationen, ob die EZB lockert oder nicht. Würde sie Staatsanleihen oder Kreditverbriefungen kaufen, und wenn ja, in welchem Umfang, fragten sich Marktteilnehmer. Die EZB mischte bei den Spekulationen verbal kräftig mit, ohne konkret zu werden. Das lässt die Frage aufkommen, wie lange der Devisenmarkt diese verbalen Spielchen noch mitmacht, bevor er die Entschlossenheit der Notenbank austesten wird. Dies führt zum zweiten Unterschied. Vereinfacht gesagt: viel Lärm um nichts. Die Diskussion dreht sich längst nicht mehr nur um Inflationsraten bzw. Deflationsängste. Es geht um den Wechselkurs und um Wettbewerbsfähigkeit. Der Devisenmarkt reagiert auf die immer breitere und lautere Diskussion allerdings immer weniger. Es scheint, es habe sich der Euro im Bereich von 1,38 Dollar derzeit komfortabel eingerichtet. Seit Jahresbeginn hat er gerade einmal um 0,9% aufgewertet, tägliche Schwankungen von 0,2% oder 0,3% sind wieder zur Regel geworden. Starke Ausschläge wie zur Krisenzeit sind dem Währungspaar fremd.
Dennoch ist ein Kurs von 1,38 Dollar einigen zu hoch, weil sie die Exportwirtschaft im Nachteil sehen oder eine importierte Deflation fürchten. Sie fordern weitere Lockerungsübungen der EZB, um den Euro-Kurs zu senken. Das wirft die Frage auf, ob dies der Notenbank mit ihrem Instrumentarium überhaupt möglich wäre. Zu einer aus Sicht der Interventionsbefürworter ernüchternden Antwort kommt Morgan Stanley: „Die Werkzeuge der EZB zur effizienten Schwächung des Euro sind sehr begrenzt.“ Negative Einlagezinsen oder der Verzicht auf die Sterilisierung des SMP-Staatsanleihenkaufprogramms würden, so die Volkswirte, zwar einen negativen Einmaleffekt auf den Euro haben. Mehr aber auch nicht.
Dauerhaft würde, so ihre Argumentation, die Gemeinschaftswährung nur durch eine aggressive quantitative Lockerung im Umfang von 1,5 oder 2 Bill. Euro zu schwächen sein. Morgan Stanley hält einen solchen Schritt der EZB für höchst unwahrscheinlich, auch wegen hoher juristischer Hürden – Stichwort Mandat. Wahrscheinlicher sei ein Kauf von als ABS verbrieften Bankkrediten. Dabei kämen aber wohl nur 150 bis 200 Mrd. Euro zusammen. Zu wenig, um den Euro-Kurs zu bewegen. Die Geldpolitik wäre dann eine andere, aber der Devisenmarkt bliebe normal.