Besetzung:
Turandot | Mlada Khudolay |
Altoum | Christophe Mortagne |
Timur | Mika Kares |
Der unbekannte Prinz (Calaf) | Rafael Rojas |
Liù | Guanqun Yu |
Ping | Matija Meic |
Pang | Taylan Reinhard |
Pong | Cosmin ilfrim |
Ein Mandarin | Yasushi Hirano |
Musikalische Leitung Paolo Carignani
Inszenierung und Bühne Marco Arturo Marelli
Kostüme Constance Hoffman
Licht Davy Cunningham
Video Aron Kitzig
Ton Gernot Gögele, Alwin Bösch
Chorleitung Lukáš Vasilek, Benjamin Lack
Dramaturgie Olaf A. Schmitt
Kampf-Choreografie Ran Arthur Braun
Wiener Symphoniker
Prager Philharmonischer Chor
Bregenzer Festspielchor
Artisten | Feuerkünstler
Kleindarsteller & Statisterie der Bregenzer Festspiele
Bühnenmusik in Kooperation mit dem Landeskonservatorium Vorarlberg
Grundsätzliches zum Werk und der Produktion:
Lyrisches Drama in drei Akten und fünf Bildern
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Libretto von Giuseppe Adami und Renato Simoni
nach dem Schauspiel von Carlo Gozzi
„Nessun dorma“ – keiner darf schlafen, denn bis zum Morgen muss die chinesische Prinzessin den Namen des unbekannten Prinzen erfahren haben. Calaf konnte als Erster ihre drei Rätsel lösen, doch er begehrt Turandots wahre Liebe…
Rezension:
Grundsätzliches zu den Bregenzer Festspielen:
Die Bregenzer Festspiele sind ein Kulturfestival, das jährlich im Juli und August in der Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz in Österreich stattfindet. Wie alles begann: 1946 Bastien und Bastienne und Eine kleine Nachtmusik (als Ballett) von Wolfgang Amadeus Mozart beim Gondelhafen auf zwei schwimmenden Baukränen. 1947 bis 1949 Spiel auf dem See beim Strandbad (1001 Nacht von Ernst Reiterer nach Motiven von Johann Strauss Sohn, letzte Produktion an diesem Standort). Ab 1950 mit der Operette Gasparone erste Produktion auf der Seebühne. Heuer werden also die 71sten Festspiele abgehalten mit dem Höhepunkt des Puccini Klassikers „Turandot“ auf dem See.
Anziehungspunkt für die meisten Besucher ist das Spiel auf der weltweit größten Seebühne (welche aus über 29000 Einzelteilen besteht). Das Festival ist bekannt für die Schönheit der natürlichen Kulisse des Bodensees, überdimensionale Bühnenbilder, technische Kabinettstückchen und eine einzigartige Akustik, die durch die Technik des Bregenzer Richtungshörens erreicht wird. Intendantin der Bregenzer Festspiele ist seit Jänner 2015, als erste Frau überhaupt, Elisabeth Sobotka.
Das Programm der Bregenzer Festspiele umfasste beispielsweise 2014 etwa 80 Veranstaltungen, die von über 215.000 Zuschauern besucht wurden. Das Hausorchester der Festspiele sind die Wiener Symphoniker. Gespielt wird auf der Seebühne (ca. 7000 Plätze), dem Festspielhaus Bregenz mit bis zu 1765 Plätzen, dem Theater am Kornmarkt und auch im Kunsthaus Bregenz finden Veranstaltungen statt
Es gibt europaweit heute diverse Events auf Seebühnen, z.B. Mörbisch am Neusiedler See in Österreich. In der Schweiz die Thunersee- und Walenseebühne, momentan die mobile „Seerose“ auf dem Vierwaldstättersee im Rahmen des „Gästival“ zum Jubiläum 200 Jahre Tourismus Zentralschweiz um nur die bekanntesten zu benennen. Trotzdem war, ist und bleibt die Bregenzer Seebühne unbestritten das Mass aller Dinge in diesem Bereich.
Über die grandiose Kulisse etwas zu schreiben erübrigt sich fast, ist diese doch bei jeder Neuinszenierung schlich einzigartig und atemberaubend umwerfend. Diese aber auch immer wieder richtig in Szene zu setzen beherrschen die Spezialisten hinter und neben der Bühne meisterhaft, sodass doch jedes Mal wieder Einzigartiges entsteht, genau auf das programmierte Stück abgestimmt bis ins Detail, inklusive den Nebenschauplätzen, z.B. den eingesetzten Booten auf dem See. Bregenz benötigt auch keine grosse Namen bei der Besetzung um die Massen anzulocken die es braucht, um die Tribüne für jede der 26 Aufführungen voll zu besetzen
Bregenz setzt auf qualitativ grossartige Sänger/Darstellerinnen in wechselnden Besetzungen, um den Erwartungen gerecht zu werden und den selbstgesetzten Ansprüchen zu genügen. Dass dies gelingt, belegen die Besucherzahlen eindrücklich. Für Musikliebhaber fast ein „Muss“, jedes zweite Jahr nach Bregenz zu pilgern und trotzdem immer wieder aufs Neue beeindruckt zu sein. (Für Nichteingeweihte: eine Produktion wird jeweils zwei Jahre gespielt, da die Kosten und der Aufwand viel zu hoch wären für bloss eine Saison).
Grundsätzliches über Puccinis Meisterwerk Turandot
Puccinis Tod im Jahr 1924 ließ die Oper unvollendet, sein Kollege Franco Alfano komponierte auf Grundlage der Skizzen einen Schluss. Chinesisches Kolorit, mächtige Chorszenen und von ihren Gefühlen überwältigte Figuren bestimmen dieses Werk. Die Rätselszene wird zum musikalischen Wettkampf zwischen Sopran und Tenor. Effektgeladen und hingebungsvoll lässt Puccini seine Liebenden nach den Sternen greifen.
„Turandot“ rezensiert von Léonard Wüst
Besonders eindrucksvoll die mit einem aussergewöhnlichen Timbre gesegnete Guanqun Yu als Liù, die nach verhalten zartem Beginn ihrer Rivalin Turandot (Mlada Khudolay) auch mit erstaunlicher Selbstbestimmtheit entgegen tritt. Das „Nessun dorma“ kommt aus dem Mund von Tenor Rafael Rojas überraschend meditativ, fast unwirklich fern, daher. Alle arbeiten hier zusammen, das lustvoll pointierende Trio Ping, Pang und Pong – das waren an diesem Abend: Matija Meic, Taylan Reinhard und Cosmin Ifrim, ebenso wie Christophe Mortagne in einem berührenden Kurzauftritt als alternder chinesischer Kaiser.
Man spürt da auch eine genaue Probenarbeit von Dirigent Paolo Carignani, der in der Aufführung überhaupt nicht auf Überhitzung und Knalleffekte setzt. Dass Carignani eher langsame, aber durchweg spannungsvolle Tempi wählt, kommt den Solisten zugute, die zwischen den Massenszenen mit dem Prager Philharmonischen Chor Raum für psychologische Konturen gewinnen und die, andererseits, dem Publikum genug Zeit lassen, das, wie immer, spektakuläre Bühnenbild zu geniessen. Marco Arturo Marelli richtete nicht die ganze Inszenierung nur auf das „“Nessun dorma“ aus, ungewohnt aber nachvollziehbar in dieser Umgebung und das Werk von Puccini hat ja auch nach dieser Arie noch einiges zu bieten.
Die Abläufe flüssig, ohne Durchhänger, die Kostümierung der Statisten zumeist unscheinbar dezent grau, umso mehr explodieren die Farben förmlich bei den Massenszenen mit den in den chinesischen Nationalfarben gehaltenen Kostümen der Tänzer, Jongleure, Feuerschluckern und andern Artisten bei den aufwändigen Choreografien auf der imposanten Bühne, die bis in die letzten Winkel bespielt wird. Einmal mehr ein Feuerwerk an Eindrücken für alle Sinne, präsentiert von einem aussergewöhnlichen Ensemble, begleitet von den gewohnt souveränen Wiener Symphonikern unter der Leitung von Paolo Carignani und vom Publikum mit heftig enthusiastischen Schlussapplaus entsprechend gewürdigt.
Interessant auch immer wieder die über Monitore projizierten Bilder des Orchesters, Dirigenten und diversen Chöre, die unter der Bühne agieren, also für die Zuschauer sonst nicht sichtbar sind. Im Jahre 2015 zählte man 171126 Besucher auf der Seebühne, dies ist eine Auslastung von 98% bei 26 Vorstellungen, davon drei Regenabsagen.
Nachtrag:
Nach ungefähr 45 Minuten Spielzeit plötzlich Unruhe auf den Zuschauerrängen, provoziert durch Regentropfen und darauffolgendem heftigen Platzregen. Während die meisten Zuschauer ins Tribüneninnere flüchteten, wurde auf der Seebühne unbeeindruckt weiter gespielt und gesungen. Der Spuk war nach ca. 5 Minuten vorbei und man kehrte auf seinen Platz zurück, die meisten mit einer inzwischen für einen Euro erstandenen Plastikpelerine drapiert. Für mich war das ein Novum, habe ich doch anlässlich meiner über 20 Jahre Seebühne den Himmel noch nie weinen sehen.
Trailer nessun dorma von der Seebühne:
www.youtube.com/watch?v=rkBzlDSyA4s&feature=youtu.be
Kleine Fotodiashow der Produktion Fotos ab Homepage der
Bregenzer Festspiele:
fotogalerien.wordpress.com/2015/07/04/turandot-seebuhne-der-bregenzer-festspiele-kleine-fotodiashow/
Eigene Fotos rund um Turandot:
Text: leonardwuest.ch
Fotos: bregenzerfestspiele.com/
www.gabrielabucher.ch Paul Ott:www.literatur.li