Musikalische Leitung Jordan de Souza
Inszenierung Kasper Holten
Bühne Es Devlin
Kostüme Anja Vang Kragh
Licht Bruno Poet
Video Luke Halls
Ton Gernot Gögele | Alwin Bösch
Chorleitung Lukáš Vasilek | Benjamin Lack
Choreographie Signe Fabricius
Stuntchoreographie Ran Arthur Braun
Dramaturgie Olaf A. Schmitt
Carmen Lena Belkina
Don José Martin Muehle
Escamillo Andrew Foster-Williams
Micaëla Melissa Petit
Frasquita Jana Baumeister
Mercédès Marion Lebègue
Zuniga Sébastien Soulès
Moralès Rafael Fingerlos
Remendado István Horváth
Dancaïro Adrian Clarke
Stuntmen | Tänzer | Statisten
Bregenzer Festspielchor
Prager Philharmonischer Chor
Kinderchor der Musikmittelschule Bregenz-Stadt
Wiener Symphoniker
Rezension:
Carmen in Bregenz, bei Weitem nicht meine erste Carmen, aber mein erstes Mal Bregenz. Und ich muss gestehen, ich hatte meine Vorbehalte: 7000 Besucher, ungedeckte Bühne, wie wohl die Sitzplätze sein würden, die Akustik, die Verhältnisse im Gourmetzelt bei so vielen Menschen? Und da ist da noch meine generelle leise Skepsis gegenüber Produktionen die man «einfach-unbedingt-gesehen-haben-muss».
Vorneweg; alle Bedenken haben sich zerschlagen, was eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Hinter dem Ganzen steckt eine jahrzehntelange Erfahrung und die ist omnipräsent.
Die Natur hilft mit
Die Möglichkeit, am Nachmittag den «Schauplatz» anzusehen, ist spannend und macht neugierig. Die beiden Hände, die da aus dem Wasser ragen, die Nägel mit abgeblättertem Lack, das fliegende Kartenspiel zwischen den Fingern, darüber hat man viel gelesen seit Beginn der Spielzeit. Das sieht imposant aus, aber auch etwas leblos im grellen Tageslicht. Die Tribüne ist riesig, aber trotzdem überschaubar. Am frühen Abend dann ein farbiges Gewusel vor dem Festspielhaus, aber es herrscht eine festliche Stimmung, im Gourmetzelt eine gemütliche Atmosphäre, freundlicher Service und es kommt nie ein Gefühl von «Masse» auf. Da gibt es praktisch kein Anstehen, alles ist perfekt orchestriert, läuft vor sich hin. Dazu kommt das herrliche Wetter, der Himmel hinter den Händen, welche nun bereits sehr viel lebendiger wirken im Abendlicht, gibt sich unglaublich Mühe, ein Maximum aus seiner Farbpalette herauszuholen. Die Tribüne füllt sich, da ist keine Eile zu spüren, das Meer an Köpfen erinnert je länger je mehr an einen riesigen, grob gewobenen Teppich. Und während die untergehende Sonne einen immer spektakuläreren Kulissenhintergrund kreiert, kommt die MS München beinahe lautlos über den silbrig grauen See geglitten und ein nicht enden wollender Strom von schwarzen Silhouetten ergiesst sich aus ihrem Bauch über den Steg Richtung Tribüne.
Ein Fest der Sinne
Der Einstieg ist gelungen, die Natur hat sich ihre eigene Ouvertüre gegönnt. Pünktlich erklingen dann die ersten Töne der musikalischen Ouvertüre und es zeigt sich, auch die Akustik ist tadellos! Und nun läuft der Abend von Bild zu Bild, von Szene zu Szene, eine Farbsymphonie, ein Spektakel für alle Sinne. Alles ist da, von wunderbar farbigen Tutti-Szenen bis hin zu intimen Momenten trotz Grösse der Bühne, von eindrucksvollen Stunteinlagen über künstlichen Regen, geräuschlose Feuerwerke, Boote, die mit blinkenden Laternen aus dem Nichts erscheinen, das ist mehr als Oper, das ist auch Unterhaltung pur. Anfänglich wagt sich noch eine neugierige Ente von links ins Bühnenbild, rechtzeitig zur Arie «L’amour est un oiseau rebelle» und schafft ihren Abgang punktgerecht rechts nach der ersten Strophe. Danach flirrt noch ab und zu eine Fledermaus vor der Bühne durch. Und dann schaut man nur noch gebannt auf diese spektakuläre Kulisse, die riesigen Karten, die abwechslungsweise Spiel- und Tarotkarten, Projektionsfläche für Bilder, für Videoeinlagen der Sängerinnen und Sänger werden, man bewundert das das unglaubliche Wasserballett, die waghalsigen Stunts auf und über den Karten. Die kleinen Figuren, die da ganz oben auf den Spielkarten herumturnen, wirken im Nachthimmel wie Kobolde.
Tolle Solisten
Die Sängerinnen und Sänger überzeugen ebenfalls, allen voran an diesem letzten Abend Lena Belkina als Carmen, dunkel, verführerisch, provozierend, Martin Muehle als Don José mit dem nötigen Schmelz aber auch dem nötigen Schmerz in der Stimme, Mélissa Petit als Micaëla, klar und bestimmt und Andrew Foster-Williams (Escamillo), anfänglich mit etwas Mühe, nicht vom Orchester überdeckt zu werden, aber mit zunehmend mehr Kraft und Ausdruck.
Einziger kleiner Vorbehalt: Wegen der Distanz zu den Akteuren bleiben der mimische Ausdruck und somit die Gefühle ab und zu etwas auf der Strecke. Stimme und Gesang reichen nicht immer aus, diese zu transportieren. Abgesehen davon war diese erste Bregenz-Erfahrung aber in jeder Hinsicht ein voller Erfolg und ja, es ist so: Man muss diese Produktion unbedingt gesehen haben, die Möglichkeit dazu bietet sich wieder ab 19. Juli 2018.
Fotodiashow von Dietmar Mathis:
Text: www.gabrielabucher.ch Fotos: bregenzerfestspiele.com/de
www.leonardwuest.ch Paul Ott:www.literatur.li