Vor einem Jahr hat Russland die Ukraine angegriffen. Seit dem Ausbruch des Krieges hilft Caritas der notleidenden Bevölkerung vor Ort und den Geflüchteten in der Schweiz. Bisher wurden in 60 Projekten im Aus- und Inland rund 20 Millionen Franken eingesetzt. Die Krise zeigt aber auch: Das Schweizer Asylsystem weist wesentliche Mängel auf.
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine vom 24. Februar 2022 hat die grösste europäische Fluchtbewegung seit dem zweiten Weltkrieg ausgelöst. Laut den Vereinten Nationen sind bisher 13,4 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern intern oder in andere Länder geflüchtet. Die Schweiz hat aktuell rund 75’000 Personen aufgenommen.
Die humanitäre Lage in der Ukraine ist katastrophal: Fast die Hälfte der Wohnhäuser ist beschädigt oder zerstört, die Wasser- und Energieversorgung fällt zeitweilig aus, das Gesundheitswesen ist am Anschlag. 43 Prozent der Schulen bieten nur Online-Unterricht an, der jedoch häufig durch Stromausfälle und schlechte Internetverbindungen gestört wird.
Bereits über fünf Millionen Menschen geholfen
Von der ersten Stunde an hat Caritas Schweiz mit dem internationalen Caritas-Netzwerk humanitäre Hilfe in der Ukraine geleistet. Die notleidenden Personen wurden mit den nötigsten Gütern versorgt, bei der Durchreise unterstützt, in temporären Unterkünften untergebracht und psychologisch betreut.
«Trotz der zerstörten zivilen Infrastruktur und der prekären Sicherheitslage konnten wir gemeinsam mit unseren Partnern bereits über fünf Millionen Menschen helfen», sagt Petra Winiger, Operative Leiterin Internationale Zusammenarbeit und Katastrophenhilfe bei Caritas Schweiz. «Die Projekte sind auf den Bedarf der Bevölkerung ausgerichtet, der sich je nach Kriegsverlauf immer wieder verändert.»
Noch bis Ende Mai läuft beispielsweise das von Caritas Schweiz initiierte Projekt «Warm 4 Winter». Dabei werden die Menschen im Süden und Osten des Landes mit Bargeld sowie bei der Reparatur von Gebäuden unterstützt und psychologisch beraten. Das Programmvolumen umfasst 8,3 Millionen Franken. Auch in den Nachbarländern Polen, Moldawien, Rumänien und in der Slowakei war Caritas tätig oder ist es immer noch. So konnten mit der Unterstützung durch Caritas Schweiz bisher zehn Grossprojekte im Umfang von rund zehn Millionen Franken durchgeführt werden.
Möglich ist dies dank der Grosszügigkeit zahlreicher privater Spenderinnen und Spender sowie Beiträgen von Dritten. Dazu gehören die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), die Glückskette sowie Stiftungen, Kantone und Gemeinden, kirchliche Institutionen und Firmen.
Fast 2000 Schweizer Gastfamilien vermittelt
In der Schweiz haben Caritas und die regionalen Caritas-Organisationen im vergangenem Jahr über 50 Projekte für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer umgesetzt. Zu den grösseren zählen die Vermittlung von knapp 2000 Gastfamilien, die Programme zur beruflichen und sozialen Integration sowie die Abgabe von Kleidung und Lebensmittelgutscheinen. Gemeinsam mit der Glückskette hat Caritas Schweiz bislang rund zwei Millionen Franken für diese Not- und Überbrückungshilfe in der Schweiz bereitstellen können. Zusätzlich hat Caritas spezifische Mandate und öffentliche Aufträge ausgeführt, etwa die Rechtsberatung und -vertretung im Bundesasylzentrum in Boudry (NE).
Peter Lack, Direktor von Caritas Schweiz, zieht eine positive Zwischenbilanz zum breit angelegten Hilfsprogramm in der Ukraine, den Nachbarländern, aber auch für Geflüchtete in der Schweiz: «Wir haben schnell, umfassend und unkompliziert helfen können.» Er appelliert an die anhaltende Solidarität der Bevölkerung, da ein baldiges Kriegsende leider nicht in Sicht und mit weiteren Fluchtbewegungen zu rechnen ist. Peter Lack: «Die Ukrainerinnen und Ukrainer sind dringend auf unsere Unterstützung angewiesen, vor Ort und in der Schweiz.»
Caritas Schweiz stellt drei Forderungen an Politik und Behörden
Ein positives Zwischenfazit zieht Caritas Schweiz ebenso zum Schutzstatus S. Dieser war massgebend mitverantwortlich, dass die 75’000 Menschen aus der Ukraine in kurzer Zeit und ohne langwieriges Asylverfahren in einer guten Art und Weise aufgenommen wurden. Allerdings ortet Caritas Schweiz auch Verbesserungsbedarf – und stellt drei Forderungen an Politik und Behörden:
- Personen mit Schutzstatus S sollen nach zwei Jahren eine reguläre Aufenthaltsbewilligung B erhalten. Nur das ermöglicht eine gute berufliche und gesellschaftliche Integration.
- Die Asylsozialhilfe muss abgeschafft werden. Weil sie deutlich unter der regulären Sozialhilfe liegt, reicht sie nicht für ein menschenwürdiges Leben in der Schweiz aus.
- Alle schutzbedürftigen Personen müssen gleich behandelt werden und den Schutzstatus S erhalten, unabhängig davon, aus welcher Kriegs- und Gewaltsituationen sie geflohen sind.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]