Concertgebouw Amsterdam, Janine Jansen performs Bartók with the Concertgebouw Orchestra, 16. September 2015 besucht von Léonard Wüst

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Concertgebouw, Amsterdam bei Nacht

Concertgebouw, Amsterdam bei Nacht

 

Besetzung und Programm:

Koninklijk Concertgebouworkest

Andris Nelsons  Dirigent

Janine Jansen  Solistin  Violine

 

Bela Bartók – Erstes Violinkonzert, Sz. 36

Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch 7. Sinfonie in C-Dur op. 60, genannt Leningrader Sinfonie

Rezension:

Ein Orchester in seinem Stammhaus live zu erleben ist immer ein ganz besonderes Erlebnis, wenn es sich dabei noch um eines der weltbesten handelt und auch noch eine einheimische Stargeigerin als Solistin mit dabei ist, wird die Vorfreude, aber auch die Erwartung, doppelt so gross. Diese Erwartung wurde im wunderschönen Concertgebouw in Amsterdam mehr als übertroffen.

Janine Jansen, Solistin Violine

Janine Jansen, Solistin Violine

Janine Jansen brillierte mit dem Werk von Bela Bartok. Mal spielte sie sanft, wie die Brise über die Puszta weht, mal heftig, wie der dort auch manchmal vorkommende Steppenwind und begeisterte das Publikum im total ausverkauften Saal. Wo immer nötig, korrespondierte sie mittels Augenkontakt, auch mal durch Kopfgesten mit Orchester und Dirigenten. Technisch natürlich völlig ausgereift, besonders ausgeprägt in den Tremolos und den fulminanten Fingerläufen, Saitensprünge der besonderen Art. Beim Andante sostenuto trieb sie voran, das Allegro giocoso spielte sie auch vivace, entsprechend ihrem Temperament durchaus auch mit vollem Körpereinsatz. Janine Jansen als ein weibliches Pendant zu dem als Teufelsgeiger bezeichneten Niccolò Paganini (1782 – 1840)? Kann man durchaus so sehen, was das Auditorium auch tat und die Darbietung mit einem Applausorkan und einer langen stehenden Ovation belohnte.

Mein Sitznachbar, gebürtiger Amsterdamer in meinem Alter wirkte völlig entrückt, total fasziniert und schüttelte ungläubig den Kopf.

Dirigent Andris Nelsons ® Marco Borggreve

Dirigent Andris Nelsons ® Marco Borggreve

In der darauf folgenden Pause sortierte ich meine Gedanken und Gefühle, mich hinterfragend, ob diese Qualität auch im zweiten Konzertteil gehalten werden kann bei der fast 80minütigen Sinfonie. Da zweifelte ich völlig zu Unrecht an den „Königlichen“. Unter der magistralen Führung von Andris Nelsons zelebrierten sie die sogenannte „Leningrader Sinfonie“ in mehr als beeindruckender Weise, angefangen mit dem angedeuteten Aufbruch beim Allegretto (hervorragende Bläser), den perfekten Pizzicato beim Moderato (poco allegretto), kitzelte der Dirigent beim Adagio alle Nuancen heraus, wühlte sich richtiggehend ins Orchester, mit Gesten, in die Knie gehend, mit dementsprechenden Kopfbewegungen, als wolle er ins Orchestergehirn gelangen, so es denn sowas gibt, sich dort einnisten und seine Ideen einpflanzen. Kontinuierliche Steigerung, versöhnend ergreifend berührend, alle Emotionen aufwühlend geleitete er die zärtlichen Streicher ins finale Allegro non troppo, kaum nachvollziehbare Klangeffekte hervorzaubernd. Eine Demonstration der man nur das Prädikat Weltklasse zuordnen kann. Das Publikum war mehr als überwältigt und bezeugte das auch wieder durch laute Bravorufe, nichtendenwollenden Applaus und Standing Ovations, während denen Nelsons die diversen Orchestersektionen einzeln zum Erheben aufforderte für die diversen Sonderapplause für die Klarinetten, die Perkussion, die Violinen etc. Fazit: schlichtweg ein akustischer Orgasmus. Dieses Orchester hat den Zusatz „königlich“ in seinem offiziellen Namen mehr als verdient (Das Concertgebouw-Orchester, vollständiger Name Königliches Concertgebouw-Orchester, niederländisch Koninklijk Concertgebouworkest). Auch Andris Nelsons agierte majestätisch. Zur Kontinuität dieses Ensembles trägt sicher auch bei, dass in den 127 Jahren seines Bestehens lediglich sieben Chefdirigenten das Zepter, besser gesagt, den Taktstock schwangen, beziehungsweise schwingen, darunter auch Altmeister Bernard Haitink (*1929), der das diesjährige Lucerne Festival im Sommer, als Dirigent des Lucerne Festival Orchestra, eröffnete.

Nachtrag:

Concertgebouwsaal

Concertgebouwsaal

Chefdirigenten des Orchesters: Willem Kes (1888–95) | Willem Mengelberg(1895–1945) | Eduard van Beinum(1945–1959) | Bernard Haitink (1963–1988) | Riccardo Chailly (1988–2004) | Mariss Jansons (seit 2004)

Der Italiener Daniele Gatti übernimmt 2016 den Posten des Chefdirigenten beim Royal Concertgebouw Orchestra. Er folgt auf Mariss Jansons, der seine Position 2015 aufgeben wird.

Zum 100-jährigen Jubiläum 1988 verlieh die damalige Königin Beatrix dem Orchester den Titel Königlich. Der außerordentlich runde Klang des Orchesters wurde und wird wesentlich geprägt durch seine Spielstätte und Namensgeber, das 1888 eröffnete Amsterdamer Concertgebouw. Das Orchester spielt auch zeitweise an der Niederländischen Oper, dem führenden Opernhaus der Niederlande.

Ich verpasste natürlich nicht, auch ein Konzert im spektakulären Muziekgebouw  zu besuchen:

innerschweizonline.ch/wordpress/de-beste-achte-ensembles-konzert-zum-10-jaar-muziekgebouw-jubileum-weekend-12-september-2015-besucht-von-leonard-wuest/

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: www.concertgebouw.nl/en

 

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