Corona-Alltag einer Schweizerin in Jerusalem

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Linda Bergauer in Jerusalem_Foto Joan Mas Autonell

Die Schweizerin Linda Bergauer arbeitet seit knapp einem Jahr für das Caritas Baby
Hospital in Bethlehem. Das Corona-Virus hat ihr Leben vor Ort auf den Kopf gestellt. Ein
persönlicher Erfahrungsbericht zur Corona-Krise aus Jerusalem und Bethlehem.
Bisher war es kein Problem in Bethlehem zu arbeiten und in Jerusalem zu leben. Doch über Nacht galten in Palästina und Israel strikte Ausgangsbeschränkungen, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verhindern. Selbst Berufspendlerinnen wie mir, ist es untersagt nach Bethlehem zu fahren. Seither erledige ich meine Arbeit aus dem Homeoffice.
Mein Arbeitszimmer ist lichtdurchflutet – was in den eng aneinander und übereinander
errichteten Häusern der Altstadt von Jerusalem nicht selbstverständlich ist. Als Arbeitsplatz in der möblierten Wohnung dient der Schminktisch meiner Vermieterin. Die instabile Internet- und Telefonverbindung in Ostjerusalem sorgt für zahlreiche Frustrationsmomente. Meine Kolleginnen im Caritas Baby Hospital erreiche ich oft erst nach mehreren Versuchen. Alles braucht mehr Zeit als sonst. Gerade als Mitarbeiterin im Bereich Kommunikation fehlt es mir, am Puls des Geschehens im Spital zu sein und Informationen aus erster Hand liefern zu können.

Erste Geschäfte sind offen, die Kundschaft bleibt noch aus_Foto Linda Bergauer

Wer jemals die Altstadt Jerusalems besucht hat, kennt das Gedränge in den Gassen, die
intensiven Gerüche von Gewürzen, Gebäck und Kaffee, die lebendigen Farben sowie ein Meer aus Geräuschen – und die starke Präsenz des israelischen Militärs. Durch die
Ausgangsbeschränkungen war Jerusalem wochenlang wie ausgestorben, die Gassen
leergefegt. Mit Ausnahme einiger Anwohner, die nach essentiellen Einkäufen verstohlen nach Hause eilten. Nur einmal verstiess ich selber gegen die Bestimmungen: an meinem Geburtstag traf ich hinter einem Lebensmittelgeschäft heimlich eine Freundin auf ein Eis.
Vor kurzem wurden die Restriktionen in Jerusalem gelockert. Schrittweise öffneten
verschiedene Geschäfte, sportliche Aktivitäten oder Spaziergänge dürfen nun in einem Radius von 500 Metern vom Haus entfernt stattfinden. Dafür ist das Tragen einer Maske zur Pflicht erklärt worden. Grössere Menschenansammlungen und die Wiedereröffnung von Cafés, Restaurants und Bars bleiben untersagt. Das mit dem islamischen Fastenmonat Ramadan verbundene abendliche Zusammenkommen zum Iftar (gemeinsames Abendessen) bleibt dieses Jahr aus.

Der Schminktisch als Arbeitszimmer_Foto Linda Bergauer

Normalität ist in Jerusalem mit Sicherheit noch nicht wieder eingekehrt, wenn auch einige
Gründe zum vorsichtigen Aufatmen bestehen. Der palästinensischen Bevölkerung
Ostjerusalems und des Westjordanlandes bereiten die wirtschaftlichen Auswirkungen der
Restriktionen grosse Sorgen. Vielen Familien mangelt es, insbesondere im Westjordanland, an finanziellen Rücklagen. Fast alle Arbeitsbereiche sind zum Erliegen gekommen, Ersparnisse haben die meisten nicht, eine Sozialversicherung gibt es hier nicht. Verschiedene muslimische,
christliche und säkulare Institutionen versuchen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen für
benachteiligte Familien zu mildern. Auch die Sozialdienstabteilung des Caritas Baby Hospital
greift nun einer grösseren Anzahl von Familien bei der Finanzierung der medizinischen
Versorgung oder der Medikamente für ihre Kinder unter die Arme.
Wie das Leben der Bevölkerung sich hier in den kommenden Monaten verändern wird, lässt
sich kaum vorhersagen. Aber es ist beeindruckend mitzuerleben, wie die palästinensische
Gesellschaft in diesen schwierigen Zeiten zusammenhält und Wert auf Solidarität unter
Familien, Nachbarn und sogar Fremden – wie mir – legt.
Weitere Informationen unter www.kinderhilfe-bethlehem.ch

Der Verein Kinderhilfe Bethlehem mit Sitz in Luzern finanziert und betreibt das Caritas Baby
Hospital in Bethlehem im Westjordanland. 50’000 Kinder und Babys werden dort jährlich
stationär oder ambulant betreut. Alle Kinder erhalten Hilfe, unabhängig von ihrer Herkunft
und Religion. Das Behandlungskonzept bindet die Eltern eng in den Heilungsprozess ihrer
Kinder mit ein und das Spital verfügt über einen gut ausgebauten Sozialdienst. Mit 250
lokalen Mitarbeitenden ist das Caritas Baby Hospital ein bedeutender Arbeitgeber in der
Region. Das Spital stärkt das palästinensische Gesundheitswesen und ist darüber hinaus
führend bei der Ausbildung von Ärzten und Pflegenden in der Kindermedizin.
Nur dank grosszügiger Spenden kann das Caritas Baby Hospital seine Aufgaben erfüllen
und Kinderleben retten. Auf unserer Homepage www.kinderhilfe-bethlehem.ch finden Sie
Informationen über unseren Verein, das Spital und die aktuelle Situation in Bethlehem.

Spenden
Kinderhilfe Bethlehem
IBAN CH17 0900 0000 6002 0004 7
Vermerk «Corona»
www.kinderhilfe-bethlehem.ch[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]

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Über Leonard Wüst

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