Programm
BACH – ITALIAN CONCERTO
BEETHOVEN – SONATA NO.23 OP 57 THE APPASSIONATA
ADDINSELL – WARSAW CO CERTO – SOLO VERSION
LISZT – MEPHISTO WALTZ NO. 1
LISZT – BALLADE NO. 2 B MINOR
Ob man die Auftritte, die Rezitals von David Helfgott überhaupt noch als Klavierkonzert bezeichnen kann oder will, sei jeder, jedem selbst überlassen.
Mich erinnern die verstörenden Geschehnisse auf der Konzertbühne eher an die Zeiten, als man in Zirkussen, Zoos und auf Jahrmärkten Kleinwüchsige als Zwerge, Indianer, Eskimos, Schwarzafrikaner usw. als ganz spezielle Ethnien zum Amüsement der Besucher als Attraktion zur Schau gestellt hat.
Zurschaustellung eines musikalischen Tanzbärs
Die von Helfsgotts Frau Gillian inszenierten Auftritte wirken orchestriert wie die Vorführung eines abgerichteten Tanzbären. Das beginnt, wenn der, unzweifelhaft geniale Pianist, hüpfend, die Arme schlenkernd und vor sich herplappernd die Bühne betritt, eingehüllt mal in ein hellblaues, wie an diesem Abend, mal in ein rotes Kosakenhemd. Es geht weiter, wenn er während des Spiels Selbstgespräche führt, vor sich hinmurmelnd, immer wieder zum Publikum blickend, um Bestätigung für sein seltsames Gehabe zu erhaschen. Wohl niemand kann beurteilen, wie sich der 75jährige Australier dabei fühlt, ich kann mir aber schlicht nicht vorstellen, dass dieses Theater dem mit so viel Talent und Können ausgestatteten Künstler Spass macht, oder freut er sich tatsächlich wie ein Kind, wenn er an den Bühnenrand tritt und die unzähligen Hände schüttelt, die ihm entgegengetreckt werden.
So viel Talent und Virtuosität ins Lächerliche gezogen
Natürlich spielt er virtuos und perfekt, aber alles seelenlos, ohne inneres Feuer, das erst bei der Zugabe mit dem «Hummelflug» von Nikołaj Rimski-Korsakow etwas aufflammt, offensichtlich, weil er dieses Werk selbst aussuchen durfte, sind doch sonst die Leitplanken ganz klar gesetzt u.a. und vor allem: Finger weg von Rach3.
Auch nicht vorstellbar, dass sich der Autist je in ein Orchester hätte einfügen können, so bleibt es eben bei den Rezitals, die Helfgott seit seiner «Wiedergeburt» weltweit gibt, oder, auf Gillians Geheiss, geben muss.
Ja, gespielt hat er auch, technisch mechanisch, irgendwie ohne inneres mentales Engagement.
Das Auditorium zeigte sich trotz allem beeindruckt und applaudierte sich zu einer «Standing Ovation», die, wie vorher schon erwähnt, vom Künstler mit den fliegenden Hummeln verdankt wurde.
Ein Ende dieser öffentlichen Demütigungen wäre David Helfgott zu gönnen
Wahrscheinlich war das wirklich die allerletzte Abschiedstournee, was dieser verstörten Persönlichkeit zu gönnen wäre, aber ich befürchte, dass die unersättliche Lady im Hintergrund ihn vielleicht in «down under» noch durch Pianobars tingeln lässt, australische Dollar, auf welch abstruse Art auch eingenommen, sind ja auch nicht zu verachten. Das war vielleicht das Ende eines Mythos, eines Hypes, der vor allem durch den Oscarprämierten Film «Shine» ausgelöst und durch Helfgotts Frau, auf Kosten des Genies, versilbert wurde.
Trailer SHINE 20th anniversary with Geoffrey Rush, David Helfgott https://www.youtube.com/watch?v=IOf_0v4uKNw
„In fragmentarischem Erzählstil als große Rückblende aufgefächert, entfalten sich die ‚zwei Leben‘ Helfgotts bei aller Emotionalität diskret und unsentimental. Klassische Versatzstücke des Musikerfilms verbinden sich zu einer faszinierenden Suche nach dem Ursprung von Kreativität und Musikalität
GetYourWings | Married to a Genius | David Helfgott
www.youtube.com/watch?v=mxAKzO0qQyg
Kleiner Trailer:
www.youtube.com/watch?v=KjTN3rKihsQ
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: Maria Ulrich und https://gmkonzerte.ch/
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