Inszenierung und Besetzung
Musikalische Leitung – Hélio Vida
Inszenierung – Nikolaus Habjan
Bühne – Jakob Brossmann
Bühnenbildmitarbeit – Marlene Lübke-Ahrens
Kostüme – Denise Heschl
Kostümmitarbeit – Jorina Stecher
Lichdesign – Vassilios Chassapakis
Puppencoach – Manuela Linshalm
Chorleitung – Michael Clark
Dramaturgie – Meret Kündig, Roman Reeger
Graf Almaviva – Ronan Caillet*
Bartolo – Diego Savini
Rosina – Nataliia Kukhar*
Figaro – Kyu Choi*
Basilio – Jasin Rammal-Rykała*
Berta – Inna Fedorii*
Fiorello / Offizier – Vinicius Costa da Silva**
Puppenspiel – Stephan Eberhard
* Mitglied des Opernstudios OperAvenir
** Student der Musik-Akademie Basel
Chor des Theater Basel
Statisterie des Theater Basel
Studierende der Musik-Akademie Basel
Grundsätzliches zur Inszenierung OperAvenir spielt Rossini-Oper als Figurentheater
Figaro ist nicht nur der beste Barbier der Stadt, sondern auch Spielmacher, Intrigenspinner und Tausendsassa. Mit kalkuliertem Chaos und vielerlei Maskerade schafft er es, Rosina aus den Händen ihres Vormunds Bartolo zu befreien und sie mit dem schönen Grafen Almaviva zusammenzubringen. In der Inszenierung von Regisseur und Figurenspieler Nikolaus Habjan treten kunstvolle Klappmaulpuppen ins Rampenlicht. Die Figuren entwickeln eine tiefe menschliche Psyche und werden zu ebenbürtigen Spielpartner* innen der Sänger*innen. Die Produktion feiert das 15-jährige Bestehen des Opernstudios Oper Avenir.
Seit über 200 Jahren ein Bestseller
Die Geschichte wird schon seit 204 Jahren auf vielen Bühnen weltweit musikalisch erzählt, vermag aber, trotz Durchfall bei der Uraufführung am 20. Februar 1816 im Teatro Argentina in Rom, immer wieder zu fesseln, so auch aktuell am Basler Theater.
Die eigentliche Handlung von Gioachino Rossinis Opern-Evergreen «Il Barbiere di Siviglia» ist schnell skizziert: «Ein verliebter Alter will morgen sein Mündel heiraten; ein junger Liebender mit mehr Geschick kommt ihm zuvor», fasste der französische Komödiendichter Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, der mit seinem gleichnamigen Stück die Vorlage geliefert hatte, das Geschehen zusammen.
Die Basler Umsetzung dieses Klassikers
Unter der musikalischen Leitung von Hélio Vida ist das 15-köpfige Instrumentalensemble der Basler Musikhochschule auf der linken Bühnenhälfte positioniert was nicht nur das Klang-, sondern auch noch das Bühnenbild veredelt. Und das Orchester beginnt sogleich schwungvoll mit der, mit etwas über sieben Minuten, relativ langen Ouvertüre.
Nach der fulminanten Ouvertüre erscheint zuerst Graf Almaviva zu zweit, d.h. in der Person von Ronan Caillet und dessen lebensgrosser Marionette, die , wie die anderen Marionetten auch, mal vom Sänger/Schauspieler alleine, mal mit Unterstützung von einer, mal von zwei Personen, gehandhabt werden, Almaviva singt, in Anwesenheit Fiorellos eine Cavatina unter dem Balkon von Rosina, die er sehr entfernt kennt und heimlich anbetet. Auf der rechten Seite der Bühne steht eine grosse drehbare, verschlossene Mehrfach- Wendeltreppe, sinnbildlich für das Haus von Doktor Bartolo und dient auch als eine Art Bühne, wo sich vieles abspielt. Darin, wohlbehütet von ihrem Vormund Bartolo, sitzt dessen MündelRosina im sprichwörtlichen goldenen Käfig.
Geniale, schier unglaubliche Einbindung der Marionetten ins Spiel
Wie dann im Verlaufe des Geschehens diese Sänger*innen Marionetten agieren ist verblüffend. Wie nah deren Mimik derjenigen der menschlichen Akteur*innen sind, ist schon erstaunlich, da wird jedes Tremolo, jede Koloratur genau wiedergegeben, dies mit einer Präzision und Synchronität, die man, wenn noch nie gesehen, für unmöglich halten würde.
Beibehalten wird die Werktreue
Dies alles ändert natürlich nichts an der ursprünglichen, von Rossini und dessen Librettisten Cesare Sterbini vorgegebenen Handlung um das Drama der Rosine in der unerbittlichen Obhut, wenn nicht gar Gefangenschaft, ihres Oheims und Vormundes Doktor Bartolo. Die Story wird einfach auf eine noch nie gesehene Art und Weise erzählt.
Körperliche Parforceleistung der Akteur*innen
Schon allein das normale agieren und singen auf einer Bühne ist,eine oft unterschätzte, körperliche und mentale Höchstleistung, umso mehr beeindruckt, wie die Sänger*innen dabei noch die Marionetten meisterhaft bedienen und ihnen eigenständige Charakterzüge verleihen. Die Partien sind fast ausschliesslich mit den jungen talentierten Sänger*innen des Opernstudios OperAvenir besetzt, die mehr als nur bestehen neben den «gestandenen» Ensemblemitgliedern.
Rossini war seiner Zeit ja weit voraus, hatte er doch damals schon beim Herrenchor eine Frauenquote eingeführt. Bei Rossini sind es auch besonders immer diese grossartigen Duette, Terzette, Quartette, Quintette und Sextette, mit denen die Akteur*innen begeistern können, davon gar hervorstechend das grossartige Quintett ob der Konfusion, des heillosen Durcheinanders vor Bartolos Haus nach dem definitiven zweiten, auch erfolgreichen Entführungsversuch.
Das Kammerorchester agiert auf Augen- bzw. Ohrenhöhe der Sänger*innen
Beim ersten Annäherungsversuch tarnte sich der Graf als angetrunkener Soldat, bleibt aber erfolglos. Als er sich beim zweiten Mal als Musiklehrer einschleicht, klappte die Verführung beim Gesangsunterricht und Rosinas Flucht kann vorbereitet und ausgeführt werden. Die Interpret*innen überzeugten durch Ihre schauspielerischen und sängerischen Leistungen. Ohne die kongeniale Umsetzung von Rossinis Musik durch das Kammerorchester ging das gar nicht, es ist also das formidable Tutti was dieses Gesamtkunstwerk ermöglicht.
Das Auditorium, das schon mit Szenenapplaus nicht gegeizt hatte, applaudierte so lang und heftig, was schlussendlich in eine hochverdiente stehende Ovation mündete.
Fazit
Mit dieser genialen Inszenierung könnten die Basler problemlos auf Welttournee gehen und würden, da bin ich mir sicher, weltweit die Säle bis auf den letzten Platz füllen.
Der Ensemblesprecher gab dann noch ein kurzes Statement über die aktuelle Situation in der Ukraine statt, verbunden mit der Bitte um einen Beitrag für ein Basler Projekt zur finanziellen Unterstützung von Betroffenen des Kriegsgeschehens. Man mache dies umso lieber, da auch zwei Akteurinnen des Abends, Nataliia Kukhar als Rosina und Inna Fedorii als Berta aus der Ukraine stammen.
Kurzer Trailer der Produktion:
http://www.youtube.com/watch?v=0P3DFRy8XMc
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: Ingo Hoehn https://www.theater-basel.ch/de/
Homepages der andern Kolumnisten: www.noemiefelber.ch maxthuerig.ch
www.gabrielabucher.ch www.herberthuber.ch
Homepages der andern Kolumnisten: www.noemiefelber.ch maxthuerig.ch
www.gabrielabucher.ch www.herberthuber.ch