Eigentlich ist der Metzger vom Luzerner Wesemlinquartier schuld, dass ich zum sündigen Fleischesser wurde. Wobei Fleisch essen in den 50ger Jahren noch keine Sünde war, eher ein Zeichen des Wohlstandes nach den Kriegsjahren.
So erfreute mich der Metzgermeister jeweils mit einem Wursträdli. Je nach Grösse des Fleischstückes, das meine Mutter kaufte, sogar deren drei.
Meine Mutter war eine hervorragende Köchin, und Vaters sorgfältig «gesüderlete» Kalbshaxen waren ein besonderes Essvergnügen. Ich erlernte den Beruf des Koches, anstatt mich weiter mit Latein herumzuschlagen. Immerhin, Küchenlatein war auch etwas «Gscheites». Ich lernte mit Fleisch umzugehen. Tipps von einst sind heute noch fest in unserem Kochrepertoire verankert.
Die Vegetarier Welle
Dann erlebte allmählich der Vegetarismus eine Wiedergeburt. Der Fleischkonsum begann zu schrumpfen, geriet in Verruf. Auch bei unseren Kindern tönte es ab und zu: «Jööö, die armen Rindli, jööö, die noch ärmeren Säuli.» Ich versuchte unsere Kinder davon zu überzeugen, dass wir Menschen nun mal kein Gras verdauen. Also hätte der Herrgott die Kühe erschaffen, damit diese den grünen Teppich der Weiden abgrasen, um diesen zu unserem Wohle in lebensnotwendiges Eiweiss zu verwandeln. Wobei auch mir bewusst ist, dass das dabei Wohl des Tieres nicht vergessen werden darf.
Fazit mit Kompromiss: Ab und zu kommt auch bei uns Vegetarisches auf den Teller, und im Luzerner «Tibits» habe ich auch schon mal ein (fleischloses) Tatar gegessen und anderes aus der Vegi-Küche versucht. Gut war’s ja schon, aber ein Cordon Bleu aus artgerechter Tierhaltung schmeckt mir halt immer noch besser. Wer ohne «Sünde» ist, werfe die erste Mortadella.
Wie sieht die Zukunft aus?
Die Zukunft des Fleisches? Dem Hummus (Kichererbsen) steht eine grosse Zukunft bevor. Das aus Hummus fabrizierte «Laborfleisch» soll den Markt erobern. Und jetzt kommen vegane Steaks als Alt-Meat-Produkte aus dem 3D-Drucker. Eshar Ben-Sherit aus Tel Aviv ass bis zu seinem 30. Lebensjahr Fleisch. Dann gründete er seine Firma Redfine Meat, welche «Edelstücke» mittels 3D-Drucker herstellt. Was gedruckt wird, sieht gebraten wirklich fleischähnlich aus. Sojabohnen und Erbsenproteine, Pflanzenfette und natürliche Aromastoffe dienen dazu, dass Textur und Mundgefühl eines echten Steaks nachgebildet werden. Von deutschen Experten wird es wie richtiges Fleisch beurteilt.
Als Wursträdli-Fan kapiere ich es noch nicht. Und wenn ich in einem Fachmagazin lese, dass ein 3D-Drucker zehn Kilogramm Steaks pro Stunde produzieren kann – also die gleiche Menge wie von einer ganzen Kuh, welche insgesamt etwa 250 kg Fleisch liefert –, wird’s mir nicht nur altersbedingt ziemlich schwindlig.
Das Fleisch das keines ist
Wohin mit den Kühen? Wohin mit dem Gras? Den Moment, wo ich meiner Gertrude zurufen werde, «schalte bitte den Drucker ein, heute gibt’s Rindsfilet», werde ich kaum mehr erleben. Dafür vorerst weiterhin genussvoll an meinem Wursträdli vom echten Säuli kauen.
Veganes Steak aus dem 3D-Drucker
Kleine Fotodiashow zur Kolumne:
Text: www.herberthuber.ch
Fotos: www.-pixelio.de
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