Besetzung:
Gregory Porter, Vocals – Chip Crawford, Piano – Ondřej Pivec, Hammond Organ – Tivon Pennicott, Saxophone – Jahmal Nichols, Bass – Emanuel Harrold, Drums
Rezension:
Des Sängers Markenzeichen sind seine rau – melodiöse, raumfüllende Baritonstimme und seine Kopfbekleidung. Und tatsächlich lässt Porters „Jazz Hat, wie er selbst ihn nennt, den Sänger aussehen wie das Mitglied einer religiösen Bruderschaft. Um seinen Kopf trägt er ein schwarzes Tuch, das nur sein Gesicht und seinen dichten, krausen, schwarzen Bart ausspart, obenauf sitzt eine dunkle Ballonmütze.
Warum? Die Erklärung fällt leicht. Gregory Porter ist ein Nachfahre des Hipsters. Des eigentlichen, ursprünglichen, echten und wahren. Des schwarzen, der dem Dandytum näher steht als den Subkulturen. Den gängigen, heutigen, blutleeren, ausverkauften. Er, der Hypster, jene Person der 40er und 50er Jahre, ist erwachsen, trägt Anzug und Herrenschuhe, nicht Sneakers. Hört Jazz – Bebop -, macht Jazz – Bebop -, und ist eigentlich heute längst ausgestorben. In seiner Ahnengalerie hängen: Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Cannonball Adderley, Miles Davis, Thelonious Monk.
Monk damals: ebenfalls Hühne, ebenfalls seltsame Mütze und Bart.
Porter heute: rosafarbenes Sakko, weisses Hemd und eben diese eigenwillige Kopfbedeckung.
Ein Bebopper? Nein. Ein Jazzer? Vielleicht. Zu gefällig sind seine anrührenden Balladen, zu massentauglich seine mitreißenden Up-tempo-Stücke. Zu viel Soul und Blues steckt in seiner Musik. Zu angenehm und unsperrig ist seine Person. Wenn er die Augen zusammenkneift, ein breites Grinsen aufsetzt, sein mächtiges Hepcat-Haupt durch die Songs schüttelt, die Brust rausstreckt und mit vollem Körpereinsatz den Gospel-Train anpeitscht – mit Schnippen, Pumpen und Klatschen sowie anderen Finger-, Hand- und Armgesten. Mit seinem umwerfenden Album «Liquid Spirit» schaffte er erst relativ spät, nämlich 2013, den Durchbruch fast über Nacht. Heute ist Gregory Porter, der 46-jährige Hüne mit der Ballonmütze und der raumfüllenden Baritonstimme, der derzeit erfolgreichste Jazzsänger überhaupt.
Preisgekrönte Alben in der Sparte Jazz
Mit den Alben «Liquid Spirit» und «Take Me to the Alley» holte er in England und Deutschland Gold sowie gar Platin und wurde beide Male mit dem Grammy für das beste Jazz-Gesangsalbum des Jahres ausgezeichnet. Auch in der Schweiz schaffte es der Kalifornier mit Letzterem auf Platz elf in den Charts. Parker ging die Sache, auf einem Barhocker sitzend, gelassen lässig an. Er pendelt zwischen jazzigen Oden an die Liebe und Black Power. Nebsts Songs von seinen Alben, coverte er u.a. solche von Nat King Cole (in Form eines Medleys), Nina Simone und Leon Thomas. Mit auf dem Set waren Tivon Pennicot am Saxophon, Chip Crawford am Piano, Jahmal Nichols mit dem Kontrabass, Emanuel Harrold am Schlagzeug und der versierte Hammondorgelvirtuose Ondřej Pivec. Von diesen bekamen der Pianist, der Saxophonist, wie auch der Bassist ausreichend Gelegenheit, sich in Szene zu setzen, während die Hammondorgel etwas zurückstehen musste und der Drummer wenig auffiel. Routiniert spielten sie das Set durch, einzelne Songs als eigentliche Highlights gabs keine.
Das Beste gabs zum Schluss
Nach dem grossen Schlussapplaus verliess Gregory Porter die Bühne, während seine Mitmusiker eine Zugabe in Form von Soli gaben und so ihr grosses musikalisches Können demonstrierten. Das sachkundige Publikum geizte denn auch nicht mit Extraapplaus für jedes einzelne Instrumentalsolo und schlussendlich, als der Sänger sich wieder zur Band gesellt hatte, auch nicht mit stürmischen Applauskaskaden und vereinzelten Bravorufen für alle Protagonisten.
Gregory Porter, KKL Luzern, 26. März 2018 Video 1 von Klaus Rothen
Gregory Porter, KKL Luzern, 26. März 2018 Video 2 von Klaus Rothen
Fotos: www.allblues.ch und Klaus Rothen
und http://www.gregoryporter.com/
Ein Konzert von www.allblues.ch und www.jazzluzern.ch
Homepages der andern Kolumnisten: www.gabrielabucher.ch https://noemiefelber.ch/ https://annarybinski.ch/ Paul Ott:www.literatur.li