Die goldenen Herbsttage sollten nicht darüber hinwegtäuschen: Die Grippesaison hat begonnen. Wer sich gegen die Krankheit schützen will, sollte jetzt zur Schutzimpfung gehen. Und sich danach nicht in allzu großer Sicherheit wiegen.Der Kühlschrank in der Praxis von Allgemeinmediziner Thomas Georgi ist gut gefüllt: 150 Dosen Impfstoff gegen die bevorstehende Influenza lagern dort bei vier bis sechs Grad, die Lieferung kam bereits Ende August. „Die ersten Patienten haben sich Anfang September bei uns in der Praxis gemeldet“, sagt der Arzt aus Prenzlauer Berg. „Seit vergangener Woche impfen wir verstärkt.“ Weitere 500 Impfdosen seien bestellt. „Bislang gibt es keine Rückmeldungen über Nebenwirkungen, der Impfstoff ist gut verträglich.“
Es ist jedes Jahr das Gleiche: Wenn bei uns Sommer ist, ist die Influenza auf der Südhalbkugel aktiv – dann herrscht dort Winter, und die Abwehrkräfte der Menschen sind nicht so gut. Mit dem Winter auf der Nordhalbkugel kommt die Grippe dann auch zu uns. Meist geht es im Januar los, die meisten Ansteckungen werden im Februar/März registriert. Idealer Zeitpunkt für eine Impfung sind Oktober und November. Allerdings verläuft die Grippewelle in jedem Jahr unterschiedlich, im vergangenen Jahr wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) genau 3173 Infizierte aus Berlin gemeldet, im Jahr davor nur 471. „An uns werden aber nur die Fälle weitergegeben, die im Labor nachgewiesen wurden“, sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasbrenner. Die tatsächliche Zahl sei also stets höher.
Viele Risikogruppen
Das RKI, das bundesweit zuständig ist für Krankheitsüberwachung und -prävention, hat in diesem Jahr gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem für Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Institut die Kampagne „Wir kommen der Grippe zuvor“ gestartet, mit der vor allem Risikogruppen von der Notwendigkeit einer Impfung überzeugt werden sollen. „Zu den Risikogruppen gehörten Ältere über 60, Schwangere und Menschen mit chronischen Krankheiten wie Asthma oder Diabetes – in diesem Fall dann auch Kinder“, sagt Susanne Glasbrenner.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert für diese Gruppen eine Impfquote von 75 Prozent. Davon sind die Deutschen weit entfernt. Einer RKI-Studie zufolge waren vergangenes Jahr nur 50 Prozent der Senioren geimpft, bei den chronisch Kranken (18 bis 59 Jahre) lag die Quote nur bei 23 Prozent.
Der Grund für diese geringen Zahlen liegen zum einen in grundsätzlicher Skepsis dem Impfen gegenüber und zum anderen an der Tatsache, dass eine Grippeschutzimpfung nie optimal wirksam ist. Der Grund: Von Entwicklung des Impfstoffs über die Herstellung bis zum Beginn der Impfungen vergeht etwa ein halbes Jahr – ein Zeitraum, in dem sich die Viren weiter verändern können.
Studenten sind Impfmuffel
Für gewöhnlich schützt die Impfung deshalb nur bei jeder zweiten Infektion, in manchen Jahren sind die Werte sogar deutlich niedriger. Die Wirksamkeit lag vergangenes Jahr nur bei 27 Prozent. „Und trotzdem ist es die beste Impfung, die wir haben“, sagt die Sprecherin des Robert-Koch-Instituts.
Aus Sicht von Allgemeinmediziner Georgi ist die Zahl der Berliner, die sich impfen lassen, seit Jahren konstant. „Ich rate es auf jeden Fall den Risikogruppen“, sagt der Arzt. Auch Busfahrern, Krankenschwestern und anderen Berufsgruppen, die viel mit Menschen zu tun haben, empfehle er die Impfung. „Gerade unter Studenten könnte die Quote höher sein. Da lassen sich nur die impfen, die oft im Jahr Infekte haben.“ Quelle: Xing[content_block id=29782 slug=ena-banner]