HSLU , Nachhaltigkeit bei Onlineshops: Bei den Händlern nicht oberste Priorität

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Nachhaltige Produkte sowie ein umweltschonender Versand sind für Kundinnen und Kunden von Onlineshops ein wichtiges Bedürfnis, davon sind auch die Onlinehändler überzeugt. Trotzdem sehen nur drei von zehn Onlineshop-Betreibern Nachhaltigkeit als eines der wichtigen Unternehmensthemen. Das zeigt die neuste Onlinehändlerbefragung der Hochschule Luzern.

Wie stark steht Nachhaltigkeit auf der Agenda von Schweizer Onlinehändlern? Zum zweiten Mal in Folge hat die Hochschule Luzern mit der Onlinehändlerbefragung 2021 im Auftrag der Schweizerischen Post die Nachhaltigkeit im Schweizer E-Commerce untersucht. 248 Unternehmen haben an der quantitativen Erhebung teilgenommen.

Nachhaltigkeit als Kundenbedürfnis und Chance für die Wettbewerbsfähigkeit

Für 83 Prozent der befragten Onlinehändler bedeutet Nachhaltigkeit, ihre unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. Zwei Drittel aller Anbieter sind auch davon überzeugt, dass eine nachhaltige Ausrichtung ihrer Onlineshops die Wettbewerbsfähigkeit steigern kann und sechs von zehn Onlineshop-Betreibern sehen Nachhaltigkeit als wichtiges Kundenbedürfnis. Kein Treiber für weitere Bestrebungen im Bereich Nachhaltigkeit scheinen hingegen gesetzliche Vorgaben und Regularien zu sein. Nur gerade 23 Prozent der Onlinehändler sehen sich durch regulatorische Vorschriften gedrängt, mehr in den nachhaltigen Betrieb ihrer Shops zu investieren.

Nachhaltigkeit: Trotz guten Gründen nicht oberste Priorität – aber wichtiger als Corona

Auch wenn die Onlinehändler mehrheitlich von der Notwendigkeit, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, überzeugt sind: Die Nachhaltigkeit bei den Produkten sowie bei der Verpackung und der Logistik ist nur gerade für drei von zehn Onlineshop-Betreibern eines der wichtigsten Unternehmensthemen. «Gute Gründe, nachhaltiger zu werden, gibt es für die Onlinehändler genug. Aktives Handeln und die Umsetzung von konkreten Massnahmen brauchen natürlich Zeit und Ressourcen», so Thomas Wozniak, Studienleiter und Dozent an der Hochschule Luzern. Weit höher auf der Agenda stehen bei den Onlineshop-Betreibern das eigene Wachstum (bei 56 Prozent der Unternehmen eines der wichtigsten Themen), die Prozessautomatisierung und -optimierung (47 Prozent) und die Marktplatzpräsenz (39 Prozent). «Der Onlinehandel ist stark am Wachsen. Viele Anbieter sind in erster Linie damit beschäftigt, die Prozesse zu optimieren und sich von den Mitbewerbern abzuheben», so Wozniak. Wenig Sorgen scheinen sich die Anbieter um die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu machen. Lediglich 21 Prozent aller befragten Unternehmen haben angegeben, dass für sie die Folgen der Corona-Krise in diesem Jahr eines der wichtigsten Unternehmensthemen ist. «Man sieht hier deutlich, dass der Onlinehandel im Gegensatz zu anderen Branchen kaum unter der Corona-Pandemie leidet», sagt Wozniak.

Nachhaltige Produkte im Shop kaum sichtbar

Auch wenn die Nachhaltigkeit bei den Kundinnen und Kunden ein grosses Bedürfnis zu sein scheint: In den Onlineshops werden nachhaltig produzierte Produkte nach wie vor selten entsprechend gekennzeichnet. Nur 17 Prozent aller Onlinehändler heben nachhaltige Produkte in ihren Shops hervor (im Vorjahr waren es 14 Prozent). Eine Möglichkeit, nachhaltige Produkte herauszufiltern, gibt es sogar nur bei 13 Prozent aller Shops (Vorjahr: 11 Prozent). Zwar integrieren mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Onlinehändler Informationen zu Nachhaltigkeitsaspekten der Produkte in den Produktbeschrieben, dies jedoch eher versteckt. «Onlinehändler verschenken damit Potenzial, nachhaltig orientierte Konsumentinnen und Konsumenten tatsächlich zu erreichen», ist sich Thomas Wozniak sicher. «Nachhaltigkeitsaffine Onlineshopper müssen sich zu potenziell nachhaltigen Produkten durchklicken, um entsprechende Informationen zu bekommen. Auswahlfilter und Hervorhebungen könnten die Kundschaft schon vorher abholen und wären eine sinnvolle Ergänzung», empfiehlt Wozniak.

Onlinehändler verwenden weniger Plastik

Die Art der Verpackung, in der die bestellte Ware ausgeliefert wird, trägt einen Teil zur Nachhaltigkeitsbilanz eines Onlinehändlers bei. Besonders bei der Wahl des Verpackungsmaterials haben die Onlinehändler im Vergleich zum Vorjahr nochmals einen Schritt nach vorne gemacht. 2021 verzichten 40 Prozent der Onlineshops bei der Umverpackung der Produkte auf Plastik, ein Jahr zuvor waren es noch 30 Prozent. 39 Prozent aller Anbieter kommen beim Füllmaterial komplett ohne Plastik aus (2020: 34 Prozent). Bei rund der Hälfte der Onlinehändler kommt bei der Verpackung (54 Prozent) und bei der Füllung (48 Prozent) Recycling-Material zum Einsatz. Rund ein Viertel der Anbieter setzt zudem auf Mehrwegverpackungen. Beim Verpacken lässt sich auch mit der richtigen Wahl der Paketgrösse Ressourcen schonen. Rund drei Viertel der Onlinehändler geben an, grössenoptimierte Verpackungen einzusetzen. «Das spart nicht nur Ressourcen beim Materialeinsatz, sondern reduziert auch die notwendigen Transport- und Zwischenlagerkapazitäten», präzisiert Wozniak. «Ausserdem wundern sich am Ende auch weniger Kundinnen und Kunden, warum so viel Luft im Karton ist.»

Mehr Möglichkeiten für klimaneutralen Versand

Auch nachdem das Produkt das Warenlager verlassen hat, erzeugt es einen ökologischen Fussabdruck. Wie gross dieser Fussabdruck ist, hängt von der Art der Auslieferung ab. Knapp die Hälfte der befragten Onlinehändler bieten die Abholung bei eigenen Filialen an. In vier von zehn Onlineshops können die Kundinnen und Kunden Teillieferungen zu einer konsolidierten Lieferung bündeln lassen. Wenn sie also in kurzen Abständen mehrmals etwas im gleichen Onlineshop bestellen, werden alle Produkte in einem Paket geliefert. Beide Möglichkeiten reduzieren die Anzahl von Lieferfahrten. Wesentlich seltener angeboten werden lokal angepasste Logistiklösungen wie Velo-Lieferdienste in Kombination mit dem Zug oder Transporte mit dem E-Cargo-Bike. Nur 13 Prozent aller befragten Unternehmen bieten solche Lieferoptionen an. «Gerade auf der sogenannten letzten Meile macht es viel Sinn, auf lokale schlanke und umweltfreundliche Lösungen für die Auslieferung zu setzen», so Wozniak. «Besonders in dicht besiedelten Gebieten wird dadurch oftmals knapper Verkehrsraum sinnvoller genutzt. Das dürfte also auch im Interesse der Städte und Gemeinden sein. Zudem reduziert es die Emission von Lärm, Klimagasen und Luftschadstoffen.»
Insgesamt ist das Angebot von klimaneutralem Versand ohne Aufpreis grösser geworden. Haben 2020 noch rund 15 Prozent aller Onlinehändler einen klimaneutralen Versand angeboten, sind es 2021 bereits 26 Prozent.

Konsumentenverhalten und Corona

Wie sich die Corona-Pandemie auf den Onlinehandel auswirkt, zeigt auch der E-Commerce Stimmungsbarometer 2021, den die HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Post erstellt hat. Die Studie untersuchte die Gewohnheiten und Präferenzen von über 11’000 Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten im Onlinehandel. Dabei zeigte sich, dass Herr und Frau Schweizer markant häufiger im Internet einkaufen als vor der Pandemie: Haben etwa die über 55-jährigen Antwortenden 2019 noch 14 Prozent wöchentlich online geshoppt, sind es 2021 bereits 19 Prozent. Die am häufigsten genannten Gründe für den Onlineeinkauf sind die Unabhängigkeit von Öffnungszeiten (78 Prozent) und die Lieferung der Einkäufe nach Hause (78 Prozent). Jedoch ist für rund 40 Prozent der Befragten auch die Corona-Pandemie ein wichtiger Grund. Bei den Liefermöglichkeiten wurde insbesondere die Option «Click & Collect» – die Abholung der online bestellten Ware in Verkaufsstellen der Händler und den Postfilialen – im Vergleich zu 2020 wichtiger (+5 Prozent).

Insgesamt hielten die Veränderungen im Konsumentenverhalten, die sich bereits letztes Jahr aufgrund der Corona-Pandemie beobachten liessen, auch dieses Jahr Einzug. Der Trend in Richtung Digitalisierung geht weiter – nicht nur beim Einkaufen selbst, sondern auch bei den Zahlungsmöglichkeiten.

Weitere Informationen zum E-Commerce-Stimmungsbarometer 2021 der HWZ gibt es HIER.

Mehr zum Schweizer Onlinehandel 2021

Weitere Informationen zur Onlinehändlerbefragung der Hochschule Luzern und zum E-Commerce Stimmungsbarometer der Hochschule für Wirtschaft Zürich HWZ sowie die beiden Studien zum Download gibt es unter www.post.ch/digital-commerce-studien.

Die neusten Ergebnisse zu den Studien im Schweizer Onlinehandel werden jedes Jahr im Rahmen der Connecta vorgestellt. In diesem Jahr findet der Anlass nicht physisch statt, doch die wichtigsten Erkenntnisse zur Nachhaltigkeit im Schweizer Onlinehandel werden im Videointerview mit Thomas Wozniak und Michael Nussbaumer, Leiter CAS Online Shop and Sales Management an der Hochschule Luzern, diskutiert: Am 6. Oktober 2021 ab 15 Uhr unter www.post.ch/connecta-talk.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]