Weite Kreise der indischen Gesellschaft sind vom Schicksal der 23-jährigen Frau tief erschüttert, die von sechs Männern vergewaltigt und verstümmelt wurde. Das Land hat ein Problem, dem nur mit einem radikalen Umdenken beizukommen ist. In einem Staat, in dem drei von vier Vergewaltiger straflos davonkommen, sind die Koordinaten für Menschlichkeit und Moral total verschoben. Gewalt gegen Frauen scheint salonfähig zu sein. Doch das ist ein Irrtum einer offenbar fehlgesteuerten Männergesellschaft, in der die Ehre einer Familie wieder hergestellt wird, wenn die Vergewaltigte ihren Peiniger heiratet.
In einem Land, in dem Mädchen weniger wert sind und abgetrieben werden, kommen auf 1000 Männer 940 Frauen. Doch hinter der Statistik verbergen sich am Ende auch sexuelle Spannungen und ungelebte Wünsche. Das Urteil gegen die Täter wird hart. Dies ist ein Signal nach außen, dass Indiens Justiz durchgreift. Doch sie hätte es früher tun müssen. Bei der Frage nach der Rolle der Frau in modernen Gesellschaften gibt es Defizite in vielen Köpfen – nicht nur in Indien.
Quelle: ots / Rheinische Post / Godehard Uhlemann