1972 begann eine Handvoll junger, talentierter Jazzmusikerinnen und -musiker in Luzern, ihr Können an Jugendliche und Erwachsene weiterzugeben. Das war der Startpunkt für eine Erfolgsgeschichte: Das aus dem damaligen Verein Jazzschule Luzern (VJSL) entstandene, heutige Institut für Jazz und Volksmusik der Hochschule Luzern ist schweizweit die grösste Ausbildungsstätte für Jazz und geniesst auch international ein hervorragendes Renommee.
Auf Initiative von Musikerinnen und Musikern und mit Unterstützung des Coop-Freizeitscenters Luzern startete vor 50 Jahren unter dem Namen «JAZZ-SCHOOL-LUZERN» die Geschichte einer Institution, die das kulturelle Leben in Luzern und die Jazzausbildung in der Schweiz massgeblich beeinflusste und dies auch heute noch tut. Als selbstorganisierte Schule ohne staatliche Unterstützung und Diplomanerkennung bot sie Jazzkurse in Theorie- und Instrumentalunterricht an; damals noch mit einer rudimentären Infrastruktur und Provisorien. Bereits im Gründungsjahr hatten sich 60 Schülerinnen und Schüler eingeschrieben und bald darauf kamen Interessenten aus der ganzen Schweiz. Die Schulgelder deckten die kleinen Gehälter der Lehrpersonen, die anfangs als Selbständigerwerbende noch ohne soziale Absicherungen arbeiteten. Ab 1977 konnten 20 Lehrpersonen angestellt werden.
Mit Erhalt des Vestag-Kulturpreises in Höhe von 10’000 Franken erhielt die Jazz Schule Luzern 1985 erstmals eine offizielle Anerkennung. 1990 konnte die erste Klasse mit zwölf Studierenden mit einem staatlich anerkannten Berufsabschluss starten. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in der allgemeinen Abteilung lag kurze Zeit später bei über 400.
Mit Mut und Visionen
«Erst langsam etablierte sich Anfang der 1970er Jazz als eigener Ausbildungszweig in Europa, ein entsprechendes Angebot war in der Schweiz vorher kaum möglich», sagt Marianne Doran, die heutige Präsidentin des Vereins Jazz Schule Luzern. Die damaligen Initianten Christy Doran, Bobby Burri, Peter Sigrist und Franz Emmenegger stiessen als Jazzmusiker und kritische Zeitgenossen per se auf eine grosse Skepsis seitens der Politik. Es gab aber auch kritische Stimmen aus der Musikszene. Doran: «Nicht wenige meinten, eine Verschulung des Jazz sei dessen Untergang.»
Davon nicht beeindruckt, arbeiteten die Initianten weiter. Das Credo dieser noch jungen Schule war, eine stilistisch offene und avantgardistische Haltung zu lehren. Neue Musikströmungen aus Rock und Pop, aus der zeitgenössischen Musik, der frei improvisierten und der elektronischen Musik wurden aufgenommen. Schon Ende der 1970er Jahre wurden Musikerinnen und Musiker der jungen New Yorker Jazzgilde für Workshops verpflichtet. Die internationale Konzerttätigkeit einiger Dozierender und die gute Verbindung zum Jazzfestival Willisau liessen die Schule rasch aus dem regionalen Dasein hinauswachsen. «Es waren Macher am Werk mit Mut und Visionen», sagt Marianne Doran. Dank ihnen wuchs die Schule rasant, erlangte rasch nationale und internationale Aufmerksamkeit.
Grundstein für heutiges Hochschulinstitut
«Der Erfolg der Jazzschule Luzern basierte einerseits auf dem Profil einer neuartigen Ausbildung, wo sich international renommierte Dozierende mit neusten Musikströmungen aus den USA und Europa auseinandersetzten. Und andererseits auf einer innovativen Trägerschaft und Organisation, die sich stark für die Hochschulausbildung in Luzern und die nationale Jazzausbildung einsetzte», hält Doran fest.
1999 erhielt die Jazz Schule Luzern den Fachhochschul-Status. Gleichzeitig wurden die drei Musikinstitute Jazz Schule Luzern, Konservatorium und Akademie für Schul- und Kirchenmusik zur heutigen Hochschule Luzern – Musik zusammengeführt. Durch diesen Schritt wandelte sich der VJSL vom Träger- zum Förderverein, der heute 150 Mitglieder zählt und unter anderem einen Studierendenfonds betreibt, Events für ehemalige Studierende organisiert, Preise vergibt und sich für eine lebendige Jazzszene in Luzern einsetzt.
Ausgezeichnete Alumni und Dozierende
Das Institut für Jazz und Volksmusik der Hochschule Luzern ist nach wie vor das grösste Jazzinstitut der Schweiz mit heute rund 150 Studierenden. «Diese können sich – neben dem Pflichtprogramm im Curriculum – einer grossen stilistischen Bandbreite widmen und diese erforschen», sagt Institutsleiter Michael Arbenz. «Je nach Vorliebe können das beispielsweise freie Improvisation sein, Pop- oder Singer/Songwriter-Stile oder traditionellerer Jazz.»
Wie früher die Jazzschule, sei das Institut auch heute ein Ort der verschiedensten Ideen und Überzeugungen, so Arbenz: «Dieser Schmelztiegel bietet alle Zutaten, aus denen grossartige Musikerinnen und Musiker, tolle Bands und neue musikalische Impulse entstehen können.» So prägen viele der früheren als auch jüngeren Absolventinnen und Absolventen die Schweizer Jazzszene nachhaltig. Einige von ihnen, wie Dominik Burkhalter, Hans-Peter Pfammatter, Ricardo Regidor, Toni Schiavano, Rafael Jerjen oder Katja Mair sind heute als Dozierende tätig. Und auch unter den Preisträgerinnen und Preisträgern des Schweizer Musikpreises findet sich eine grosse Zahl von Alumni und Dozierenden, etwa Lionel Friedli, Manuel Troller, Martina Berther, Nat Su oder Nils Wogram.
Zwischen Tradition und Innovation
Laut Arbenz haben Musikhochschulen die Aufgabe, das oft fragile Gleichgewicht zwischen Tradition und Innovation, zwischen instrumentalen Fertigkeiten und individuellem Ausdruck in ein zukunftsfähiges Curriculum umzumünzen. Dabei stelle nicht nur die rasante stilistische Entwicklung der Musikszene eine Herausforderung dar, sondern auch die Berufsfelder, die sich im Wandel befänden. «Heute verdienen Absolventinnen und Absolventen ihr Geld nach dem Musikstudium nicht nur als Musikerin oder Lehrer, sondern sind auch in Tonstudios, bei Medienunternehmen, in Verbänden, in sozialen Projekten oder in der Forschung tätig», so Arbenz. Daher gelte es, die Strukturen des Studiums laufend so anzupassen, damit dieses eine solide Ausbildung ebenso garantiert, wie eine bestmögliche Förderung von kreativen Ideen und eine grösstmögliche Entwicklung von musikalischen Persönlichkeiten. Nicht zuletzt spielen auch der Austausch mit Studierenden aus anderen Musikstilen, etwa zeitgenössischer Musik, Klassik oder Volksmusik und die rege Konzerttätigkeit der Bachelor- und Masterstudierenden auf den Bühnen der HSLU sowie an (intern-)nationalen Festivals eine entscheidende Rolle. «So können wir zuversichtlich sein, dass der kreative Output auch in den nächsten 50 Jahren ähnlich gross bleibt wie in den letzten 50», sagt Michael Arbenz.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]