Klimawandel: Einfluss natürlicher Ozeanzyklen auf Änderungen des Meeresspiegels ist größer als gedacht

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Meeresspiegel

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Wissenschaftler sind sich einig, dass der weltweite mittlere Meeresspiegel seit 1900 um etwa 14 bis 21 Zentimeter gestiegen ist. Bisher wird davon ausgegangen, dass der Großteil dieses Anstieges mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel im Zusammenhang steht. Wie neue Berechnungen eines Teams um den deutschen Wissenschaftler Dr. Sönke Dangendorf vom Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (fwu) der Universität Siegen nun zeigen, sind die kausalen Unsicherheiten jedoch viel größer als bisher angenommen. Der Einfluss natürlicher Ozeanzyklen auf Änderungen des Meeresspiegels ist damit größer als gedacht.

„Die bisher publizierten Unsicherheiten über die Ursache des beobachteten Meeresspiegelanstiegs seit 1900 schwanken üblicherweise um 2 bis 3 Zentimeter. Bisher führte man rund 90 Prozent des Anstiegs auf anthropogene Einflüsse zurück, also vom Menschen verursacht. Diese Zahlen basieren auf der Annahme, dass natürlich verursachte Schwankungen im Ozean nicht länger als einige wenige Jahre andauern und damit nur einen sehr geringen Teil des beobachteten Anstiegs erklären können. Die aktuellen Ergebnisse zeigen jedoch, dass die natürlichen Ozeanzyklen sogar über einige Dekaden oder Jahrhunderte andauern können. Damit können wir nun nicht mehr ausschließen, dass natürliche Schwankungen einen Anteil von bis zu ±8 cm zum beobachteten Meeresspiegelanstieg beigetragen haben“, erklärt Dangendorf. Die Ergebnisse wurden aktuell in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert.

Der Weltklimarat resümierte im fünften Sachstandsbericht von 2014, dass die Erwärmung des Ozeans sowie abschmelzende Gletscher ungefähr 80 Prozent des beobachteten Meeresspiegelanstiegs seit 1900 erklären. Die Anteile der beiden Eisschilde in Grönland und der Antarktis hingegen sind über diese Zeitspanne immer noch sehr unsicher. Klar ist jedoch, dass weder die Ozeanerwärmung, noch die Gletscherschmelze zu 100 Prozent auf anthropogene Einflüsse zurückgeführt werden können. Eduardo Zorita, Mitautor und Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum Geesthacht, führt hierzu aus: „Aus früheren Studien wissen wir, dass ein beträchtlicher Anteil des Gletscher-Beitrags über das vergangene Jahrhundert beispielsweise noch aus der kleinen Eiszeit resultiert und nur rund 50 Prozent mit anthropogenen Faktoren in Verbindung stehen. Auf Grund unzureichender Messdaten ist der menschliche Anteil an der Ozeanerwärmung nur über die vergangenen Dekaden bekannt, in denen er etwa 90 Prozent der gesamten Erwärmung erreichte. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass anthropogene Effekte mehr als 50 bis 60 Prozent über das gesamte 20. Jahrhundert ausgemacht haben, da sich die Treibhausgasemissionen während dieser Zeit signifikant beschleunigt haben.“

Tidepegel, welche die Wasserstände entlang der Küsten messen, sind die Hauptinformationsquelle über vergangene Meeresspiegeländerungen. Ein Problem dieser Pegel ist jedoch, dass diese neben den Effekten der Ozeanerwärmung und Eisschmelze auch regionale windinduzierte Massenumverteilungen messen. Faktisch ist es sogar so, dass diese Schwankungen das Meeresspiegelsignal auf kurzen Zeitskalen dominieren. Dr. Alfred Müller, Mitautor und Professor für Mathematik an der Uni Siegen, argumentiert hierzu: „Die Windsignale maskieren jegliche Langzeitänderungen, nicht nur anthropogene, sondern auch natürliche Ozeanzyklen. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass man fast den gesamten Meeresspiegelanstieg anthropogenen Einflüssen zugeschrieben hat“.

Die Wissenschaftler wählten nun einen neuen Ansatz, bei dem sie die Einzelkomponenten vom gemessenen Signal separiert analysiert haben. Dies ermöglicht folglich eine genauere Beschreibung der natürlichen Variabilität. „Mit unserer Methodik kommen wir zu dem Schluss, dass der Mindestanteil des anthropogenen Anteils am Meeresspiegelanstieg seit 1900 rund 45 Prozent beträgt. Diese Zahl ist kleiner als bisher vermutet, stimmt allerdings besser mit unabhängigen Studien der Einzelkomponenten (z. B. Ozeanerwärmung, Gletscherschmelze) überein“, fasst Dangendorf zusammen. „Auch wenn die Werte geringer sind als bisher angenommen, ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass ein signifikanter Anteil des Anstiegs auf anthropogene Einflüsse zurückzuführen ist“, sagt Dr. Jürgen Jensen, Mitautor und Professor für Hydromechanik und Wasserbau an der Uni Siegen: „Aus diesem Grund und um Unsicherheiten zukünftiger Projektionen zu minimieren ist es daher eminent wichtig, dass wir die Einzelkomponenten sowie natürliche und anthropogene Faktoren besser verstehen.“

(idw) / Bild: Martin Fisch (CC BY-SA 2.0)[content_block id=29782 slug=ena-banner]

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Über Leonard Wüst

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