Konzert Reihe Luzern Hotel Schweizerhof , Zeugheersaal Eröffnungskonzert: „EKSTASE“, 6. September 2020, besucht von Léonard Wüst

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Das Quintett auf der Bühne in Aktion Foto Fabrice Umiglia, Festival Strings Lucerne

Besetzung und Programm:

Festival Strings Lucerne Chamber Players

Daniel Dodds, Violine
Erika Schutter, Violine
Dominik Fischer, Viola
Jonas Iten, Violoncello
Alexander Kionke, Violoncello

Luigi Boccherini
Quintett für zwei Violinen, Viola und zwei Violoncelli C-Dur G 273 op. 11/3

Franz Schubert
Quintett für zwei Violinen, Viola und zwei Violoncelli C-Dur D 956 op. post. 163
 Rezension:

Zeugheersaal im Schweizerhof

Es konnte ja niemand ahnen, dass eine Konzertreihe mit Kammermusik sich als  optimales Format und, unverhofft, teilweise, etwas auch als befreiende Notlösung in der schwierigen Pandemiesituation erweisen würde. Aber ganz im Allgemeinen ist ein Konzert dieser Art, auch vom zeitlichen Rahmen her, Beginn um 17.ooUhr bis ca. 18.3o Uhr, äusserst gut geeignet, um Leute zu begeistern,, lässt es sich doch auch mit einem anschliessenden Diner gut verbinden, man kann also den akustischen mit dem kulinarischen Genuss bestens kumulieren.

So waren denn auch die, vom Schutzkonzept her möglichen, locker bestuhlten gut 200 Plätze besetzt.

Luigi Boccherini Quintett in  C-Dur G 273 op. 11/3

Grundsätzliches zum Komponisten und Werk

Daniel Dodds Foto Fabrice Umiglia

Als virtuoser Cellist bevorzugte Boccherini die Quintett Besetzung mit zwei Celli anstelle der Wiener Besetzung mit zwei Bratschen, die man bei Mozart findet. Wohl deshalb „erfand“ Boccherini 1771 gleichzeitig mit dem in Madrid tätigen Gaetano Brunetti das Streichquintett mit zwei Violoncelli. Das Werk beginnt mit einem Amoroso, einem lieblichen Andantesatz aus lauter schmeichelnden Triolen in Terz- und Sext-Parallelen, die zwischen den Streicherpaaren hin- und herwandern. Eine Art Vogelstimmenduett sorgt im Mittelteil für klangliche Überraschungen. Das eigentlich zu Beginn erwartete Allegro wird im zweiten Satz nachgeholt, und zwar con spirito, mit italienischem Geist und Feuer. Hier konzertieren alle Instrumente, besonders aber die beiden Celli, die Boccherini oft in gefährlich hohe Lagen führt. Die Wirkung des Menuetts erklären zu wollen, wäre müßig: Seine Melodie ist schlicht ein Ohrwurm, getragen von einem raffinierten Klang aus gedämpften und gezupften Streichersaiten. Ein kapriziöses Rondo beschließt das Werk. Boccherini wurde zum ersten europäischen Komponisten, dem man Unsummen für Kammermusik bezahlte. So flossen 12.000 spanische Realos pro Jahr aus Madrid, wo er lebte, für ganze 18 Streichquintette, die er zu komponieren hatte, 1.000 Taler aus Berlin vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. für zwölf Kammermusiken jährlich. Ein Mozart hätte von solchen Summen nur träumen können. Boccherini musizierte mit Casanova und stand mit Haydn im Briefverkehr. Virtuosen wie Viotti und Rode liebten seine Werke und die Verleger verkauften sie in Rekord-auflagen. Heute ist sein, damals europaweit guter Ruf, etwas in Vergessenheit geraten, seine Werke sind relativ selten programmiert.

Die Crème de la crème der Strings auf dem Podium

Das Quintett auf der Bühne in Aktion

Nebst altvertrauten Solisten der „Strings“, also Konzertmeister Daniel Dodds, dem Bratschisten Dominik Fischer und den  Cellisten Jonas Iten und Alexander Kionke spielte Erika Schutter, welche die neue Schweizerhof-Reihe mit verschiedenen Quintett Formationen konzipiert hat, die  zweite Geige,. Das gut harmonierende Quintett demonstrierte schon in Boccherinis Streichquintett die stilistische Flexibilität, hindeutend auf die künstlerische Handschrift Daniel Dodds. Der süffig elegante Klang, der die barocken Notenlinien volkstümlicher Souplesse entgegensetzt  und das tempomässig accelerierende Finale war schlicht mitreissend, die pure Lebensfreude versprühend und hätte ebenso gut von einem übermütigen Mozart stammen können. Da waren die Celli nicht nur Mitläufer, sondern drückten zweistimmig, im Stile eines Kontrabasses, dem Stück auch ihren Stempel auf, ohne die andern Instrumente zu unterdrücken.

Franz Schubert Quintett in C-Dur D 956 op. post. 163

Die zwei mit den Violinen

Zu Beginn des ersten Satzes ist das Zeitgefühl aufgehoben. Es ist durch endlos gedehnte melodische Bögen außer Kraft gesetzt. Melodien, die kein Ende finden können, scheinen die Schönheit des Lebens wieder und wieder besingen zu wollen wie das zweite Thema der beiden Celli. Der Ausdruck ist der einer tiefen, romantischen Sehnsucht. Der Quintett Klang ist dabei von beispielloser Originalität: eine Übereinander Schichtung von Legato-Melodien, Staccato Figuren, rhythmischen Impulsen und Sforzati, die in jeder Phase des ausgedehnten Sonatensatzes neue überraschende Schönheiten, aber auch krasseste Härten offenbart.

Viola und die zwei Celli

Dominik Fischer an der Bratsche, agierte nicht nur optisch aus der Mitte heraus, sondern gestaltete das Spiel, analog einem Spielmacher beim Fussball, mal die Violinen und Celli verbindend, mal unterstreichend oder glänzte mit Solosequenzen und dem Ausmalen des Leitmotivs auf seiner Viola. Es war fast, als ob für einmal die Bratsche die erste Geige spielt, irgendwie ungewohnt, aber äusserst wirkungsvoll und passend.

Kontinuierlicher Steigerungslauf durch die vier Sätze

Das Quintett geniesst der verdienten Applaus

Die Gegensätze verschärfen sich im Adagio. Im Scherzo wiederholt sich der grundlegende Kontrast in wiederum anderer Form. Sein Hauptteil ist ein furioses, orchestrales Presto. Im dritten Satz mutiert Schubert vom Romantiker unversehens zum Dramatiker. Die Stärke der emotionalen Gegensätze führt zu Extremen in Klang und Dynamik, die alles sprengen, was man in der Kammermusik jener Zeit findet. Sie reichen vom zarten Pizzicato über Doppelgriffe und Tremoli bis zu scharf akzentuierten Synkopen, vom dreifachen Piano bis zum Fortissimo-Sforzato.

Als Gast in den Salons der Haute volée

Die fünf geniessen den stürmischen Schlussapplaus

Bei dieser Art von Konzerten fühlt man sich zurückversetzt in einen Salon der Haute volée, gar in den Prunksall eines Fürsten- oder Königshauses vor 200 Jahren. Als Zugabe für den langanhaltenden, stürmischen Applaus intonierten die fünf grossartigen Protagonisten noch das Menuetto „Bella Serenata“ von  Luigi Boccherini, welches deutlich an Mozarts kleine Nachtmusik anlehnt. Diese Konzertreihe hat durchaus das Potential, auch nach einer vollen Wiedereröffnung der grösseren Konzertsäle, ihren festen Platz im Jahresprogramm zu finden und, dank genügend Publikumsresonanz und Zuspruch, auch  zu behaupten

Kleine Fotodiashow des Kozertes von Fabrice Umiglia, Festival Strings Lucerne:

fotodiashows.wordpress.com/2020/09/08/konzert-reihe-luzern-hotel-schweizerhof-zeugheersaal-eroffnungskonzert-ekstase-6-september-2020-besucht-von-leonard-wust/

Text: www.leonardwuest.ch Fotos: Fabrice Umiglia  festivalstringslucerne.org/de/home

und weitere Fotos von:

www.hslu.ch und www.kkl-luzern.ch

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