LAC Lugano Arte e Cultura „La locandiera“, besucht von Marinella Polli

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Szenenbild La locandiera

Besetzung und Produktion:
Musikalische Leitung Antonio Latella
Sonia Bergamasco Marta Cortellazzo Wiel Ludovico Fededegni Giovanni Franzoni
Francesco Manetti Gabriele Pestilli Marta Pizzigallo Valentino Villa
Dramaturgie Linda Dalisi
Bühnenbild Annelisa Zaccheria
Kostüme Graziella Pepe
Sounddesign Franco Visioli
Lichtdesign Simone De Angelis
Regieassistent Marco Corsucci
Produktion Teatro Stabile dell’Umbria

Carlo Goldonis Komödien sind beim Publikum sehr beliebt. Themen wie Liebe, Neid, Macht und Geld, die der Venezianer nie ohne Ironie und  Sarkasmus analysiert, scheinen immer noch sehr zu gefallen. Eine neue Produktion des 1752  in Venedig uraufgeführten Bühnenstücks in drei Akten ‚La Locandiera’ (auf Deutsch oft ‚Mirandolina‘) erntete letzte Woche einen grossen Erfolg am LAC (‘Lugano Arte e Cultura’: das Kulturzentrum, das den bildenden und darstellenden Künsten gewidmet ist).

Eine neue Form der Komödie

Mirandolina, die Schauspielerin Sonia Bergamasco

 

Mit diesem Werk hatte Goldoni die Commedia dell’Arte verlassen und eine ganz neue Form des Lustspiels geschaffen: keine Masken mehr, was eine differenziertere Charakterdarstellung der verschiedenen Rollen erlaubt, sowie mehr Aufmerksamkeit für die vielen, rapiden Veränderungen in der Gesellschaft, für die neue Stellung des aufgeklärten Bürgertums der Aristokratie gegenüber, und sogar für eine mögliche Emanzipation der Frauen.

Die tolle Geschichte einer tollen Frau

La locandiera Szenenfoto

La Locandiera’, eigentlich eines der Meisterwerke des Venezianers, ist eine tolle Komödie, die die spannende Geschichte einer Wirtsfrau erzählt. Der Mirandolina, eben, in deren Absteige oder Locanda in der Umgebung von Florenz die beiden Gäste Marquis von Forlipopoli und Graf von Albafiorita wohnen. Der mittellose Marchese versucht Mirandolina mit seinem Titel zu erobern, der Conte glaubt, er könne mit seinem neuen Geld alles kaufen, Liebe inbegriffen. Genau wie diese  beiden, ist auch der eifersüchtige Hausdiener Fabrizio in die schöne Wirtin verliebt, die sich alles gefallen lässt, ohne ihnen zu sagen, dass sie sich für einen anderen Gast interessiert, den überheblichen Ritter von Ripafratta. Dieser verachtet aber alle Frauen, so dass Mirandolina ihre Spielchen beginnt, um ihn dazu zu bewegen, ……

Liebe, Geld, Intrigen, Frivolität und noch viel mehr 

La locandiera Szenenfoto

Mirandolina, die anscheinend frivole Protagonistin dieses spannenden Intrigenspiels ist eine Vertreterin des ‘schwachen’ Geschlechts, ja, eine Frau; eine selbstständige Frau, die immer imstande ist alles selber zu regeln. Man würde sie heute eine ‘bossy’ Frau definieren, die immer auf den eigenen Vorteil bedacht ist, und zwar, ohne grosse Hilfe der Männer; ausser ein paar Geschenke ab und zu, “um diese so netten Gäste nicht zu kränken”, natürlich. All dies, Nota Bene, in einer Zeit, in welcher von Gleichstellung noch nicht die Rede ist, und, erstaunlich genug, bei einem Komödiendichter des 18. Jahrhunderts.

Sonia Bergamasco fasziniert in der Titelrolle

Sonia Bergamasco (auch bekannt für Filme wie ‘Die besten Jahre’, ‘Ich und du’) erhellt den ganzen Abend mit ihrer Präsenz und fasziniert das Publikum als perfekte Interpretin einer sicher nicht einfachen Hauptrolle. Es fehlt ihr wirklich nichts: hier Leichtigkeit, da Schlauheit, da Selbstdistanz, da Melancholie. Bereits bei ihrem ersten Auftritt stellt sie Mirandolina mit allen ihren Wesenszügen, mit ihrer kämpferischen Natur und ihrer Cleverness dar. Spontan und frei, wenn sie den hässigen Ritter von Ripafranca an der Nase herumführt, ohne dass er merkt, bis zum Schluss, wenn die Melancholie, die Trauer fast, in der Komödie überwiegen. Eine grossartige Interpretation, die der talentierten Schauspielerin aus Mailand, eine beeindruckende Darstellung des Schicksals einer Frau ihrer Zeit und, höchstwahrscheinlich, aller Zeiten. Alle Klasse auch die anderen Schauspieler: Ludovico Fededegni, Giovanni Franzoni, Francesco Manetti, Gabriele Pestilli und Valentino Villa in den fünf männlichen Rollen, und die grossartigen Marta Cortellazzo Wiel und Marta Pizzigallo als Ortensia und Dejanira, die zwei Komödiantinnen, die auch in Mirandolinas Locanda unter falschen Adelstiteln logieren.

Eine plausible Inszenierung 

Mirandolina (Sonia Bergamasco) in ihrer Küche

Antonio Latella  weiss mit Wort und Bild mit der ‘Locandiera’ umzugehen. Seine Bearbeitung ist eine perfekt dosierte Mischung aus Witz, Verve, humorvollen Szenen und anderen, die eine Botschaft übermitteln wollen: für eine Frau ist es im Grunde nie leicht, glücklich zu werden – und auch darum geht es in diesem packenden Bühnenklassiker. Dass Goldonis ‘La Locandiera’ nur scheinbar eine leichte Komödie voller Konversation, Irrungen und Wirrungen ist, gelingt es dem Regisseur mühelos zu beweisen. Dazu, dass es hier – wie schon gesagt – keine Spur mehr von der Commedia dell’Arte gibt, stattdessen eine perfekte Charakterdarstellung.

Es bleibt uns nur noch zu sagen, wie das aus sparsamen Elementen (im Hintergrund eine Wand, dazu eine Kochnische, ein Tisch mit Stühlen) bestehende Bühnenbild von Annelisa Zaccheria allen Schauspielern erlaubt, auf der Bühne problemlos zu agieren. Einfach und im heutigen Stil auch die Kostüme von Graziella Pepe, nur ab und zu unnötig die Musik von Franco Visioli, adequat das Light Design von Simone de Angelis.

Text: https://marinellapolli.ch/

Fotos    Marinella Polli  Guido Buganza und Luca del Pia :https://www.luganolac.ch/it/lac/home

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LAC Lugano Arte e Cultura

La locandiera Szenenfoto

La locandiera Szenenfoto

 

Dieser Beitrag wurde am von unter kolumnen meiner gastkolumnisten, musik/theater/ausstellungen, schweizweit veröffentlicht.

Über Leonard Wüst

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