traduzione Fausto Malcovati regia Leonardo Lidi
con
Giordano Agrusta
Maurizio Cardillo
Alfonso De Vreese
Ilaria Falini
Christian La Rosa
Francesca Mazza
Angela Malfitano
Orietta Notari
Mario Pirrello
Tino Rossi
Massimiliano Speziani
Giuliana Vigogna
scene e luci Nicolas Bovey costumi Aurora Damanti
suono Franco Visioli assistente alla regia Alba Porto
produzione Teatro Stabile dell’Umbria
in coproduzione con Teatro Stabile di Torino – Teatro Nazionale, Spoleto Festival dei Due Mondi
Der italienische Regisseur Leonardo Lidi inszenierte in diesen Tagen am LAC ‚Il Giardino dei ciliegi‘ (‚Der Kirschgarten’), ein Werk das zu den meistgespielten Anton Tschechows zählt. Am Ende des Abends bedankte sich das zahlreiche Publikum bei allen Beteiligten mit einem nicht endend wollenden Applaus.
Eine tiefsinnige, gedankenreiche Komödie
Der grosse russische Dramatiker definierte sein letztes Bühnenwerk (1903-1904) eine Komödie, die manchmal, mindestens teilweise, sogar eine Farce ist. Tschechov beschreibt tatsächlich Figuren und Situationen auch im ‘Kirschgarten’ nicht ohne seine so typische Ironie und seinen Sinn für Humor; und dies, obwohl die Sache ernst ist. Es geht in der Tat um die grossen Probleme der Gutsbesitzerin Ljubow Andrejewna Ranjewskaja, die nach fünf Jahren Abwesenheit in die Heimat zurückkehrt. Sie möchte wieder auf dem grossen Gut der Familie in Ruhe leben. Ruhe wird sie aber kaum finden, denn Haus und Kirschgarten müssen versteigert werden: die Grande Dame hat viele Schulden und kein Geld mehr. Lopachin – jetzt Unternehemer und früher Leibeigener der Familie – schägt ihr vor, den Kirschgarten abzuholzen und Ferienwohnungen zu bauen, die Profit bringen würden. Was? Unmöglich. Der wunderschöne Kirschgarten seit Generationen im Besitz der Familie, der Ort ihrer schönsten Erinnerungen, soll nun versteigert werden? Ranjewskaja lehnt natürlich ab, aber…….
Eine tolle, tolle Inszenierung
Leonardo Lidi geht es in seiner Inszenierung weniger darum zu beweisen, wie auch eine ganze Gesellschaft vor ihrem Ausverkauf steht; eine Gesellschaft in einer Transitionsphase, mit anderen Worten in einer Zeit, in welcher das Altvetraute am Verschwinden ist und das noch völlig Unbekannte wie eine Drohung empfunden wird. Der Regisseur will eher ein lustig-groteskes Endspiel zeigen, in welchem sich Angst, Sehnsucht, Einsamkeit, Ohnmacht und Verantwortungslosigkeit mit Spass, Indifferenz, Oberflächlichkeit und Teilnahmslosigkeit vermischen. Hier helfen besonders auch das Bühnenbild mit viel Plastik und wenigen Requisiten von Nicolas Bovey, das punktgenaue Light Design (ebenfalls von Bovey) und die schäbigen Kostüme von Aurora Damanti. Alles geschieht mit wenig Realismus in einem Theater-Garten, wo jeder Darsteller tanzt wie er kann und wie es ihm gefällt. Eine Art Theater im Theater, dann? Nein, nicht wirklich. Vielleicht eher der Nachweis einer Hypothese des Regisseurs: auch jeder von uns hat einen Garten, indem das eigene Bühnenstück gespielt wird.
Eine hochkarätige schauspielerische Leistung
Der Abend ist zweifellos kurzweilig, nicht zuletzt auch dank des hochkarätigen und sehr disziplinierten Ensembles, welches Leonardo Lidis Konzept unterstützt. Eine grossartige Francesca Mazza verleiht dennoch der Ranjewskaja Naivität, Narzissmus und Sturheit in einem, so dass es nicht schwierig ist zu merken, dass sich alles um sie dreht. Uns haben auch Giuliana Vigogna als ihre junge Tochter Anja gefallen, Christian La Rosa als der ewige Student Tropinov und Tino Rossi als der alte Diener Firs, der einzige, der noch an die Ewigkeit der guten, alten Zeit glaubt; von allen vergessen wird er am Ende allein im verkauften Haus bleiben.
Text: https://marinellapolli.ch/
Fotos Gianluca Pantaleo https://www.luganolac.ch/it/lac/home
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