Der ganzseitige Beitrag LZ 14.12.2018 / „CKW bleiben auf Solarstrom sitzen“ erstaunt mich als Fachmann sehr. Ich möchte Ihnen mal mein Beispiel von einem heutigen 3 Fam.-Haus mit PV-Anlage und Wärmepumpe aufzeigen. Ein solches Objekt wird heute über 5 Elektrozähler (1 PV-Anlage, 1 WP und 3 Mieterzähler) abgerechnet. Die PV-Anlage produziert ganzjährig ab Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang (auch bei Nebel) Strom natürlich mit unterschiedlicher Leistung (Total 24’000kWh/Jahr). Dieser Strom wird von einem PV-Rückspeisezähler erfasst und neu ab 2019 mit nur 8 Rp./kWh von der CKW vergütet. Beziehen nun die Mieter 1-3 oder die Wärmepumpe während der Solarproduktion gleichzeitig Strom, so fliesst dieser PV-Strom innerhalb des Hauses direkt zum Eingang der 4 Elektrozähler (WP und Mieter 1-3). Ein allfälliger PV Saldo-Überschuss wird dann an das CKW-Netz zurück gespiesen, resp. die fehlende Restenergie wird vom Netz bezogen. Diese von der PV-Anlage produzierte Energie verrechnet nun die CKW den Mietern und der WP im Hochtarif für rund 20 Rp./kWh (Energie 10.23 Rp. + Netzkosten 9.59 Rp., exkl. Öff. Abgaben). Also ein super Geschäft für die CKW! Alleine die ungerechtfertigte Verrechnung der Netzkosten von 9.59 Rp./kWh ist höher als die neue PV-Entschädigung von 8 Rp./kWh.
Wenn der PV-Strom das Haus verlässt müssen wir zum Verständnis noch etwas mehr ins Detail gehen. Die Netzkosten gliedern sich in die Netzebenen 1-7:
N1 Höchstspannungs-Ltg. 220 bis 380 kV mit einem Kostenanteil von 9.6%
N2 Trafo’s Umwandlung auf 50 bis 150 kV mit einem Kostenanteil von 2%
N3 Hochspannungs-Ltg. 50 bis 150 kV mit einem Kostenanteil von 13.7%
N4 Trafo’s Umwandlung auf 10 bis 35 kV mit einem Kostenanteil von 6.3%
N5 Mittelspannungs-Ltg. 10 bis 35 kV mit einem Kostenanteil von 19.5%
N6 Trafo’s Umwandlung auf 230V / 400V mit einem Kostenanteil von 9.7%
N7 Niederspannung 230V / 400V (mit 153’000 Verteilkästen) mit einem Kostenanteil von 39.2%
Der kleine heutige PV-Anteil von ca. 2.5%-3% benötigt nur in ganz speziellen Fällen die Netzebene 5 und 6. Die unterste Netzebene 7 wird allen Hauseigentümer über die Hausanschlusskosten vom Netzbetreiber in Rechnung gestellt. Somit ist die Netzebene 7 bereits durch die Stromkunden bezahlt und es fallen keine oder höchstens anteilsmässige Netzkosten an. Verlässt im obigen Beispiel mit dem 3 Fam.-Haus die PV-Energie das 3 Fam.-Haus gelangt diese über das Hausanschlusskabel zum Quartierverteiler. An diesen Quartierverteiler werden weitere Nachbarhäuser anteilsmässig direkt mit PV-Energie versorgt. Da diese PV-Energie innerhalb der Netzebene 7 verbraucht wird, fallen auch hier keine Netzkosten an. Wiederum ein super Geschäft für die CKW nur schon über die ungerechtfertigte Verrechnung der Netzkosten mit 9.59 Rp./kWh. Sie können selber rechnen, alle PV-Anlagen speisen die ganze Solarproduktion unvergütet ins CKW-Netz (Rechnung siehe oben) ein. Diese Rechnung zu Ungunsten der Solarbetreiber gilt für alle EW’s in der Schweiz.
Nun zum Bericht LZ 14.12.2018 / „CKW bleiben auf Solarstrom sitzen“
Link auf den Artikel:
https://www.luzernerzeitung.ch/wirtschaft/ckw-bleiben-auf-solarstrom-sitzen-ld.1078288
– Die Aussage (CKW heimst höhere Margen ein) von P.R. ist richtig. Die Begründung ist jedoch mit den vorgenannten Erläuterungen zu präzisieren.
– Alle Schweizer Elektrizitätswerke bezahlen viel zu wenig für den Solarstrom. Im Gegenteil sie machen über die Netzkosten das grosse Geschäft, per se bezahlt sie für die Solarenergie eigentlich nichts.
– «Die Aussage die CKW verliert mit dem Stromhandel Geld» stimmt nicht. Beim heutigen Solarstromanteil von 2.5% – 3% werden alle Netzebenen (ausser ganz wenige Ausnahmen) entlastet. Es ist unmöglich, dass der heute kleine Anteil Solarenergie den CH-Stromhandel stark beeinflusst.
– Über die Aussage «Wir vergüten mehr als wir einnehmen» ist schlicht falsch.
– Es stimmt, alle EW’s haben Probleme expliziten Solarstrom mit Extraaufschlägen von 10 Rp./kWh und mehr an die Endkunden zu verrechnen. Aus meiner Sicht macht das auch keinen Sinn bei einem so kleinen Solaranteil von >2.5%. Die Verrechnung eines Mixpreises wäre hier sinnvoller.
– Die von den Stromkonsumenten über die Jahre bereits abbezahlte Netzebene N1 konnte teuer von den grösseren EW’s an die Swissgrid verkauft werden. Diese Tatsache hätte zu einem Aufschrei bei den Konsumenten führen sollen. Jetzt werden diese Kosten nochmals über die Swissgrid verrechnet (Swissgrid-Aktienkapital wiederum bei den EW’s).
– Die Speicherung von PV-Energie mittels Batterien ist heute noch zu teuer. Ob das je ökologisch und ökonomisch Sinn macht möchte ich hier bezweifeln. Auch die grosse Begeisterung der heute propagierten Eigenverbrauchsgemeinschaften wird sich nach meiner Meinung wieder relativieren. Würde der Solarstrom fair vergütet wären solche Massnahmen nicht nötig.
– Anstelle von Einzelbatterien sind die Pump-Speicher-Wasserkraftwerke besser geeignet.
Obwohl die Energiestrategie 2050 einen viel grösseren Anteil Solarenergie verlangt, wird diese systematisch von den Politikern und den EW’s behindert. Eigentlich eine traurige Geschichte.……. Ohne gross zu suchen könnte ich Ihnen 10 weitere Behinderungen zum Ausbau der Solarnergie aufzählen. Es empfiehlt sich das Buch «Kraftwerk Schweiz, so gelingt die Energiewende» vom ETH-Professor Anton Gunzwiler zu lesen.
Es wäre schön, wenn der Bericht LZ 14.12.2018 / „CKW bleiben auf Solarstrom sitzen“ in Ihrer Zeitung richtig gestellt würde. Eigentlich ein Thema schweizweit!
Aber eben, beim Strom ist alles so kompliziert und vermutlich fehlt das Interesse.
Freundliche Grüsse
Otto Bachmann
Eidg. dipl. El’installateur
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