Besetzung: West-Eastern Divan Orchestra | Daniel Barenboim Dirigent | Peter Seiffert Tristan | Waltraud Meier Isolde | Ekaterina Gubanova Brangäne | René Pape König Marke | Stephan Rügamer Melot
Konzertprogramm:
Kareem Roustom (Syrien,*1971)
Richard Wagner (1813-1883)
Konzertante Aufführung des zweiten Akts
«O sink hernieder, Nacht der Liebe»: Wie der Überschwang der Gefühle und die hemmungslos entfesselte Ekstase klingen, das hat niemand eindrucksvoller demonstriert als Richard Wagner. Im zweiten Aufzug von Tristan und Isolde zelebriert er einen tönenden Liebesakt – und war am Ende über die Wirkungsmacht seiner Musik selbst erschrocken: «Ich fürchte, die Oper wird verboten», schrieb Wagner an seine Muse Mathilde Wesendonck. «Nur mittelmässige Aufführungen können mich retten! Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen.» Wundern Sie sich also nicht, wenn dieses Konzert Sie in den Wahnsinn treibt … Dass Daniel Barenboims West-Eastern Divan Orchestra indes auch ganz anders klingen kann, beweist der erste Teil mit Werken des Israelis Ayal Adler und des Syrers Kareem Roustom. Ganz im Sinne Richard Wagners: «Kinder! macht Neues!»
Grundsätzliches zum Orchester:Koexistenz und konstruktive Zusammenarbeit in Harmonie ist möglich, das beweisen Daniel Barenboim und seine Mitmusiker des West Eastern Divan Orchestra immer wieder eindrücklich aufs Neue. Wer ein Konzert dieses Orchesters besucht, kommt an vergangenen und aktuellen politischen Konflikten sowie kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten nicht vorbei, ist doch das Ensemble mit Musikern besetzt, die aus Ägypten, Syrien, Iran, dem Libanon, Jordanien, Tunesien, Israel, Palästina und Andalusien stammen. Da liest keiner dem andern die Leviten, da studieren alle gemeinsam die Partitur und interpretieren dann alles wie vom jeweiligen Komponisten gewünscht und vorgegeben. Da übertönt nicht brutal die Posaune den Streicher, da knüppelt nicht der Paukist einfach mal so die Querflötistin nieder. Hier zählt nicht die Lautstärke, sondern das gegenseitige Zuhören und Respektieren. Nur im Zusammenspiel aller gelingt es, das Ganze über die Partikularinteressen des Einzelnen zu stellen.
Rezension:
Zu Beginn wurden zwei europäische Erstaufführungen geboten, beides Auftragswerke des Orchesters, auch hier ausgewogen: das eine war die Komposition des Syrers Kareem Roustom, das andere ein Werk des Israeli Ayal Adler.
Nach der Pause, im zweiten Konzertteil erlebten wir
Überragende Gesangssolisten bei der Darbietung des zweiten Akts von Richard Wagner`s „Tristan und Isolde“.
Bei konzertanten Darbietungen von Opernwerken wirken die Sänger meist ein bisschen unbeholfen und hölzern in ihren Bewegungen und ihrer Mimik, dies wohl aufgrund des ungewöhnlichen Umfeldes, der relativ kargen Bühne, kein opulentes Bühnenbild, das Orchester nicht im gewohnten Orchestergraben sondern auf gleicher räumlicher Ebene.
„Tristan“ Peter Seiffert, stimmlich, als auch körperlich voluminös und „Isolde“ Waltraud Meier harmonierten perfekt mit dem brillanten Orchester, das von Daniel Barenboim mit Gestik und Mimik zu Höchstleistungen angespornt wurde.
Wagner`s Kompositionen fordern ja bekanntlich nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Zuhörer, die Wagnerianer wohl etwas weniger als die „Neutralen“, zu denen ich auch mich zähle.
Der langanhaltende kräftige Schlussapplaus demonstrierte aber mehr als eindrücklich, dass sich alle Anwesenden einig waren, einem ebenso beeindruckenden, wie aussergewöhnlichen Konzert beigewohnt zu haben.
Videotrailer betreffend den mystischen Tristan Akkord:
https://www.youtube.com/watch?v=ZNxQJ8jQYm0
Und das ist er, der geniale, richtungsweisende Tristanakkord:
Homepage dieses einzigartigen Orchesterprojekts:
http://www.west-eastern-divan.org/
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: http://www.lucernefestival.ch/de/
www.irenehubschmid.ch www.gabrielabucher.ch www.erwingabriel.chPaul Ott:www.literatur.li