Johann Sebastian Bach (1685-1750), Toccata D-Dur BWV 912, Choralvorspiel Nun komm der Heiden Heiland BVW 659. Bearbeitung für Klavier von Ferruccio Busoni, Präludium und Fuge a-Moll BWV 543. Bearbeitung für Klavier von Franz Liszt, Choralvorspiel Ich ruf’ zu dir, Herr Jesu Christ BWV 639. Bearbeitung für Klavier von Ferruccio Busoni, Chaconne aus der Partita d-Moll für Violine solo BWV 1004. Bearbeitung für Klavier von Ferruccio Busoni
Programm: 2. Teil
Johannes Brahms (1833-1897)
Variationen d-Moll op. 18b (Klavierfassung des Variationssatzes aus dem Streichsextett op. 18)
Frédéric Chopin (1810-1849)
Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23
Ballade Nr. 4 f-Moll op. 52
Informationen des Lucerne Festivals:
Mit ihren gerade einmal 25 Jahren wäre Lise de la Salle eigentlich im besten Alter für ein Debutkonzert, aber die junge Französin gibt bereits ihr drittes Rezital bei LUCERNE FESTIVAL! Keine Frage: Bei dieser Pianistin handelt es sich tatsächlich um ein Phänomen, denn sie hat die hohen Erwartungen, die ihre frühen Auftritte weckten, mühelos zu übertreffen gewusst. Und dieses Kunststück gelang ihr durch künstlerische Ernsthaftigkeit: Nie zelebriert Lise de la Salle ihre Virtuosität als Selbstzweck, sie stellt ihre enormen pianistischen Möglichkeiten vielmehr ganz in den Dienst der Musik und einer stringenten Programmdramaturgie, bei der sich dann zum Beispiel der Variationskünstler Brahms organisch an den polyphonen Grossmeister Bach anschliesst. Lise de la Salle legt Wert darauf, dass die Werke, die sie spielt, natürlich klingen, wie ihre eigene Muttersprache: «Während des Übens versuche ich, sie mir anzuverwandeln und restlos zu eigen zu machen, und dann beginne ich, mit ihnen zu leben.»
Rezension:
Vorsichtig zurückhaltend, ja fast etwas scheu betrat die junge Französin die Bühne, begleitet von einem warmen Willkommensapplaus der Anwesenden. Bachwerke stehen an Klavierrezitals ja eher selten auf dem Programm, umso erfreulicher dann die hohe Qualität der Interpretation. Mal einfühlsam geschmeidig, dann gebieterisch und herrisch, immer dem entsprechenden Werk gerecht werdend. In sich versunken bot Lise de la Salle 40 Minuten Bach`schen Hörgenuss, vom bewegten Publikum auch entsprechend gewürdigt.
Äusserst geschickt auch die Werkauswahl für den Konzertteil nach der Pause: den etwas zurückhaltenderen Brahms (Variationen D – Moll, seiner angebeteten Clara Schumann zu deren 40sten Geburtstag gewidmet) intonierte Lise de la Salle äusserst zärtlich, ja fast intim, als ob sie Johannes Brahms Gefühlswelt nachvollziehe, was sie wahrscheinlich auch tat. Diese Interpretation war die perfekte und doch eigenständige Verbindung vom Puristen Johannes Sebastian Bach zu den nun folgenden Balladen des Bonvivant Frédéric Chopin. (Auch hier überzeugte die clevere Werkauswahl, nicht die feurigen Polonaisen oder Etuden, sondern die doch etwas ruhigeren Balladen standen auf dem Programm). Das heisst ja keineswegs, dass Chopin`s Balladen weniger virtuos und perlend sind als seine anderen Kompositionen, aber man erlebt durch die Wiedergabe von Lise de Salle, den etwas ruhigeren, poetischen, nicht so rast- und ruhelosen Komponisten. Wie auch immer: Madame de Salle: Hut ab für Bach und Brahms, Chapeau für Chopin. Das begeisterte Auditorium entliess die Interpretin natürlich nicht ohne Zugabe, die dann auch in Form einer Prélude ihres Landsmannes Claude Débussy, zu dessen Ehren und zu unserem Genuss gewährt wurde.
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: Wikipedia und www.lucernefestival.ch