Besetzung und Programm:
Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
Alan Gilbert Dirigent Anne-Sophie Mutter Violine
Alban Berg (1885–1935)
Konzert für Violine und Orchester „Dem Andenken eines Engels“
Norbert Moret (1921–1998)
„En rêve“ für Violine und Kammerorchester
Arnold Schönberg (1874–1951)
„Pelleas und Melisande“ op. 5
Rezension:
Anne-Sophie Mutter, geboren im badischen Rheinfelden, feiert in diesem Jahr ihr 40. Bühnenjubiläum bei Lucerne Festival. 1976 begann die damals 13-Jährige hier ihre Karriere im Rahmen der Reihe «Junge Künstler»; ein Jahr später trat sie als Solistin bei den Salzburger Pfingstkonzerten unter Herbert von Karajan auf. Debut bei Lucerne Festival (IMF) am 23. August 1976 mit Werken von de Falla, Paganini und Sarasate, begleitet am Klavier von Christoph Mutter, ihrem, zum Konzertpianisten ausgebildeten Bruder.
Festivalintendant Michael Häfliger begrüsste das Publikum und erklärte, dass die Abfolge der Werke wie folgt geändert werde: Vor der Pause Norbert Moret „En rêve“, dann Alban Berg „Dem Andenken eines Engels“, nach der Pause Arnold Schönbergs „Pelleas und Melisande“. Der Konzertsaal, sogar die Plätze bei der Orgelempore, restlos ausverkauft.
Dann betrat die Solistin, in flammendes Rot gekleidet, zusammen mit Dirigent Alan Gilbert die Bühne und zelebrierte das, von Norbert Moret für sie im Jahre 1988 komponierte Konzert. «Ein grossartiges, wenn auch kurzes Werk, farbig und raffiniert geschrieben», schwärmt die Widmungsträgerin. So war denn der erste Satz sphärisch, nebulös, gleichsam dampfendem Licht. Im zweiten Satz, dieses transparent Schimmernde ergänzend, feine Vibraphonsequenzen im Zusammenspiel mit der schwingenden Violine, die auch mal leicht klagend daherkam. Mutters besinnlich einschmeichelnder Ton überzeugte einmal mehr und macht ihre Interpretationen so einzigartig. Dass begeisterte Publikum bedankte sich mit langanhaltendem tosenden Applaus. Ebenso überzeugend agierten Solistin und Orchester bei einem der bekanntesten Werke der zweiten Wiener Schule, „Dem Andenken eines „Engels“, von Alban Berg. Ob früher, als umjubeltes Wunderkind und Karajan Zögling, oder heute, als gefeierter etablierter Weltstar, Ann Sophie Mutter weiss das sachkundige Auditorium immer wieder zu begeistern und darf dafür auch immer grossen Applaus ernten. So begab man sich emotional aufgewühlt und begeistert vom Gebotenen in die Pause.
2. Konzertteil mit „Pélleas und Melisande“ von Arnold Schönberg
Zuerst demonstrierten Alan Gilbert und das Orchester in kurzen Sequenzen, wie die Leitmotive geschrieben sind, welches für wen oder was steht und wie Schönberg sie miteinander verflochten, oder gegenseitig überlagert hat. Damals war Schönberg noch nicht der Wegbereiter und Initiant der Zwölftontechnik, sondern eher der noch konservative Revolutionär, der aus dem Vollen schöpfte, sei es vom Aufbau des Werkes her. Da bediente er sich Elementen seines Förderers Richard Strauss, Kompositionsgerüsten des späten Brahms und auch beeinflusst von Schuberts Klangkonstruktionen, aber alles so, dass sämtliche Spielräume geöffnet bleiben für seinen konstruktiven Ehrgeiz, seine künstlerische Freiheit, Freiräume, die vieles andeuten, aber nichts festlegen oder gar vorschreiben. Also hintergründig doch ein Schritt in seine zukünftige Tonwelt, in den Aufbruch zu neuen Klangwelten, die die zweite Wiener Schule begründen wird. Alan Gilbert, hauptberuflich Chef der New York Philharmonic, geleitete das Orchester in eine wahre Klangorgie, ein fast archaischer Ausbruch der Emotionen, überbordend ausufernd, dennoch fein ziseliert und facettenreich. Der stürmische Schlussapplaus, teilweise stehende Ovation, liess einem fast vergessen, dass wir im ersten Konzertteil ebenfalls eine Weltklassedarbietung geniessen durften.
Fotodiashow von Priska Ketterer Lucerne Festival:
Text: www.leonardwuest.ch Fotos: www.lucernefestival.ch
www.gabrielabucher.ch Paul Ott:www.literatur.li