Lucerne Festival Strings, 4. Saisonkonzert Konzert Reihe Luzern KKL Konzertsaal,Rudolf Buchbinder, Klavier & Leitung Daniel Dodds, Violine & Leitung (Orchesterwerke) , 17. Juni 2018, besucht von Léonard Wüst

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Lucerne Festival Strings

Besetzung und Programm:

Lucerne Festival Strings, Rudolf Buchbinder, Klavier & Leitung
Daniel Dodds, Violine & Leitung (Orchesterwerke)

  • Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73
  • Stephan Hodel: Auftragswerk, UA
  • Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36

Rezension:

Grundsätzliches über den Solisten Rudolf Buchbinder

Rudolf Buchbinder, Klavier & Leitung Klavierkonzert

Der ausgewiesene Beethoven Spezialist wurde als Fünfjähriger jüngster Student an der Hochschule für Musik in Wien. Sein erstes öffentliches Konzert gab er mit neun Jahren. 1958 wurde er an der Musikhochschule Wien in die Meisterklasse von Bruno Seidlhofer aufgenommen, der auch Friedrich Gulda angehörte. 1961 gewann er, 15-Jährig, mit dem Wiener Klaviertrio den 1. Preis beim ARD Musikwettbewerb des Bayerischen Rundfunks, München. 1962 erhielt er die Lipatti-Medaille.

1. Konzertteil Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73

Als Beethoven im Jahr 1809 sein 5. Klavierkonzert schrieb, war er von Kriegslärm umgeben. Napoleon Bonaparte stand mit seinen Truppen vor Wien. Das wirkte sich in zweierlei Hinsicht auf die Arbeit des Komponisten aus. Zum einen war die wirtschaftliche Existenz Beethovens unsicher geworden, weil sein Mäzen, Erzherzog Rudolf, die Stadt verlassen hatte und als Geldgeber nicht mehr zur Verfügung stand. Zum anderen nahm der Kriegslärm unmittelbar Einfluss auf Beethovens Schaffensprozess. Am Ende war ein Stück entstanden mit einer für das Genre ungewöhnlich neuen Form, in der der Solist zwischen heroischen und friedfertigen Momenten wechselt.

In England trägt das Konzert den Beinamen „Emperor“, also „Kaiser“ oder „Herrscher“. Der Pianist Lars Vogt sieht darin die „Befreiung des Individuums“: Kühn und wild kann sich der Solist am Klavier Freiheit erkämpfen. Freies Fantasieren bestimmt auch die lyrischen Teile.

Das 5. Klavierkonzert widmete Beethoven seinem grossen Gönner Erzherzog Rudolph, der bei der Uraufführung am 13. Januar 1811, bei einem halböffentlichen Konzert im Wiener Palais des Fürsten Joseph Lobkowitz,  auch gleich als Solist agierte.

Die „Strings“ hatten sich auf der Bühne eingerichtet, die Instrumente noch justiert und begrüssten dann, gemeinsam mit dem Publikum den Solisten des Abends, einen der ausgewiesen weltbesten Beethoven Klavier Interpreten, Rudolf Buchbinder.

Der Kopfsatz beginnt mit einer für die Wiener Klassik völlig neuen Einleitung – mit einem Es-Dur-Dreiklang des Orchesters, worauf das Klavier mit einer virtuosen auskomponierten Kadenz einsetzt. Hier schon setzte Buchbinder eine markante Duftnote und liess seine rechte Hand nur so über die Tasten fliegen, mittels Kopfbewegungen mit dem Orchester korrespondierend.

Schon bald nach dem Thema des ersten Satzes, das sich an die explosive Einleitung anschließt, wandelt sich das musikalische Wechselspiel zwischen Solist und Orchester in fast intime, kammermusikalische Momente.

Vor allem im langsamen Satz finden sich ungemein zarte, lyrische und suchende Momente, „Ausblicke in die Ewigkeit“ (Zitat Lars Vogt). Die weit ausschweifenden Kantilenen lassen den romantischen Klavierstil Frédéric Chopins vorausahnen. Auch zu Franz Liszt ist es nicht mehr weit. Entfernte Tonarten, rhythmisch herausfordernde Motive und dynamische Extreme bestimmen die musikalische Entwicklung. Unerwartet entpuppt sich ein absichtslos aufgefächerter Es-Dur-Dreiklang als triumphales Rondo-Thema des dritten Satzes. Die aufsteigende Bewegung überschlägt sich geradezu vor Freude.

Es gibt in dem Konzert noch eine ganz andere Seite. Ein Pianissimo im Solopart gegenüber Pizzicato bei den Streichern oder gegenüber einem einzelnen Blasinstrument. Diese Intimität ist sehr extrem. Ein Kontrast zu dem volltönenden symphonischen Charakter. Und das ist die Schwierigkeit bei der Interpretation. Nämlich diese beiden Gegensätze überzeugend herauszuarbeiten. So, dass sie auch zusammen funktionieren. (Paul Lewis, Pianist.)

Solist Rudolf Buchbinder überzeigt mit seinem virtuosen Spiel

Im Adagio un poco moto gleiten die Töne des Klaviers schwebend leicht über dem Klangteppich des Orchesters dahin, womit sich eine einzige große Idylle erschliesst.

Das Finale greift nicht mehr die martialische Seite des ersten Satzes auf. Es hat, ähnlich wie die Schlusssätze der anderen Klavierkonzerte Beethovens, tänzerischen Charakter. Die große Spannung, die dem Anfang des Konzerts innewohnte, hat sich gelöst. Buchbinder überzeugte durchwegs, ob mit den wuchtigen Harmoniesetzungen, den fulminanten, perlenden Läufen, ob mit den  filigranen Tremoli, den kraftvollen Staccati. Er spielte präzis, gefühlvoll und doch voller Dynamik, mit der nötigen Zurückhaltung oder energischem Vorantreiben,  wo geboten.

Gebannt, fast berauscht beeindruckt applaudierte das Auditorium dieser Interpretation durch den brillanten Solisten, der von einem ausgezeichneten Orchester supportiert und getragen wurde.

Als vehement geforderte Zugabe gab der österreichische Virtuose dann noch das Finale von Beethovens – Sonata op.31/2 „Sturmsonate“, was wiederum mit langanhaltendem Applaus und einigen Bravorufen gewürdigt wurde.

2.Konzertteil: Uraufführung PC 24, ein musikalischer Alpenflug (Stephan Hodel *1973)

PC-24, ein musikalischer Alpenflug von Stephan Hode

Nachdem im ersten Konzertteil der Solist gleich auch die Leitung innehatte, übernahm für den zweiten Teil Daniel Dodds das Zepter, respektive den symbolischen Taktstock. Er tat dies ausnahmsweise stehend, nicht sitzend, wie man das sonst von ihm gewohnt ist. Wahrscheinlich war das der Uraufführung des Werkes von Stephan Hodel geschuldet.

David Dodds hatte den Geistesblitz über die Entstehung des ersten Schweizer Businessjets PC 24 der Pilatus Werke Buochs ein Musikstück schreiben zu lassen, als er bei einem Spaziergang durch Luzern, ein Plakat mit dem Foto des Jets sah.

Wie Konzertmeister Daniel Dodds erläuterte, beschreibt das Werk musikalisch die Entstehung des Flugzeugs, von den ersten Skizze, über die Planung, den Bau, die Testflüge  bis zum Flug über die  Alpen und das Verschwinden in ferne Welten. Dodds beschrieb die Komposition so gut, dass auch wir Nichtmusikwissenschafter anschliessend diese Intuitionen des Komponisten problemlos nachvollziehen konnten.

Komponist Hodel lässt die Düsentriebwerke aufheulen, die Luft flirren, den Flieger beschleunigen, sich majestätisch in die Lüfte erheben. Die Strings konnten die Ideen des Komponisten perfekt umsetzen, sodass man die ganze Tondichtung vor dem geistigen Auge präsent hatte. Hätte man noch Kerosin gerochen, wär die Illusion perfekt gewesen.

Auch diese eher ungewöhnlichen  Klänge gefielen dem Publikum im gutbesetzten Konzertsaal und es spendete dementsprechend Applaus, sodass sich am Schluss auch noch Komponist  Stephan Hodel auf der Bühne feiern lassen konnte.

Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36


Konzertmeister Daniel Dodds Foto DorotheeFalke

Für diese kehrt  Daniel Dodds  wieder auf seinen Stuhl zurück und leitet die Sinfonie von  seinem Pulte aus, so auch demonstrierend, welch grosses Vertrauen er in seine Mitmusiker hat.

Das Orchester spielte sich souverän durch die Partitur, in der Beethoven im ersten Satz viel Lebensfreude und Euphorie vermittelt, während er die Musiker sich im zweiten Satz, dem Larghetto,  menuettartig, tänzerisch, aber bedächtig bewegen lässt.

Der Konzertmeister gewährte den einzelnen Instrumenten für ihre jeweiligen Solosequenzen auch genügend Raum und die Strings unterlegten dieselben immer mit einem kongenialen Klangteppich.

Die beiden finalen Sätze waren dann ein Schaulaufen für die Musiker, die für diesen tollen Konzertabend einen langanhaltenden, stürmischen Applaus ernten durften.

Text: www.leonardwuest.ch Fotos http://www.festivalstringslucerne.org/de/home

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Über Leonard Wüst

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