Lucerne Festival Moderne 7, 10. September 2013,SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg | François-Xavier Roth Dirigent | Stephan Schmidt Gitarre | Klaus Steffes-Holländer Klavier | Pi-hsien Chen Klavier | Florian Hoelscher Klavier | Julia Vogelsänger Klavier | Akiko Okabe Klavier | Christoph Grund Klavier

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luzerner saal im KKL luzern

Luzerner saal im KKL Luzern

Programm

György Ligeti (1923-2006)
Kammerkonzert für 13 Instrumentalisten
Chaya Czernowin (*1957)
White Wind Waiting für Gitarre und Orchester
Auftragswerk von LUCERNE FESTIVAL | Uraufführung
Iwan Wyschnegradsky (1893-1979)
Arc-en-Ciel für sechs Klaviere im Zwölfteltonabstand op. 37
Georg Friedrich Haas (*1953)
limited approximations für sechs Klaviere im Zwölfteltonabstand und Orchester
Rezension von Gabriela Bucher – Liechti:

Ein erster Blick auf den Bühnenteil des Luzerner Saals bestätigte, dass an diesem Abend Ungewöhnliches zu hören sein würde.

SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg

SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg

Verteilt über den Raum standen 6 Konzertflügel, ein Harmonium, ein Cembalo, eine Celesta und Stühle und Notenpulte bis in die hinterste Ecke. Im heutigen Konzert erreichten wir den Gipfelpunkt des Leitthemas, meinte Mark Sattler in der Konzerteinführung, mit dem Aufsprengen des Korsetts, der befreiten Musik, der Mikrotonalität. Und da diese Musik nicht auf einem einzigen Klavier gespielt werden könne, müssten 6 Instrumente im Zwölfteltonabstand gestimmt werden. Als Beispiel spielten Florian Hölscher und Christoph Grund Vier Fragmente op. 5 von Ivan Wyschnegradsky. Mit Chaya Czernowin, welche dieses Jahr als composer in residence amtiert, thematisierte Sattler anschliessend das Gitarrenkonzert „White Wind Waiting“, welches sie als Auftragsstück fürs Lucerne Festival geschrieben und dem Gitarristen Stephan Schmidt gewidmet hat. Das Bild der tanzenden Staubkörner im Lichtstrahl, welches sie anführte, um ihre Musik zu erklären, machte

Gitarrist Stephan Schmidt

Gitarrist Stephan Schmidt

endgültig neugierig auf das, was an diesem Abend zu hören sein würde.
Ligetis Kammerkonzert machte den Anfang. Jeder einzelne der 13 Musiker ist hier Solist, die Stimmen entwickeln sich parallel, oft aber in unterschiedlichen Tempi. Klavier und Cembalo scheinen sich anfänglich schleifend gegeneinander aufzuspielen, um sich danach wieder zu ergänzen, die Bläser legen ihre Melodien auf dieses ununterbrochene Klanggewebe, rasende Läufe von Klavier und Cembalo folgen glockenähnlichen Passagen, am Schluss löst sich das Ganze auf in der Stille, bleibt in Raum und Zeit hängen.

 

Dirigent François Xavier Roth

Dirigent François Xavier Roth

Danach folgte die Uraufführung von „White Wind Waiting“. Das von Chaya Czernowin im Vorfeld heraufbeschworene Bild erschien sofort mit grösster Präzision vor dem inneren Auge. Man konnte sich den Bildern während des ganzen Stücks kaum entziehen. Mal ist es der Wind, dann flimmernde Hitze, kreisende Insekten, eine Plastiktüte, die auffliegt, dazu eine unendliche Weite, darin eingebettet die Gitarre, umhüllt von den Bläsern, zirpend, gleissend und als kühler Wind der Bass, der sich über alles legt. Mal Geräusch, mal Musik, faszinierend, neu, anders. Zu guter Letzt ist die Gitarre versetzt mit sechs tiefen E-Saiten, die leicht gegeneinander verstimmt sind und wird vorübergehend zum Soloinstrument.

 

Wyschnegradskys Arc-en-ciel für sechs im Zwölfteltonabstand gestimmte Klaviere entstand im Jahr 1956. Auch hier ein gänzlich neues Hörerlebnis, die Pianisten schieben sich gegenseitig über die diversen Tonalitäten, eine Art Stereoeffekt entsteht, die Melodien wie Bälle, die einander zugespielt werden, eine Komposition, in der sich der Regenbogen gut erkennen lässt.

Portraitfotos der sechs Solisten am Piano:

http://innerschweizonline.ch/wordpress/lucerne-festival-moderne-7-kkl-luzerner-saal-10-september-2013-rezensiongabriela-bucher-fotos-solisten-piano/

Als letztes Werk dann Friedrich Haas „limited approximations“, ebenfalls für 6 Klaviere und Orchester. Auch hier wieder ungewohnte Klänge, von denen man oft nicht mehr weiss, welche Instrument sie gerade erzeugen, ein Zirren und Zirpen, monoton und trotzdem voller Melodien, Glissandis, die über die sechs Instrumente zu fallen scheinen, ein Gewebe von unbekannten Harmonien.

 

Orchester,  Solisten, Dirigent und die anwesende Komponistin ernteten viel Applaus. Für ungeübte Ohren war es gleichzeitig eine Herausforderung und eine Entdeckung, faszinierend durch die neuen Möglichkeiten dieser Tonalität.

Text:

gabriela bucher - liechti,homepage durch klick auf bild erreichbar

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Fotos:

homepage des lucerne festival durch klick auf bild erreichbar

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