Am 4. Luzerner Dialog Sozialpolitik diskutierten gut 90 Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung und Politik das Thema «Schutz vor Gewalt – ein öffentlicher Auftrag». Die Veranstaltung zeigte, wie die Luzerner Bevölkerung durch eine koordinierte Zusammenarbeit der involvierten Stellen vor häuslicher Gewalt geschützt werden kann. Mit der anhaltenden Corona-Pandemie gewinnt dieses tragende Netzwerk im Kanton Luzern weiter an Bedeutung. Möglichst rasch wollen die Teilnehmenden die Prävention stärken sowie die Interessen von betroffenen Kindern und Jugendlichen besser berücksichtigen.
Das Gesundheits- und Sozialdepartement lud am 26. April 2021 Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung und Politik zum 4. Luzerner Dialog Sozialpolitik ein. Aufgrund der Corona-Pandemie fand der Anlass digital statt. Im Fokus stand das Thema «Schutz vor Gewalt – ein öffentlicher Auftrag.»
Kanton Luzern verzeichnet täglich 1-2 Straftaten im Bereich Häusliche Gewalt
Häusliche Gewalt tritt in den verschiedensten Beziehungskonstellationen auf. Sie ist meist nicht ein einmaliger Ausbruch, sondern dauert über einen längeren Zeitraum an. Während der Covid-19-Pandemie rückte sie stark in den Fokus der Öffentlichkeit. Doch häusliche Gewalt findet nicht erst seit Beginn der Pandemie statt. Im Jahr 2020 wurden im Kanton Luzern 558 Straftaten im Bereich «Häusliche Gewalt» registriert, das sind 1-2 Straftaten pro Tag. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Dunkelziffer viel höher liegt.
Schweiz ist Mitglied der «Istanbul-Konvention»: Häusliche Gewalt ist nicht Privatsache
Am 1. April 2017 ist die Schweiz gemeinsam mit 45 weiteren europäischen Ländern der Istanbul-Konvention beigetreten. Es handelt sich ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, rechtliche Sanktionen einzuführen bei häuslicher Gewalt, Nachstellung, sexueller Gewalt, Zwangsheirat, Frauenbeschneidung, Zwangsabtreibung und Zwangssterilisierung. Regierungsrat Guido Graf, Gesundheits- und Sozialdirektor, betont: «Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention hat die Schweiz die Bekämpfung häuslicher Gewalt als öffentlichen Auftrag für den Bund, für die Kantone und für die Gemeinden bekräftigt. Häusliche Gewalt ist keine Privatsache.»
Gewaltbereitschaft erkennen und Straftaten verhindern
Im Kanton Luzern ist die Koordinationsstelle Gewaltprävention die kantonale Drehscheibe für Entwicklung, Umsetzung und Verankerung von konkreten Massnahmen zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt. Sie ist zuständig für die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren aus Behörden und Institutionen, die sich mit Gewaltbetroffenen und Gewaltausübenden beschäftigen. Im Rahmen dieser Koordinationsstelle ist das Kantonale Bedrohungsmanagement eine wichtige Anlaufstelle: Ihre Hauptaufgabe ist es, Personen mit einer wahrscheinlich hohen und gegen Dritte gerichteten Gewaltbereitschaft frühzeitig zu erkennen, um so schwere Straftaten zu verhindern.
Opfer von Gewalt beraten und vor weiteren Gewalttaten schützen
Menschen, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität beeinträchtigt wurden, können sich an die Opferberatungsstelle des Kantons Luzern wenden. Sie berät und unterstützt bei der Bewältigung dieser Situation und bei der Durchsetzung von den Opferrechten im Straf- und Opferhilfeverfahren. Während der Corona-Pandemie hat die Opferberatungsstelle mehr Gewaltbetroffene beraten als in den Vorjahren. Wichtig ist auch eine gute Versorgungslage mit Not- und Schutzunterkünften. Gewaltbetroffene und ihre Kinder finden dort vorübergehend Unterkunft und Hilfe. Die Finanzierung hatte der Kanton Luzern letztes Jahr von 21 auf maximal 35 Tage ausgedehnt und damit eine Massnahme der «Istanbul-Konvention» umgesetzt.
Anlass soll interdisziplinäre Zusammenarbeit aufzeigen und stärken
«Wir haben hier im Kanton Luzern wichtige Strukturen geschaffen und können auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit der involvierten Stellen aufbauen, um unsere Bevölkerung wirkungsvoll vor häuslicher Gewalt zu schützen.» Ziel des Dialogs war es denn auch, so Regierungsrat Graf, diese Zusammenarbeit zu pflegen und zu verbessern und aufgrund von Inputs und Diskussionen den Umgang mit dem Phänomen der häuslichen Gewalt im Kanton Luzern weiterzuentwickeln. «Es ist mir ein grosses Anliegen, dass wir unsere Strukturen und Massnahmen immer wieder an die gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen», sagt Graf. Auf dem Programm standen denn auch Referate, welche die Inhalte der «Istanbul-Konvention» wie auch die Angebote im Kanton Luzern thematisierten. Schliesslich beantworteten Fachpersonen auch Fragen aus dem Chat.
Prävention ausbauen, um Schutz vor Gewalt zu verbessern
Die Teilnehmenden waren sich schliesslich einig, dass die Interessen von direkt oder indirekt betroffenen Kindern und Jugendlichen vermehrt ins Zentrum von Interventionen zu stellen sind. Weiter identifizierten sie in präventiven Angeboten an Schulen zum Thema häusliche Gewalt einen besseren Schutz vor Gewalt. Die Teilnehmenden bejahten, dass häusliche Gewalt gezielt strafrechtlich verfolgt werden soll. Sie kamen zum Schluss, dass häusliche Gewalt auch im Kontext der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau zu betrachten ist.
Strategiereferenz
Diese Botschaft/Massnahme dient der Umsetzung des folgenden Schwerpunktes in der Luzerner Kantonsstrategie:
- Gestalteter Gesellschaftswandel[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]