ProduktionsteamMusikalische Leitung: Clemens Heil / William Kelley (01.03. / 17.03. / 23.03. / 22.04. / 28.04.) Inszenierung: Benedikt von Peter Bühne: Katrin Wittig Kostüme: Geraldine Arnold Licht: David Hedinger-Wohnlich Video: Bert Zander Choreinstudierung: Mark Daver Dramaturgie: Klaus Angermann, Julia Jordà Stoppelhaar
BesetzungVuyani Mlinde (Leporello) Jason Cox (Don Giovanni) Rebecca Krynski Cox (Donna Anna) Emanuel Heitz (Don Ottavio) Boris Petronje (Il Commendatore) Solenn Lavanant Linke (Donna Elvira) Flurin Caduff (Masetto) Diana Schnürpel (Zerlina) (13.01. / 18.01. / 23.01. / 27.01. / 07.02. / 17.02. / 01.03. / 23.03. / 22.04. / 08.06.) Abigail Levis (Zerlina) (20.01. / 03.02. / 16.02. / 17.03. / 28.04. / 29.05.) Carlos Isabel Garcia (Live -Kamera) Chor des LT Luzerner Sinfonieorchester
Rezension:
Don Giovanni existiert nicht, er ist bloss die personifizierte Lust und Begierde, die in jedem von uns schlummert und uns ab und an zu Voyeuren mutieren lässt. Dies macht uns Regisseur Benedikt von Peter weis, indem er diesen Verführer gar nie auf die Bühne lässt. «Don Giovanni ist als Prinzip und in seiner Radikalität eine Sehnsuchtsfigur, ein Versprechen, anders zu leben, anders zu lieben.» so Benedikt von Peter. Oder lackmeiert uns die Inszenierung gar doppelt, ist es doch so, dass in der Astronomie gewisse grosse Himmelskörper auch nur nachweisbar sind, indem man die Umlaufbahnen anderer Planeten beobachtet und daraus schliesst, dass diese Bahnen von einem grösseren Planeten bestimmt sind, dessen Anziehungskraft die Ellipsen und Geschwindigkeiten der Rotationen bestimmt und so im Gleichgewicht hält, dass sie nicht auf ihn stürzen. Bei Da Ponte und Mozart sind diese Trabanten Donna Elvira, Donna Anna, Zerlina, Masetto usw. und die Gravitation des Gestirns Don Giovannis ist zu gross, lässt seine Trabanten ins Strudeln kommen und schliesslich abstürzen.
Aufgrund Abwesenheit umso präsenter
Diese Implosion wird vom Librettisten Lorenzo Da Ponte und vom Komponisten W.A. Mozart dramaturgisch verstörend spannend chronologisiert und vom Ensemble des Luzerner Theaters grandios und ungewöhnlich umgesetzt. Indem am Luzerner Theater der Regisseur den Verführer nicht sichtbar macht, ist dieser umso präsenter. Da sind: Donna Anna, die Tochter des Komturs, die er zu verführen versucht und deren Vater er im Zweikampf tötet,( Don Giovannis Gegenspieler,der Komtur, der Inbegriff von Sitte und Gerechtigkeit). Da sind Donna Elvira, die er verlassen hat und die zwischen Liebe und Haß schwankt. Zerline, ein junges Bauernmädchen vom Lande, das seiner Werbung fast erliegt.
Ruchloser Verführer ohne Verantwortungsgefühl
Don Giovanni verkörpert eine Naturgewalt ohne Empfinden für Moral und Verantwortung. Sein Lebensziel ist es, dasjenige weibliche Wesen zu erobern, in das er momentan verliebt ist. Aber sie alle, inklusive Anhang folgen der Einladung des Sevillaners zu einem Festmahl in seinen Gemächern. So äugen wir zum Beispiel durch das, auf eine grosse Leinwand auf der Bühne projizierte Geäst eines Baumes und beobachten fasziniert das unmoralische, sitten – und zügellose Treiben des Unsichtbaren mit seinen diversen Damen, neiden ihm seine üppigen Fress- und Sauforgien, amüsieren uns schadenfreudig über die betrogenen, mit ihrem Schicksal hadernden und auf Rache sinnenden Ehemänner. Aber selbst diese sind auf eine fatale Weise gepackt vom Geschehen, lassen sich gar hinreissen, bei Orgien mitzumachen. Um sich der Rache zu entziehen und unbemerkt unterzutauchen, zwingt Giovanni seinen Diener, sich zu verkleiden und seine Rolle zu übernehmen, was dieser zuerst widerwillig, mit der Zeit aber sogar, den Damen sei Dank, freudig tut. Als es der skrupellose Verführer aber zu weit treibt und überheblich das steinerne Grabdenkmal des von ihm ermordeten Komturs vom Friedhof zum Gastmahl einlädt und den Ruf zur Buße und Reue mit 3-maligem „Nein“ zurückweist, verschlingen ihn die Flammen der Hölle.
Da war doch noch was
Ja klar, Mozarts wunderbare Musik, akzentuiert interpretiert vom Luzerner Sinfonieorchester und Valeria Polunina am Hammerflügel, unter der Leitung von Wiliam Kelley, deren Beachtung, aufgrund des spannenden Geschehens auf der Bühne, etwas in den Hintergrund gedrängt wurde, aber ebenso viel zu dieser Weltklasseperformance beigetragen hat, wie das Agieren und Singen der Darsteller, die Gestaltung des Bühnenbildes von Katrin Wittig und die Videos von Bert Zander.
Glanzleistungen der Darsteller
Der fabelhafte Vuyani Mlinde mutiert als Leporello, (Wolferl hätte seine Freude gehabt), dank aller andern grossartigen Darsteller nicht zum Alleinunterhalter, soll hier aber dennoch etwas vorhergehoben werden, legt er doch eine überragende Parforceleistung auf die Bühne. Der Chor, ab und zu auf den Balkonen agierend, wo später auch noch ein paar Streicher erschienen, fügte sich nahtlos ins Geschehen ein, auf gleich hohem Niveau performend.
Und dann war er doch noch da auf der Bühne
Den Spiegel auf so amüsante Art vorgehalten zu bekommen, lässt man sich doch gerne gefallen, meinte das gutgelaunte Publikum im praktisch vollen Theatersaal und belohnte das Ensemble mit einem stürmischen Schlussapplaus, gefolgt von einer langen stehenden Ovation, wozu er dann doch noch auf der Bühne zu sehen war, der Don Giovanni, respektive sein Nichtdarsteller Jason Cox.
Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Hoehn:
Trailer der Produktion:
https://vimeo.com/312096306#at=9
Text: www.leonardwuest.ch Fotos:Ingo Hoehn luzernertheater.ch