Luzerner Theater, Falstaff, Oper von Giuseppe Verdi, Première, 27. Januar 2018, besucht von Noémie Felber

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Falstaff,Claudio Otteli, Foto Ingo Hoehn, Luzerner Theater

Produktion und Besetzung  :

Produktionsteam:

Musikalische Leitung: Clemens Heil Inszenierung: Benedikt von Peter Bühne: Natascha von Steiger Kostüme: Ulrike Scheiderer Licht: David Hedinger-Wohnlich Choreinstudierung: Mark Daver Dramaturgie: Brigitte Heusinger

Besetzung:

Opernensemble des LT Chor des LT Luzerner Sinfonieorchester

Rezension:

Der moderne Ritter erscheint nicht auf Pferd, sondern zu Fuss. Er ist auch nicht mit Waffe und Fahne ausgestattet, sondern mit Kissen und Decke, um es sich gemütlich zu machen. Die Besucher der «Falstaff»-Premiere im Luzerner Theater werden Zeuge, wie ein komplett ausgerüsteter Ritter die Wohnung des verreisten Paares Trudi und Reto komplett für sich in Beschlag nimmt. Schnell wird allen klar: Dies ist wahrhaftig eine komische Oper. Und tatsächlich sorgt Sir John Falstaff immer wieder für Lacher im Zuschauerraum.

Ode an das Chaos

Falstaff ist ein Frauenheld, ein Flegel und ein Lüstling. Dem tugendhaften Windsor kommt dieser Eindringling überhaupt nicht gelegen. Als er seinen beiden Angebeteten denselben Liebesbrief zustellen lässt, ist das Bedürfnis nach Züchtigung bei allen Bewohnern geweckt: Der schandhafte Unruhestifter muss bestraft werden!
Die Unordnung, verkörpert durch die Hauptfigur, wird auf der Bühne richtiggehend zelebriert. Falstaff landet in einer fremden Wohnung, einer Kneipe und sogar in der Themse. Er schmeisst Salatblätter, Bierdosen und Geld umher. Seine Schandtaten machen ihn zum Opfer von Verurteilungen verschiedener Mitspieler. Als Falstaff sich zum Schluss des Stückes seiner gerechten Strafe gegenübersieht, stellt sich dem Zuschauer jedoch die Frage: Ist er wirklich die einzige böse Figur in Windsor?

Zuschauerraum oder Bühne?

Komponiert im Alter von 80 Jahren ist «Falstaff» Giuseppe Verdis einzige erfolgreiche Opera buffa und zugleich sein letztes Bühnenwerk. Das Libretto von Arrigo Boito wurde von Shakespeares «Die lustigen Weiber von Windsor» und «Heinrich IV» inspiriert. Die zweite musikalische Komödie aus Verdis Feder wurde 1893 in Mailand uraufgeführt und mit einer geschlagenen Stunde Schlussapplaus belohnt. Die italienische Oper wird in ihrer ursprünglichen Sprache aufgeführt. Die eingeblendeten und teils unterhaltsamen Übersetzungen oberhalb der Bühne ermöglichen ein genaues Verstehen der Handlung. Da sich auch Falstaff immer wieder im Auditorium tummelt und sich durch die Reihen schlängelt, werden Live-Aufnahmen des Charakters auf vier Bildschirme übertragen. So verpasst kein Zuschauer die essentiellen Handlungen des Protagonisten.

Bravissimo!

Intendant und Regisseur Benedikt von Peter setzt den Protagonisten den Blicken des Publikums aus. Bis auf die letzten paar Minuten befindet sich Falstaff komplett alleine auf der Bühne. Die restlichen Bürger Windsors mischen sich vom Zuschauerraum her in das Geschehen ein. Mit schleierähnlichen Kopfbedeckungen versehen, umgibt die Nebenfiguren eine Anonymität und soll die Allgemeingültigkeit der Handlung verkörpern.
Die Musik besteht anstelle von Arien und Duetten hauptsächlich aus Melodiefetzen, vermissen tut man aber nichts. Dirigiert von Clemens Heil schuf das Luzerner Sinfonieorchester einen klangmalerischen Teppich und eine Stütze für die Sängerinnen und Sänger. Claudio Otelli liefert in der Rolle der Hauptfigur eine starke Leistung und kann das Publikum als einzigen omnipräsenten Charakter den ganzen Abend in seinen Bann ziehen. Unterstützt wird er dabei durch weitere gesanglich auf ganzer Linie überzeugende Solisten. Besonders beeindruckend ist dabei deren schauspielerische Leistung, die aufgrund ihrer Maskierung und Absenz von der Bühne stark erschwert wurde. Ebenfalls eine hervorragende Leistung erbrachte der Chor des Luzerner Theaters.

Den langanhaltenden Schlussapplaus der Uraufführung konnte das Luzerner Publikum leider nicht bieten. Nach der Premiere gab es allerdings zahlreiche Stimmen im Treppenhaus, die sowohl die Inszenierung als auch die Darsteller lobten. Lorbeeren haben sich die Beteiligten allemal verdient. Speziell hervorheben sollte man allerdings auch die Putzequipe, die hinter Falstaff herräumen muss und die Bühne noch bis Juni 2018 sauber hält.

Szenenfotos von Ingo Hoehn

fotogalerien.wordpress.com/2018/01/26/luzerner-theater-falstaff-szenenfotos-von-ingo-hoehn/

Trailer über die Produktion:

http://www.luzernertheater.ch/falstaff

Text: www.noemiefelber.ch

Fotos:   Ingo Höhn  www.luzernertheater.ch

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