Produktionsteam:
Inszenierung: Julia Wissert Bühne und Kostüme: För Künkel Musikalische Leitung: Muriel Zemp Dramaturgie: Hannes Oppermann
Besetzung;
Sofia Elena Borsani Anna Rebecca Sehls Alina Vimbai Strähler Adina Friis (Band) Jonas Künzli (Band) Dennis Blassnig (Band)
Rezension:
Wie man früher Götzen huldigte, betet man heute die Musik – und Filmstars an, ahmt sie gar nach (u.a. auch in diversen Castingformaten im Fernsehen), mit dem Traum, selbst einmal ein, von allen bewunderter Showstar zu werden. Da war ich schon gespannt, wie Regisseurin Julia Wissert ihre erste Inszenierung am Luzerner Theater umsetzen würde. In der Box platzierte sich die Band an ihren Instrumenten. Das Outfit der drei Schauspielerinnen versprach einen goldenen Abend: die blonde Sofia Elena Borsani im goldfarbenen Hosenanzug, die dunkelhäutige Alina Vimbai Strähler mit goldfarbenen, weiten Hosen und einem gleichfarbigen durchbrochenen Pluderumhang, die schwarzhaarige Anna Rebecca Sehls im, ebenso goldfarbenen, Minikleid. Sie tänzelten sich warm zu der feinen Backgroundmusik der Band, dazu lief im Hintergrund eine kurze Diashow mit Fotos der diversen, heute zu porträtierenden, Popköniginnen.
Freiheit Nr. 1 Beyoncé Knowles (*1981)
Jede der drei Schauspielerinnen erläuterte, was sie mit Beyoncé in Verbindung bringt. Bei der einen ist das der Starrummel, der Hype um die Sängerin, bei der andern ist es die Verbindung zu Instagram und andern Social Media, die dritte zählt Feminismus und Ehemann/Rapper Jay Z auf. Ebenso ergaben sich Aussagen über Beyoncé aus vielen, fiktiv mit imaginären Passanten geführten, Interviews.
Freiheit Nr. 2 Aretha Franklin (*1942)
Mit Aretha Franklin verbinden alle drei deren turbulentes Liebes – bzw. Eheleben und ihren phänomenalen Aufstieg in den Olymp der Musikgötter ihrer Zeit, als „Königin des Soul“ verkaufte sie mit am meisten Tonträger aller Zeiten. Dazu intonierten die Protagonisten zwei ihrer Sonhs. Zuerst „Natural Woman“ aus dem Jahre 1967, einige Sequenzen wurden gar „A Capella“ zum Besten gegeben. Zum krönenden Abschluss dieser Hommage noch „Chain of Fools“, veröffentlicht 1968, immer mit den entsprechenden Diaprojektionen an der Wand hinter den Sängerinnen. Dazu zog sich, anspielend auf die diversen Hochzeiten der Franklin, Sofia Elena Borsani nach und nach Brautkleider an, zuerst einen Rock, dann ein Cape, einen Schleier usw., deren sie sich , bei Scheitern der Verbindungen, Stück für Stück wieder entledigte.
Freiheit Nr. 3 Whitney Houston (1963 – 2012)
Als Überleitung zu Kapitel «Freiheit 3» stimmt die Band deren grössten Hit «I Will Always Love You» an, bevor auf der Leinwand ein Konzertausschnitt gezeigt wird und Houston «Greatest Love Of All» singt – es ist das einzige Mal, dass die echte Stimme einer der «Popgöttinnen» zu hören ist. An Songs der als „Jahrhundertstimme“ bezeichneten Whitney Houston wagten sich die Sängerinnen nicht heran, sangen aber kräftig zu den Leinwandklängen mit. Anschliessend wurden rote Windlichter angezündet, unterlegt vom feinen Backgroundspiel der sehr guten Band, die sich nie in der Vordergrund spielte, sondern den Sängerinnen den Teppich für deren Brillieren legte.
Freiheit Nr. 4 Billie Holiday (1915 – 1959)
Es folgte die Laudatio an die grosse Billie Holiday (Musik war Billie, Billie war Musik). Basisinformationen über ihr Leben und Wirken, sie, die schon als Kind von Männern aus ihrer Umgebung vergewaltigt wurde, zeitweilig, wie ihre Mutter, ihren Lebensunterhalt als Prostituierte in Bordellen verdiente, den Aufstieg als Musikerin gegen alle Widerstände doch schaffte, um schlussendlich, ihrem Drogen – und Alkoholkonsum geschuldet, schon mit 44 Jahren, bereits Legende, verstarb. Die Protagonistinnen würdigten „Lady Day“ mit dem Song “God bless the Child“.
Freiheit Nr. 5 Nina Simone (1933 – 2003)
Die wohl aufmüpfigste, schwierigste und, zusammen mit Miriam Makeba, auch die politischste Diva des Pop aber war Nina Simone. In den 1960er Jahren engagierte sie sich in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, mit Liedern wie „Mississippi Goddam“ und „To Be Young, Gifted, and Black“, wurde traumatisiert durch die Morde an Black Panther Aktivist Malcolm X im Jahre 1965 und Babtistenpastor Martin Luther King drei Jahre später.
Freiheit Nr. 6 Mahalia Jackson (1911 – 1972)
Mahalia Jackson ordne ich eher nicht in die Kategorie „Göttinnen des Pop“, war sie doch eine klassische Vertreterin des Spiritual und des Gospel, ebenso spielten zu ihrer Glanzzeit die bewegten Bilder, vor allem das Fernsehen, noch nicht eine so bedeutende Rolle wie später. Erfolge definierten sich damals noch über die Plattenverkäufe und die gutbesuchten Konzerte. Auch weltweite Konzerttourneen waren noch nicht alltäglich, Social Media in weiter Ferne. Trotzdem erfreute sie sich auf der ganzen Welt sehr grosser Anerkennung und Beliebtheit, war durchaus das, was man heute einen Weltstar nennt.
Freiheit Nr. 7 Miriam Makeba (1932 – 2008)
Aus einer andern Welt kam die Südafrikanerin, die einen fast lebenslangen Kampf gegen die Apartheid führte. Nach einem Auslandaufenthalt verweigerten ihr die südafrikanischen Behörden die Einreise zur Beerdigung ihrer Mutter. Harry Belafonte half ihr bei der Umsiedelung in die USA und bei ersten Auftritten in Los Angeles und New York. Damit begann ihre Weltkarriere. Bei einer Rede vor der UN Vollversammlung 1963 verlangte sie den Boykott des südafrikanischen Apartheid-Regimes. In der Folge wurde ihr von der südafrikanischen Regierung die Staatsbürgerschaft aberkannt; ihre Schallplatten wurden in Südafrika verboten. Auf Bitte von Nelson Mandela kehrte sie im Juni 1990 nach Südafrika zurück und lebte ab Dezember 1990 wieder in Johannesburg.
Fulminantes Finale
Zum Schluss sind die drei Schauspielerinnen Beyoncé, wenn sie sich nach einem Refreshing am Schminktisch, den Hoody übergestülpt, in die R ’n’ B-Sängerin verwandelt haben und voller Power den Hit «Freedom» ab dem aktuellen Album «Lemonade» interpretieren, auch da kongenial unterstützt durch die grossartige Band (Schlagzeug: Dennis Blassnig, E-Piano: Adina Friis, Kontrabass: Jonas Künzli). Das Publikum verdankt die gelungene Uraufführung dieser Götteranbetung mit einem langanhaltenden, starken Applaus und applaudiert die Protagonistinnen mehrmals auf die Bühne zurück.
Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Höhn, Luzerner Theater:
Diverse Trailer der Songs
Beyoncé Knowles, Freedom
Aretha Franklin – (You Make Me Feel Like) A Natural Woman
https://www.youtube.com/watch?v=dEWuAcMWDLY
Aretha Franklin – Chain Of Fools
https://www.youtube.com/watch?v=gGAiW5dOnKo
Whitney Houston – Greatest Love Of All
https://www.youtube.com/watch?v=IYzlVDlE72w
Billie Holiday – God Bless The Child (1955)
https://www.youtube.com/watch?v=pp9yj5hcWUY
Nina Simone – Revolution (1969)
https://www.youtube.com/watch?v=qqIJtvU-WXA
Nina Simone – Sinnerman
https://www.youtube.com/watch?v=1vDZsABHUbQ
Mahalia Jackson – Summertime and I Feel Like a Motherless Child
https://www.youtube.com/watch?v=hohnr22zTxc
Miriam Makeba – Ask the Rising Sun
https://www.youtube.com/watch?v=KXLDMn_LMNk
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: www.luzernertheater.ch
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