Luzerner Theater: Premiere NORMA, 12. März 2016

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Luzerner Theater nachts

Luzerner Theater nachts

Nadja Loschky kommt zurück nach Luzern und inszeniert das grosse Melodramma «Norma». Die von Vincenzo Bellini kreierte Ausnahmerolle ist kein unschuldiges, passiv leidendes Opfer, sondern eine zerrissene Persönlichkeit unter Hochdruck, leidenschaftlich, empathisch, furios. Bellini komponierte für sie virtuos-filigrane Verzierungen und grosse dramatische Ausbrüche. In der Titelrolle am Luzerner Theater singt die Sopranistin Jutta Maria Böhnert. Dass es dem starken Frauenteam gelingt, eine ganz eigene Magie in den Theatersaal zu zaubern, hat vor zwei Jahren bereits «Alcina» unter Beweis stellen können. 

Politik und Privatleben – dieser oft unselige, leider aber unvermeidbare Gegensatz füllt nicht nur heutzutage regelmässig die Schlagzeilen. Seit Jahrhunderten bildet die heikle Verflechtung von öffentlichem Amt und individuellen Interessen die Grundlage für protestierende Bürger und spannende Dramen. Felice Romani verdichtete in seinem Textbuch zu «Norma» dieses Dilemma in einer Titelheldin, die dank einer komplexen Konfliktsituation und facettenreichen Psychologisierung zu den faszinierendsten Frauenfiguren der Operngeschichte zählt.

Eine der Keuschheit verpflichtete Priesterin liebt seit Jahren einen Vertreter der verhassten Besatzungsmacht. Zwei gemeinsame Kinder belegen bereits ihren Verrat an Amt und Vaterland. Sie wahrt den Anschein göttlicher Eingebung, beeinflusst die Politik aber zu Gunsten ihres Geliebten. Dann erfährt sie von dessen Absicht, mit einer anderen, natürlich jüngeren Frau durchzubrennen. Ihre Wut kennt keine Grenzen – und stürzt ihre Familie, ihr Volk und sie selbst in die Katastrophe.

Die Dramaturgie des Belcanto benötigte eine Primadonna in Not. Unter Rückgriff auf eine Tragödie von Alexandre Soumet zeigt der Librettist dementsprechend in seinem Melodramma «Norma» den im Vergleich zu zeitgleichen Werken erstaunlich vielschichtig angelegten Leidensweg einer Frau zu sich selbst. Vincenzo Bellini schuf dazu eine Musik, die Kontraste wirkungsvoll einsetzt, seelische Befindlichkeiten genau ausleuchtet und zugunsten der dramatischen Kohärenz oft auf Konventionserfüllung verzichtet. Die gekonnte Bildung unendlicher, elegisch grundierter Kantilenen aber, seine grösste Begabung, verbindet sich in diesem Werk mit dem zwischen Zorn und Hingabe, Macht und Selbstaufopferung oszillierenden Charakter der Hauptfigur zu einem Höhepunkt in der Ausdruckskunst der italienischen romantischen Oper.

www.luzernertheater.ch

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