Produktionsteam und Besetzung:
Choreographie: Crystal Pite Choreographie: Bryan Arias Choreographie: Tsai Po-Cheng Tanz Luzerner Theater: Martina Consoli, Zach Enquist, Rachel P. Fallon, Shota Inoue, Carlos Kerr Jr., Rachel Lawrence, Olivia Lecomte, Dor Mamalia, Sada Mamedova, Salome Martins, Aurelie Robichon, Enrique Saez Martinéz, Tom van de Ven, Dario Dinuzzi, Andrea Thompson
Rezension:
Die Ballettfreunde hatten sich eingefunden letzten Samstag, gespannt darauf, was Tanz 24:Timeless bringen würde. Die Erwartungen waren hoch nach den vergangenen hervorragenden Produktionen. Drei verschiedene Choreografien standen auf dem Programm, zwei Uraufführungen und eine Schweizer Erstaufführung. Eine Herausforderung fürs Ensemble, wie die Dramaturgin Simone Günzel in ihrer Einführung erklärte, ein Glücksfall fürs Publikum, wie sich herausstellte.
Action Movie auf der Bühne
Im ersten Stück «Niflheim», »Nebelheim» auf Deutsch, liess sich der junge Taiwanesische Choreograph Po-Cheng Tsai von asiatischer Mythologie und Action-Filmen inspirieren. Beides ist spür-, hör- und sichtbar. Die Tänzer tragen alle dieselben schwarzen Kleider, Masken und weisse Zöpfe. Gesichter erkennt man keine und mit der speziellen Beleuchtung verschmelzen die Kleider oft mit dem schwarzen Hintergrund, sodass man vor allem tanzende Arme und Beine sieht. Das erzeugt einen ganz speziellen Effekt, magisch bereits in den ersten Minuten. Die Figuren erinnern gleichzeitig an Hexen, Feen und asiatische Krieger und es entstehen unglaublich dichte, stimmungsvolle, starke Gruppenbilder. Die Musik stammt von Ming-Chien Li, eines in ganz Asien bekannten Filmkomponisten. «Action auf der Bühne» wolle er, habe der Choreograph dem Komponisten erklärt, und die gibt es auch. Mal wähnt man sich auf in einer Waldlichtung, wo bei Nacht und Nebel eine Beschwörung stattfindet. Die zeitlupenartigen Bewegungen haben gleichzeitig etwas Samtweiches und doch unglaublich Kraftvolles. Mal liefern sich die Krieger Kraftdemonstrationen und wenn sie dann im letzten Teil mit wallenden, schwarz-goldenen Röcken über die Bühne wirbeln wie Derwische, ist die Magie perfekt, das Bild betörend schön, vollkommene Eleganz. Das Publikum war hin und weg und der Applaus langanhaltend.
Unabwendbares Ende
Das zweite Stück «A picture of you falling» stammt von der preisgekrönten Kanadierin Crystal Pite. Sandra Marin Garcia, welche den männlichen Part selber schon getanzt hat, hat es mit dem Luzerner Ensemble einstudiert. Es ist, wie im Programm beschrieben, die Dekonstruktion einer Beziehung. Mann und Frau bewegen sich anfänglich einsam in Lichtkegeln, treffen dann aufeinander, suchen sich, erinnern sich, suchen Erlösung und Befreiung. Dies zu einer Frauenstimme, die immer wieder dieselben Sätze wiederholt, die Stimmung beschreibt. Und wenn sie vom offenen Fenster erzählt, vom Wind, von den Vorhängen und dem Geruch nach Salz, spürt und sieht man das selber, fühlt sich aber gleichzeitig als Voyeur, der durch eben dieses Fenster den beiden zuschaut. Man leidet mit ihnen und begleitet sie im Scheitern. Beklemmend schön und wunderbar interpretiert von Aurélie Robichon und Zach Enquist, mit einer gewissen Distanz und gleichzeitig einer unglaublichen Intensität.
Grossartiges Ensemble
Beim letzten Stück «Viewpoints» des amerikanischen Choreographen Bryan Arias tragen die Tänzer am Anfang riesige Masken. Darunter scheinen die Körper wie jene von Puppen. Ihre synchronen Bewegungen zum Lied «it seems a mighty long time» erinnern an eine Seniorentruppe, die einen Tanz einstudiert hat. Die riesige, blaue Wolke über ihren Köpfen verstärkt die Komik der Szene.
Dann platzt die Wolke, die Masken fallen und es folgen verschiedene Solis, Pas de Deux und Gruppensequenzen. Die Bühne erinnert an eine grosse, leere Fabrikhalle, die Musik besteht aus Geräuschen, Rhythmen, teilweise wie Maschinenlärm. Und wenn die Tänzerinnen und Tänzer sich ineinander verweben, sich winden und drehen, ohne den kleinsten Bruch in den Abläufen, wenn dies alles fliessend ineinander übergeht, erinnert das an ein kunstvolles Räderwerk, wo jeder Teil den anderen in Bewegung hält, antreibt, weiterbringt. Gerade in diesem Stück kann das Ensemble sein ganzes Können zeigen und beweist, dass es auch in dieser vor noch nicht allzu langer Zeit erneuerten Besetzung wieder zu einem unglaublich homogenen Ganzen zusammengewachsen ist. Die Erwartungen wurden erfüllt, einmal mehr, das Premierenpublikum zeigte sich begeistert.
Kleine Fotodiashow der Produktion von Ingo Gregory Batardon, Luzerner Theater:
fotogalerien.wordpress.com/2017/05/06/luzerner-theater-premiere-tanz-24-timeless-samstag-6-mai-2017/
Kurzer Trailer der Produktion und Interviews:
http://www.luzernertheater.ch/timeless
Text: www.gabrielabucher.ch Fotos: luzernertheater.ch