„Haben sie’s schon gesehen“, fragt eine ältere Dame eine der Garderobieren des Theaters. „Nein“, sagt diese, „aber es soll gut sein, die Leute rühmen es. Ich wünsche ihnen viel Vergnügen“.
Vergnügen hatten die Besucher durchaus am letzten Mittwoch bei der Aufführung von „Kiss me, Kate“. Denn das Musical hat so einiges zu bieten für Ohr und Auge. Der Swing sitzt bereits beim Einstimmen im Orchestergraben und macht sich im Saal breit. Die nicht ganz alltäglichen Töne machen neugierig auf das, was kommen wird. Chor und Solisten in ihren farbigen Morgenmänteln helfen mit viel Verve über den leicht langatmigen Einstieg in die Geschichte. Auffallend aber bereits hier die Spiellust und –leidenschaft von Marie-Louise Dressen als leicht naive und gleichzeitig aufreizende Lois Lane/Bianca. Flurin Caduff und Carlo Jung-Heyk ergötzen als trottlige Gauner mit gelungen Slapstick Einlagen und herrlich witzigen Kostümen. Todd Boyce als Fred Graham/Petruchio und die feurige, widerborstige Madelaine Wibom als Lilli Vanessi/Katharina ergänzen sich perfekt und geben optisch und stimmlich ein tolles Paar ab. Die Tanzeinlagen bestätigen einmal mehr das hohe Niveau der Luzerner Truppe. Und dann ist da die Musik, schmachtend, swingend, fetzig, sogar gestandene Theaterbesucher lassen sich zu einem verstohlenen Kniewippen und Fingertippen hinreissen. Was die farbigen, Shakespeare’schen Kostüme betrifft, löste die doch recht prominent verpackte Männlichkeit bei den im Saal anwesenden Schülern zwar anfänglich etwas Belustigung aus, glücklicherweise legte sich diese aber nach einer Weile. Das Bühnenbild hat etwas leichtfüssiges, unkompliziertes, ermöglicht einen schnellen Wechsel zwischen den verschiedenen Theaterebenen und akzentuiert diese so.
Das Vergnügen steigerte sich nach der Pause zeitweise in Begeisterung, vor allem in der ersten Szene des zweiten Aktes: Da steht Bianca im verrauchten Lichtkegel in ihrem engen, schwarzen Glitzerkleid mit weisser Pelzstola und flirtet was das Zeug hält mit Mikro und Publikum, während sie mit lasziven Bewegungen ein grossartiges „Too darn hot“ hinlegt. Zusammen mit den Tänzern in schwarzen Fracks, welche in einer mitreissende Choreografie über die Bühne fegen, entsteht das perfekte Cabaret-Feeling, irgendwo zwischen rauchig-kühl und erotisch-schwül, ein grossartiges Bild, welches einen herzhaften und sehr verdienten Szenenapplaus auslöste.
„Kiss me, Kate“ bietet durchwegs grosses Vergnügen und zeigt wie wandelbar und vielfältig das Luzerner Ensemble ist.
Fotodiashow der Aufführung im Luzerner Theater über diesen Link:
Inszenierung Dominique Mentha, musikalische Leitung Florian Pestell, Bühne Werner Hutterli, Kostüme Mechthild Feuerstein, Licht David Hedinger, Dramaturgie Dr. Christian Kipper
Besetzung: Marco Bappert Gremio, Todd Boyce Fred Graham/Petruchio, Flurin Caduff Ganove 2, Carlo Jung-Heyk Cho Ganove 1, Szymon Chojnacki Lucentio, Marie-Luise Dressen Lois Lane/Bianca, Renata Kälin Hattie, Christoph Künzler Harry Trevor/Baptista/Harrison Howell, Robert Maszl Bill Calhoun/Hortensio, Sean Stephens Paul, Madelaine Wibom Lilli Vanessi/Katharina
Text: www.gabrielabucher.ch
Kurzer Film der Produktion: http://art-tv.ch/10358-0-Luzerner-Theater-Kiss-Me-Kate.html
Fotos: www.luzernertheater.ch Ingo Höhn