Besetzung und Programm:
Budapest Festival Orchestra
Dirigent Iván Fischer, Francesco Piemontesi, Solist am Piano
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58
Felix Mendelssohn-Bartholdy
Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 „Italienische“
Rezension:
Ein Orchester-Chor singt Fanny Mendelssohn
Ein Dienstagabend im ausverkauften Kultur Casino Bern. Im Rahmen der Migros-Kulturprozent-Classics spielt anlässlich der Tournee IV das Budapest Festival Orchestra unter der Leitung von Iván Fischer. Das 1983 als Projektorchester für junge Talente gegründete Ensemble ist nach wie vor mit vielen jungen Musikerinnen und Musikern bestückt. Interessant ist die Platzierung der Bässe hinten auf dem Podium, das lässt einen etwas tiefer gestaffelten Klang entstehen.
Das von seiner Programmierung und von der Spielfreude des Orchesters her publikumsfreundliche Konzert beginnt mit Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21, uraufgeführt am 2. April 1800 im Wiener Hofburgtheater. Schon hier entsteht der Eindruck, dass für dieses kompakte Orchester, das mit viel Leidenschaft spielt, das Kultur Casino ein beengender Raum ist. Man würde sich eine solche Aufführung einmal in der Sommerfrische in einem Musikpavillon wünschen.
Mit Ludwig van Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58 betritt der junge Schweizer Pianist Francesco Piemontesi die Bühne. Es ist ein stimmungsvolles Konzert, das neben zwei längeren Solopassagen ein überzeugendes Miteinander von Solist und Orchester begünstigt. Herauszugrübeln, wann allenfalls etwas nicht ganz gestimmt hat, ist Mäkeln auf hohem Niveau. Möglicherweise gab es in den ersten drei Minuten gewisse Abstimmungsprobleme zwischen dem jungen Pianisten und dem Orchester. Das ging beim engagierten Spiel jedoch schnell vergessen, und das Publikum dankte es mit grossem Applaus.
Als Solozugabe intonierte Francesco Piemontesi ein Stück, das wir wieder einmal nicht kennen, möglicherweise war es eine der Préludes von Chopin, die der Pianist als CD herausgebracht hat.
Nach der Pause spielte das Budapest Festival Orchestra die Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 „Italienische“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Der Komponist meinte bei der Entstehung: „Sie ward das lustigste Stück, das ich je gemacht habe.“ Iván Fischer führt sein Orchester zu einer wie beim ganzen bisherigen Abend schön gespielten Interpretation. „Ungarn spielen einen jüdischen Deutschen, der sich Italien vorstellt“, meinte mein Begleiter. Aus der Italiensehnsucht entsteht weniger südliche Leichtigkeit als vielmehr östliche Schwermut und glühende Leidenschaft.
Originell und witzig dann die Zugabe. Das Orchester stellt sich zu einem Chor zusammen und singt ein Lied von Fanny Mendelssohn. Ein professioneller Chor hätte es wohl besser gemacht. Geschenkt. Wann hat man so etwas schon erlebt! Ein herzliches Danke an Iván Fischer und sein Budapest Festival Orchestra!
Text: Paul Ott/Paul Lascaux:www.literatur.li
Fotos: www.migros-kulturprozent-classics.ch/de/home und Wikipedia
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