Besetzung und Programm:
Sächsische Staatskapelle Dresden
- Christian Thielemann (Dirigent)
- Denis Matsuev (Klavier)
Carl Maria von Weber – Ouvertüre zur Oper „Oberon“
Franz Liszt – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 A-Dur
Johannes Brahms – Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98
Rezension:
Die Sächsische Staatskapelle Dresden ist wohlbekannt in der Innerschweiz und jährlich an einem der Lucerne Festivals präsent und ebenso im Rahmen von Tourneen des Migros – Kulturprozent – Classic, wie an diesem Abend, in Begleitung des russischen Klaviervirtuosen Denis Mazujew (*11. Juni 1975 in Irkutsk).Auch der Russe ist in Luzern wohlbekannt und gern gesehen, bzw. gern gehört. Die Protagonisten wurden an diesem Migros Kulturprozent Classics Konzert im total ausverkauften Konzertsaal des KKL mit enthusiastischem Applaus willkommen geheissen. Karten für das Konzert wurden auf dem Europaplatz vor dem KKL fast wie Wertschriften gehandelt.
Brillanter Konzertauftakt mit Carl Maria von Webers Oberon Ouvertüre
Die am 12. April 1826 unter der musikalischen Leitung des Komponisten im Royal Opera House Covent Garden in London uraufgeführte Ouvertüre ist eher selten in einem Konzertprogramm gelistet, schade, hat sie doch, wenn so brillant wie von den Sachsen vorgetragen, einiges zu bieten. Beginnend mit romantischen Hornklängen und sanften Violinen, unterstützt von kurzen Einwürfen der Oboe und der Klarinetten, weitergeführt durch Trompetenklänge, alles schlussendlich unterlegt von den Streichern. Diese übernehmen schliesslich vehement das Diktat und absolvieren einige furiose Passagen, sodass man vor seinem geistigen Auge, förmlich die Elfen über die Konzertbühne schweben sah. Thielemann, höchst konzentriert und angespannt, führte zügig durch die Partitur. Die Musiker wurden für diesen aussergewöhnlich furiosen Start in den Konzertabend mit grossem, stürmischem Applaus bedacht.
Franz Liszt – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 A-Dur
Das zweite Klavierkonzert von Franz Liszt ist, für diesen Komponisten, eher untypisch, da viel weniger kaskadenartige Staccato als die andern seiner Werke, weniger für den spektakulären Effekt geschrieben und ruhiger, trotzdem technisch äusserst anspruchsvoll.
Nachdem der Steinway Flügel gerichtet war, betrat, unter grossem Applaus, der Solist des Abends, Denis Matsuev, die Bühne. Das Orchester baut die Komposition, beginnend durch die Holzbläser, langsam feierlich dramatisch auf, in die der Solist dann einige flinke Läufe einfügt, die überflogen werden von einer Solosequenz des Horns, bevor der Pianist einige donnernde Tonkaskaden hin hämmert, die dann vom Orchester aufgefangen und weitergetragen werden. Matsuev, eher der Stoiker, agiert kaum mit Körper und Gesten, was weniger stark nach aussen transportiert, wie schwierig die Partitur ist. So kommt dieses Werk weniger spektakulär rüber, als dies bei einem extrovertierten Showpianisten wie z.B. lang Lang der Fall ist. Der feinfühlige Russe dagegen, feilt lieber an den Nuancen in den ruhigeren Passagen, die er akzentuiert herausarbeitet, wie er es besonders ergreifend im Dialog mit dem Cello (Friedwart Christian Dittmann) zelebrierte.
Die Künstler, insbesondere der Solist durften einen verdienten, langanhaltenden Applaus entgegennehmen, die den Pianisten immer wieder auf die Bühne zurück rief, bis er doch noch eine kurze Zugabe gewährte und dann das begeisterte Publikum in die Pause entliess
2. Konzertteil Johannes Brahms – Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98
Hier kam die personelle, aber auch musikalische Grösse des Orchesters voll zum Tragen, manchmal drohte die Ausführung durch Thielemann aber fast ins Brachiale zu kippen, besonders in den Tutti wo er mittels vollem Körpereinsatz das Orchester vorwärtspeitschte, wogegen er die solistischen Passagen fein und gefühlvoll herausarbeitete, die Anleitungen nur mittels Fingerzeichen, Kopfbewegungen und Mimik vermittelte
Zu Beginn der Sinfonie heben die Geigen an mit einer getragenen Sehnsuchtsmelodie, die scheinbar aus dem Nichts kommt. Und doch ist bereits hier Brahms, der Konstrukteur, am Werk, denn das Intervall der Terz, das dieser Melodie zugrunde liegt, prägt den weiteren Verlauf der Sinfonie entscheidend. Im 1. Satz beherrscht es die Entwicklung, kehrt in den Folgesätzen sporadisch wieder, und wenn im Finale das düstere Chaconne-Thema erklingt, besteht auch hier die Basslinie aus einer wuchtigen Terzen Kette.
Der Sachsen fulminanter Ritt durch die Brahmsche Partitur
Dem Auditorium schien dieser Ritt durch die Partitur in der von den Protagonisten gebotenen Rasanz und Lautstärke, der in einem furiosen Finale endete, gefallen zu haben, überhäufte es die Sachsen doch mit tosendem Applaus und vereinzelten Bravorufen, auch die einzelnen Register durften sich über einen Extraapplaus freuen, zu einer stehenden Ovation reichte es aber nicht ganz.
Christian Thielemann, der Hans Dampf in allen Gassen?
Der ausgewiesene Wagner Spezialist Christian Thielemann ist, nebst seiner Tätigkeit bei der Sächsischen Staatskapelle und an der Semper Oper, ja auch noch musikalischer Direktor der Bayreuther Festspiele und ebensolcher bei den Osterfestspielen in Salzburg, wo „sein“ Orchester auch gleich noch das Residenzorchester ist. Zudem wird Christian Thielemann 2019 das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker dirigieren. Zudem hat er viele Berufungen, als Gastdirigent bei einigen der weltbesten Orchestern tätig zu sein, also ein dicht gedrängtes Programm für den 59jährigen, gebürtigen Westberliner.
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/
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