Migros – Kulturprozent – Classics präsentiert: Philharmonia Orchestra London, KKL Luzern, 30. Oktober 2015, besucht von Léonard Wüst

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Philharmonia Orchestra London

Philharmonia Orchestra London

Programm und Besetzung:

Richard Dubugnon
Caprice für Orchester Nr. 1 op. 72, Kompositionsauftrag Migros-Kulturprozent-Classics
Johannes Brahms
Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77
Jean Sibelius
Sinfonie Nr. 5 Es-Dur op. 82

Esa-Pekka Salonen (Leitung)

Arabella Steinbacher (Solistin Violine)

Rezension:

 

Mit dem von Richard Dubugnon komponierten Auftragswerk des Migros – Kulturprozent – Classics: Caprice für Orchester Nr. 1 op. 72 startete das Orchester furios in den Konzertabend. Der, trotz seinen 57 Jahren, immer noch sehr sportlich – jugendlich wirkende finnische Dirigent ging die Komposition zügig an, welche vom Schweizer Komponisten, orientiert am romantischen Sinfonieorchester ( doppeltes Holz, vier Hörner, je drei Trompeten und Posaunen und einer Pauke, aber ohne Zusatzinstrumente) orchestriert ist. Dabei lässt Dubugnon die drei Orchestergruppen Streicher, Holz – und Blechbläser virtuos aufeinanderprallen. Die Pauke, mit umfangreichem solistischem Part, steht für sich, quasi als eine Art Schiedsrichterin. So kam auch das volle Klangvolumen des zahlenmässig gross besetzten Londoner Orchesters zum Ausdruck und die Freude und das Engagement der Musiker war förmlich spürbar und motivierte auch die Besucher im gut besetzten Konzertsaal. Das Werk ist als monothematischer Satz angelegt, also nur ein einziges prägnantes Thema das verschiedenen Veränderungen unterworfen ist , von rhythmisch zupackend bis lyrisch episch entspannt, dabei besteht es aus einer aufsteigenden und einer absteigenden Phrase, was der Interpretation zusätzliche Räume gewährt, die Salonen auch nutzte zu einer überzeugenden Umsetzung von Dubugnons Ideen. Eine Besonderheit ist der unerwartet abrupte Schluss, wo sich alles ins Nichts auflöst. Das Publikum honorierte diese zeitgenössische Komposition mit reichlich Applaus und der Dirigent bat den anwesenden Richard Dubugnon auf die Bühne, wo dieser einen Extraapplaus abholen durfte.

Es folgte das nominelle Kernstück des Abends: Brahms Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77., wo Brahms dem Orchester die gleiche Bedeutung wie dem Soloinstrument beimass, besonders deutlich durch das Oboen Solo zu Beginn des 2. Satzes. Deshalb, aufgrund der schwierigen Läufe für den Solopart, auch für Nichtmusikwissenschaftler unschwer zu erkennen, dass dieses Werk von einem Pianisten geschrieben wurde.

So bemerkte etwa der spanische Geigenvirtuose und Komponist Pablo de Sarasate (1844 – 1908), er wolle nicht mit der Geige in der Hand der einzigen Melodie des ganzen Stückes lauschen.

Die in München geborene Geigenvirtuosin Arabella Steinbacher (Echo Klassik-Nachwuchskünstlerin des Jahres 2007) betrat sehr selbstsicher die Bühne, gekleidet in ein türkisfarbenes Kleid, sich auch der optischen Wirkung durchaus bewusst. Die Zeiten der spröden, introvertierten Geigenmauerblümchen sind seit Anne Sophie Mutters Karrierestart definitiv vorbei. Die eurasische Solistin (Mutter war Japanerin) spielt zurzeit die Booth Stradivarius (1716). Sie packte den Stier bei den Hörnern, respektive die Notenabfolge in ihrer Einzigartigkeit, löste sich aus dem Klangkörper, um, nach atemberaubenden Zwischensoli, sich wieder souverän ins Ganze einzufügen. Dabei entwickelte sie in den ganz romantischen Passagen viel Schmelz, lief aber nie Gefahr ins süss – zuckrige abzugleiten. Eine grandiose Demonstration von Können, Souveränität und Ausstrahlung, unterstützt durch ein hervorragendes Orchester, geleitet von einem ebensolchen Dirigenten, belohnt durch frenetischen, langanhaltenden Applaus, für den sich die Solistin mit einer kurzen Improvisation als Zugabe bedankte.

Gutgelaunt aus der Pause zurückgekehrt, reichten die Protagonisten Jean Sibelius 5. Sinfonie dar, traditionell, stilsicher, ohne dass Salonen das Werk seines Landsmannes unbedingt neu erfinden wollte und das war genau richtig nach dem grandiosen ersten Konzertteil, der schwerlich zu übertreffen war, vor allem nicht durch eine ungewohnte Umsetzung der Komposition Sibelius`. Dass dies auch das sachkundige, dankbare Publikum so sah und goutierte, bekundete der langanhaltende Schlussapplaus, der durch die Zugabe des „Valse triste“ (auch eine Sibeliuskomposition) durch die Künstler belohnt wurde. Einmal mehr ein Glanzpunkt in der Reihe der Konzertreihe des Migros – Kulturprozent – Classics.

Arabella Steinbacher – Video Portrait:

www.youtube.com/watch?v=Z2KrAe-Vs5A

Text: www.leonardwuest.ch

Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/de/Home

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