Kürzlich habe ich über die Grünen geschrieben. Gemeint sind Spargeln. Da waren die Weissen ganz schön eifersüchtig. Damit die Kirche im Dorf bleibt – denn die Weissen haben jetzt Hochsaison.
Jetzt sind Spargeln einfach nur Spitze
„Es kann nur der kochen, dem die Kunst gelingt, Spargel ohne Zutat in wonnigster Vollendung aufzutischen! Das Zitat stammt vom Feldherrn und Feinschmecker Lucullus (117 bis 57 vor Christus). Offenbar haben also schon die Römer Spargeln als spezielles Gemüse verlustiert. Und dass Spargeln auch in der Heilkunde einen grossen Stellenwert einnehmen, ist ebenfalls seit alters her unbestritten. So empfahl der griechische Arzt Hippokrates Spargeln gegen Hautkrankheiten, Herzprobleme und Bluthochdruck.
Ohne Messer
Noch in den letzten Fünfzigerjahren gehörte es zum guten Ton, Spargeln auswärts zu essen. Ich durfte damals mit meinen Eltern mitgehen, ins „Silbersäli“ des damaligen Bahnhofbuffets Luzern,1. Klasse, notabene. Mir machten die Gastgeber, die Gebrüder Pfenniger, mit den weissen Handschuhen und den ergebenen Bücklingen bedeutend mehr Eindruck als das Spargelessen. Das war nämlich ordentlich kompliziert für einen 10-Jährigen. Denn Spargeln mit dem Messer zu schneiden, war ein Verstoss gegen Anstand und Sitte. Jede einzelne Stange wurde mit der linken Hand auf die Gabelspitze gehievt und so sorgfältig mit der rechten Hand zum Mund geführt. Das tragen eines Esslatzes war dringendst empfohlen. So konzentrierte ich mich halt mehr auf das Weissbrot, das schicke Ambiente und die hausgemachte Mayonnaise. Und amüsierte mich ob der kuriosen Tischmanieren.
Dazu gibts heute weniger Grund, sind doch Messer und Gabel nach Knigge salonfähig geworden.
Strunk statt Spitze
Oder im Luzerner «Palace» hatten wir in den Sechzigerjahren eine Gruppe Amerikaner, die schnitten doch glattweg die Spitzen ab und assen den hinteren Teil!
Die Bestätigung dieser Spargel (Un-)Kultur lieferte mir kürzlich ein Berufskollege. Er erzählte, dass in den Neunzigerjahren in Kolumbien Monokulturen von Spargeln gepflanzt wurden – für den Export in die USA. Allerdings nur die Stängel – die Spitzen wurden von den Einheimischen selber gegessen und als Leckerbissen eingemacht.
Frische beim Einkauf beachten
Anhand des Zustands des Triebes an der Schnittstelle kann abgeschätzt werden, wie lange Spargeln schon lagern. Möglichst hell und feucht sollte diese Stelle sein. Mit jedem Lagertag verlieren Spargeln an Saft. Sie werden zäh und holzig. Will man gekaufte Spargeln erst am folgenden Tag servieren sollte man sie nach dem Einkauf in ein feuchtes Tuch wickeln und in den Kühlschrank legen.
Schälen
Spargeln sollten vor dem Schälen gewaschen werden, insbesondere wenn die Schalen und Stielansätze für eine Spargelsuppe verwendet werden. Spargeln werden immer von oben nach unten geschält, ohne die Spitze selbstverständlich. Bei grünen nur gegen das Ende etwas schälen. Je näher man ans Spargelende kommt umso dicker sollte in der Regel die Schale weggeschnitten werden. Kontrolle: „Glänzende Bahnen“ noch nachschälen.
Erst nach dem Schälen werden die holzigen Enden weggeschnitten. Bei sehr frischen Spargeln sind das oft 1 bis 2 Zentimeter (oder fast gar nichts), bei älteren 4 bis 5.
Kochen kein Kunststück
Spargeln lässt man in reichlich und leicht gesalzenem Wasser mit wenig Zucker, einem Gutsch Weisswein (und einen Schluck für den Koch) und etwas Butterflocken 15 bis 20 Minuten sanft köcheln. Am besten sind Spargeln, wenn sie noch leicht „bissig“ sind. Anrichten auf einer gefalteten Serviette zum trocknen, denn nasse Spargeln verbinden sich schlecht mit den Saucen. Den feinen Fond kann man auch für eine Spargelsuppe verwenden.
Was heutzutage sehr „In“ ist – die Spargeln zu „steamen“.
Dampfgaren also.
Beilage
Was passt zu Spargeln? Meine Mutter servierte zu Spargeln neue Bratkartöffelchen und Rührei (das war einfacher als eine hausgemachte Sauce Hollandaise) Mayonnaise und gekochten oder geräucherten Schinken tischte meine Mutter dazu auf.
Heute werden die kreativsten Kompositionen mit Fisch, Fleisch und Huhn vorgestellt. Auch mit Gitzi oder Kaninchen. Oder Spargeln in Terrinenform oder als samtige Mousse. Wie auch immer: Spargeln sind jetzt einfach Spitze. Nach der Überlieferung sollten sie bis zum Johannistag am 24. Juni geerntet werden, wie übrigens auch der Rhabarber. Aber wir
haben erst Ende April, vorerst darf man also herzhaft zugreifen.
Und jetzt braucht man dann nicht mehr (kann man ja momentan auch nicht), über die Grenze für einen Spargelschmaus zu reisen. Dafür braucht es etwas Geduld bis die Schweizer Spargeln auf dem Markt sind. Aus fast allen Regionen der Schweiz.
Was trinkt man zu Spargeln?
Schweizer Weine passen hervorragend. Als Innerschweizer habe ich kürzlich einen hervorragenden „Blanc de Noir“ vom Südhang in Eschenbach LU verkostet und die Assemblage Chardonnay/Muscat/Kerner aus gleichem Hause.
Bon Appetit et large soif!
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Text: www.herberthuber.ch
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