Der Schweizerische Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS) präsentierte in Bern vor 430 Fachleuten die neue Norm SN 640241, welche die Anforderungen an eine sichere Fussgängerstreifenanlage regelt. Sie ist ein praxistauglicher Kompromiss, der ein hohes Mass an Sicherheit bietet – vor allem durch die höheren Anforderungen an die Sichtverhältnisse. Verstärkt wurde auch die Forderung nach Fussgängerschutzinseln. Zudem sind in Tempo-80-Bereichen keine Fuss-gängerstreifen mehr zulässig. Die neue Norm gilt seit 31. Januar 2016.
«Wir können heute eine Supernorm präsentieren», sagte Patrick Eberling, Leiter Verkehrstechnik bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) anlässlich der Fachtagung zur neuen Fussgängerstreifennorm SN 640241 in Bern. Eberling ist Mitglied der VSS-Arbeitsgruppe «Fussgängerstreifen», die sich aus Vertretern des Bundesamts für Strassen (ASTRA), der bfu sowie aus Ingenieuren und Beamten für Verkehrssicherheit zusammensetzt. Die Arbeitsgruppe erhielt im September 2013 vom Bund den Auftrag, eine neue Norm aus-zuarbeiten.
Das nun vorliegende Resultat ist laut Lukas Ostermayr, Präsident der Arbeitsgruppe, ein «praxistauglicher Kompromiss», denn eine perfekte Norm aus Sicht der Sicherheit bringe nichts, wenn sie in der Praxis nicht angewendet werde. «Die neue Norm ist anwenderfreundlicher als die alte und bietet gleichzeitig ein hohes Mass an Sicherheit», erklärt Ostermayr.
Die Sicherheit auf Fussgängerstreifen wurde in der neuen Norm mit einigen Neuerungen oder Verschärfungen erhöht. Beispielsweise gelten deutlich höhere Anforderungen für die Sichtverhältnisse bei Fussgängerstreifen. Bei der Sichtweite (Distanz, aus der sich Fussgänger und Fahrzeuglenker sehen können) ist neu ein Annäherungsbereich und nicht mehr nur ein Sichtpunkt für die Beurteilung massgebend. Die notwendige Sichtweite entspricht der minimalen Anhaltedistanz für Fahrzeuge und ist in Abhängigkeit der gefahrenen Geschwindigkeit festgelegt. Weiter wurde neu eine sogenannte Erkennungsdistanz (Distanz, aus welcher Fahrzeuglenker die Fussgängerstreifenanlage erkennen) in die Norm aufgenommen. Sie sollte doppelt so gross sein, wie die notwendige Sichtweite.
Eine grosse Steigerung der Sicherheit bringt auch die verstärkte Forderung nach Fussgängerschutzinseln, die bei einer Fahrbahnbreite von mindestens 8,5 m oder bei mehreren Fahrspuren in derselben Richtung zwingend angebracht werden müssen. Zudem sind Fussgängerstreifen nur noch in Bereichen zulässig, wo die signalisierte Geschwindigkeit oder die sogenannte V85 (Geschwindigkeit, die von 85 % der Fahrzeuge nicht überschritten wird) kleiner oder gleich 60 km/h ist. Das heisst beispielsweise, dass in schnell befahrenen 50er-Abschnitten, wo die V85 grösser als 60 km/h ist, kein Fussgängerstreifen ohne Lichtsignalanlage mehr angeordnet werden darf oder vorgängig Massnahmen zur Reduktion der gefahrenen Geschwindigkeit ergriffen werden müssen.
Mehr Details zur neuen Norm entnehmen Sie den Fachartikeln der neuesten Ausgabe des VSS-Magazins «Strasse und Verkehr», die unter www.vss.ch (Zeitschrift s+v) als e-paper zur Verfügung stehen[content_block id=29782 slug=ena-banner]