Musikalische Leitung David Charles Abe ll Inszenierung Andreas Homoki Gesamtausstattung Michael Levine Kostüme Annemarie Woods Lichtgestaltung Franck Evin Choreinstudierung Janko Kastelic Choreografie Arturo Gama Dramaturgie Beate Breidenbach
Rezension:
Blutrot erleuchtet hebt sich das Opernhaus Zürich am 23.12. von der friedlichen Stimmung des davorstehenden Weihnachtsmarktes ab. Das Publikum ist auf Mord und Todschlag eingestellt, bevor es überhaupt das Programmheft geöffnet hat. Obwohl der Untertitel des Werkes, «A Musical Thriller», sowieso nur wenig der Fantasie übriglässt. Das perfekte Stück also, um in weihnachtliche Stimmung zu kommen.
There was a barber
Die Geschichte des dämonischen Barbiers der Fleet Street ist eine tragische. Das Publikum erlebt, wie der verbitterte Sweeney Todd Rache sucht an dem Mann, der ihm vor 15 Jahren Frau und Kind genommen hat. Als einzige Möglichkeit, seinen Plan umzusetzen, dient ihm sein Handwerk, das Rasieren. Doch sein Feind ist bei weitem nicht der einzige, den seine Wut trifft. Mit Morden an den verschiedensten Klienten versorgt Todd seine Komplizin mit Fleisch für deren Pasteten Geschäft. Am Ende erhält in dieser grausamen Erzählung nicht nur ein Übeltäter seine gerechte Strafe.
Das Musical «Sweeney Todd» ist ein Stück mit Musik und Texten des Amerikaners Stephen Sondheim (der übrigens auch die Liedtexte der bekannten «West Side Story» verfasste) und einem Buch von Hugh Wheeler. Die Uraufführung fand am 1. März 1979 in New York statt. «Sweeney Todd» zeichnet sich durch Einflüsse aus zahlreichen anderen Musikgenres wie beispielsweise der Oper oder dem Jazz aus und ist daher ein wahnsinnig spannendes Stück, das auch gut in ein Opernhaus passt.
Attend the tale of Sweeney Todd
Schon beim ersten Stück wird dem Publikum klar, dass es Schauriges zu erwarten hat. Und tatsächlich wird die komplett schwarze Bühne sogleich mit einem Ensemble düster gekleideter Figuren gefüllt, die zum Verfolgen von Todd’s Geschichte eingeladen. Das Bühnenbild ist minimalistisch, bietet aber durch verstellbare Ebenen sehr viele künstlerische Möglichkeiten, die in vollen Zügen ausgenutzt werden. Requisiten werden eher sparsam, dafür mit grosser Wirkung eingesetzt. Die dunkle Geschichte des Musicals wird durch schlichte und in dunklen Tönen gehaltene, eindrückliche Kostüme betont. Auch die stilvolle Einsetzung von Lichtelementen unterstützt weniger dramatische Szenen oder besonders wichtige Momente. Die Atmosphäre ist jedoch auch in den weniger schweren Augenblicken stets düster und mehr als nur ein wenig unheimlich. Um die Tragik der Geschichte und den zahlreich eingesetzten schwarzen Humor zu verstehen, werden die englisch gesungenen Texte in Originalsprache und auf Deutsch untertitelt.
Come and visit your good friend Sweeney
Wie bereits erwähnt hat das kreative Team dieser Inszenierung unter Andreas Homoki wirklich eine unglaubliche Leistung erbracht. Doch auch den restlichen Mitwirkenden gebührt ein grosses Lob. Unter der musikalischen Leitung von David Charles Abell lieferten die Philharmonia Zürich und der Chor der Oper Zürich eine solide Grundlage für die Gesangssolisten. Diese brillieren nicht nur gesanglich, sondern auch mit schauspielerischen Fähigkeiten. Die vielfältigen Emotionen und Motive des Stückes werden glaubhaft porträtiert und die Figuren schaurig akkurat verkörpert. Dem einen oder anderen wird durch das Stück hindurch schon mal ein Schauer über den Rücken gelaufen sein, ob aus Horror oder in aufgeregter Erwartung ist kaum zu sagen. Die Inszenierung kam beim Publikum sehr gut an. Es wurde nicht nur gezittert, sondern auch gelacht und am Schluss ausgiebig applaudiert. Wer sich also gerne mal ein Musical in einem Opernhaus ansehen möchte und vor ein wenig Grusel nicht zurückschreckt, sei herzlich eingeladen, Sweeney Todd in Zürich aufzusuchen. Vielleicht gibt es ja noch eine Pastete dazu.
Text: www.noemiefelber.ch
Fotos: Monika Rittershaus www.opernhaus.ch
Kleine Fotodiashow der Produktion von Monika Rittershaus:
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