Besetzung und Programm:
Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia
Sir Antonio Pappano (Leitung)
Yuja Wang (Klavier)
Konzertprogramm
Programm Zürich und Luzern
Gioacchino Rossini
Ouvertüre zur Oper „Die Belagerung von Korinth“
Peter Tschaikowski
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-Moll op. 23
Ottorino Respighi
Fontane e Pini di Roma
Rezension:
Zum Auftakt die Ouvertüre zu Rossini`s „Die Belagerung von Korinth“, die nicht grad zu den bekanntesten Werken des Komponisten gehört, aber die unverkennbar typische Orchestrierung des Italieners beinhaltet. Es war denn auch eine Art lockerer Aufgalopp, souverän vom gutgelaunten Orchester dargeboten, vom Auditorium mit freundlichem Applaus bedacht. Einstimmung des Publikums auf den unbestrittenen Star dieses Abends, die chinesische Ausnahmepianistin Yuja Wang. Für diese wurde denn auch der Konzertflügel an den richtigen Platz gerückt, dessen Stimmung durch den Konzertmeister nochmals kurz überprüft. Dann, mit etwas Spannung steigernder Verzögerung, betrat die Künstlerin, gewandet in ein sehr enges, hellgrünes Abendkleid, die Bühne. Dirigent Sir Antonio Pappano schloss sich mit Augenkontakt kurz mit der Chinesin, geleitete dann das Orchester in das Konzert mit dem so bekannten Leitmotiv zu dem dann Yuja Wang die mächtigen Harmonien setzte, später die präzisen, perlenden Läufe folgen liess, sich wieder einzubinden wusste in den Schoss des Orchesters, besonders eindrücklich in den Dialogen mit den Bläsern nach ca. fünf Minuten des ersten Satzes, bevor sie die, von Tschaikowsky eingefügten Solosequenzen nutzte, um ihre stupende Technik zu demonstrieren. Der Komponist äusserste sich nur ein einziges Mal zu diesem Werk, in einem Brief an seine Gönnerin Ndjeschda von Meck sah er das Verhältnis von Klavier und Orchester als „Kampf zweier ebenbürtigen Kräfte“ in diesem Ringen stecke viel Poesie und eine Unmenge verführerischer Kombinationsmöglichkeiten. Diese Kombinationsvarianten ermöglichten den Protagonisten denn auch eine differenzierte, sehr persönliche Interpretation dieses Meisterwerks der Musikliteratur. So bediente sich die Pianistin zu Beginn des zweiten Satzes selten des Pedals, wahrscheinlich wollte sie damit die Arpeggien nicht verwischen. Yuja Wang, früher eher ein vor Vitalität sprühendes Energiebündel, ist gereift, ordnet sich ein, wirkt nie überaus dominant. Sie setzt die Ausrufezeichen nicht mehr nur mit ihrer Technik, beweist viel Einfühlungsvermögen, stellt die Harmonie mit dem Orchester ins Zentrum. Dadurch erschliesst sich eine perfekte Klangwelt, ermöglicht auch durch das souveräne römische Orchester.
Das Auditorium zollte diesem eindrücklichen Hörgenuss denn auch kräftigen stürmischen Applaus, der in einer stehenden Ovation endete. Yuja Wang zeigte sich mit zwei kurzen Zugaben dafür erkenntlich und verabschiedete sich mit einem strahlenden Lächeln vom Publikum.
- 2. Konzertteil: Römer für Rom
Mit “Fontane e Pini di Roma“ von Ottorino Respighi packte das Römer Orchester die Gelegenheit, Werke dieses, zu Unrecht verkannten italienischen Komponisten, nachdrücklich in Erinnerung zu rufen und diese acht kurzen Kompositionen im rechten Licht zu positionieren. Dabei liefen Orchester und Dirigent zu absoluter Höchstform auf. Besonders eindrücklich bei „Pinien neben den Katakomben“, mit den tiefen Streicherklängen, überführend in eine, an gregorianischen Chorgesang erinnernde Trompetenmelodie, die vergangene Zeiten aufleben lässt. Bei „Pini del Gianicolo“, wo auch, zu ganz zarten Violin Trillern, original Nachtigallengesänge ab Tonband zugespielt werden. Gekrönt mit dem finalen „Pinien der Via Appia“, beginnend mit dumpfen Paukenschlägen, ergänzt mit tiefen Klavier – und Kontrabasstönen, entwickelt sich ein triumphaler, empirischer Marsch, der, Zitat des Komponisten, dem Zuhörer vor dem inneren Auge, den Ruhm des alten Rom aufleben lassen soll. Den besonderen Effekt erreicht Pappano, indem er Bläser paarweise auf die zwei Balkonseiten und ebenso auf der Orgelempore platziert. Unter deren Geschmetter, ähnlich altrömischen Posaunen (Buccinen), naht ein Konsul mit seinem Heer, um im Glanz der neuen Sonne zur Via Appia und im Triumph aufs Kapitol zu ziehen. Die Intentionen des Komponisten und dessen Visionen umzusetzen, gelingt den Musikern auf unnachahmliche Art. Das Orchester, so massgebende Kritiker, hat sich unter Pappano zu einem der besten, wenn nicht gar zum besten, italienischen Klangkörper entwickelt. Fazit, um beim Römischen zu bleiben: Quod erat demonstrandum. Das Publikum war dezidiert auch dieser Meinung und applaudierte die Künstler zu einer Zugabe, gewährt in Form von „La valse triste“ von Jean Sibelius. Die Zuhörer gaben sich noch nicht zufrieden und spendeten so lange Applaus, bis noch die furiose Ouvertüre des „Wilhelm Tell“ zum krönenden Konzertabschluss intoniert wurde.
Nachtrag:
Vielleicht ging Respighi nebst den Erneuerern Schönberg und der „Neuen Wiener Schule“, Igor Strawinsky und den französischen Avantgardisten wie etwa Claude Debussy oder Maurice Ravel etwas unter mit seinen der Tradition verpflichteten Werken.
Text: www.leonardwuest.ch
Fotos: http://www.migros-kulturprozent-classics.ch/de/Home
Link auf Lucerne Festival am Piano 2011, 2. Klavierrezital mit Yuja Wang, 23.11.2011
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