Immer mehr Neophyten schleichen sich in unseren Wald ein. Oft kommen die ortsfremden Pflanzen aus privaten Gärten. Nun lancieren das Amt für Umweltschutz und die Korporationsbürgergemeinden Altdorf, Flüelen und Sisikon eine gemeinsame, innovative Aktion: Privatpersonen können ihre Neophyten gratis gegen einheimische Gartenpflanzen tauschen.
Der Urner Wald ist mehr als ein Beitrag zum schönen Landschaftsbild. Im Bergkanton schützt er die Siedlungen vor Rutschen und Steinschlägen. Die Urner Forstbetriebe bewirtschaften den heimischen Wald mit grossem Aufwand und viel Verständnis für die natürlichen Zusammenhänge. Jetzt aber wächst im Urner Wald ein Problem heran: Invasive Neophyten verdrängen die einheimischen Arten. Geht das ungehindert weiter, wird das Ökosystem – und damit der Mensch – Schaden erleiden.
Aus den Gärten in den Wald
Viele der invasiven, exotischen Pflanzen werden in Hausgärten als Zierpflanzen angepflanzt. Die Samen und Früchte breiten sich bis in den Wald aus. «Wir suchen nun die Unterstützung der Privatgärtner», sagt Stefan Jauch. Er ist Präsident der Korporationsbürgergemeinde Altdorf. Zusammen mit Flüelen und Sisikon bilden die drei Korporationsbürgergemeinden den Forstbetrieb Urnersee mit rund 1’500 Hektaren. Jauch ist überzeugt: «Das Neophyten-Problem lässt sich nicht allein im Wald lösen, sondern in den Gärten, dort, wo der Ursprung liegt.» Es gehe keineswegs um Schuldzuweisungen. «Wir möchten die Leute für das Thema sensibilisieren und Alternativen aufzeigen», sagt Jauch im Namen der Bürgergemeinden. Für die Wächter des Waldes gilt es ernst: «Wir müssen etwas unternehmen, sonst leidet unser Wald langfristig.»
Gratis Neophyten gegen einheimische Pflanzen tauschen
Mit einem gemeinsamen Projekt suchen nun das Amt für Umweltschutz Uri und der Forstbetrieb Urnersee einen neuen Weg gegen die invasiven Pflanzen. Wer eine gebietsfremde Problempflanze im Garten hat, kann diese kostenlos gegen eine einheimische und ökologisch wertvolle Pflanze eintauschen. «Wer mitmachen will, kann auf eine fachmännische Beratung vor Ort zählen», so Jauch. Entweder der Revierförster Lorenz Jud oder Beat Zgraggen, zuständig für den Fachbereich Neophyten beim Amt für Umweltschutz, schauen sich den Privatgarten vor Ort an und zeigen auf, welche alternativen, einheimischen Pflanzen geeignet wären.
Die Privatpersonen können kostenlos einheimische Gewächse beim Forstbetrieb Urnersee bestellen. Auf Wunsch kann eine Gartenfirma die Neophyten im Garten entfernen und die einheimischen Pflanzen setzen. Die Gartenbesitzerin oder der Gartenbesitzer übernimmt dabei nur die Hälfte dieser Gartenarbeitskosten. Oder sie legen selber Hand an im Garten. Informationen zur Pflege usw. werden bei der Beratung vor Ort abgegeben. Damit bieten die Korporationsbürgergemeinden und das Amt für Umweltschutz einen unkomplizierten und schnellen Weg, die exotischen Problempflanzen im Garten für immer loszuwerden.
Mehr einheimische Vielfalt
Die Projektverantwortlichen setzen insbesondere auf die Beratung vor Ort, die ebenfalls kostenlos ist. Dank diesem Service hofft man, dass in den Gärten von Altdorf, Flüelen und Sisikon bereits im nächsten Frühling mehr einheimische Sträucher blühen. Davon profitiert die Urner Natur direkt: Einheimische Pflanzen bieten Lebensraum und Nahrung für Insekten, Vögel und Kleintiere. «Wir hoffen, dass die Aktion positiv aufgenommen wird und die Leute Lust bekommen, mit geringem Aufwand einen grossen Mehrwert für die Natur zu schaffen», sagt Beat Zgraggen vom Amt für Umweltschutz Uri. Es gehe dabei nicht um die Gartengestaltung, sondern um den Ersatz der invasiven Problempflanzen. «Gemeinsam können wir so etwas für die Biodiversität tun und gleichzeitig die Ausbreitung der Neophyten eindämmen» sagt Zgraggen.
Dank der grosszügigen Unterstützung der Dätwyler Stiftung kann die Neophyten-Tauschaktion umgesetzt werden. Auch die Korporation Uri trägt das Projekt mit.
Fachleute informieren am 22. Oktober 2022
Am Samstag, 22. Oktober 2022, informieren die Fachleute der Korporationsbürgergemeinden und des Forstbetrieb Urnersee zusammen mit dem Amt für Umweltschutz am Wochenmarkt Altdorf über das Projekt. Sie zeigen auf, warum es sich lohnt, einheimische Gewächse zu pflanzen. In diesen Tagen werden die Liegenschaftsbesitzer der Gemeinden Altdorf, Flüelen und Sisikon Post bekommen und in einem Flyer auf die kostenlose Beratung und Tauschaktion hingewiesen. Mehr Infos unter www.ur.ch/neophyten_hausgarten
Darum sind Neophyten schädlich
Fremdlinge wie Sommerflieder, Kirschlorbeer, Nordamerikanische Goldrute oder Tessiner Hanfpalme machen sich breit. Die Neophyten können sich rasch und in Massen vermehren. Das stört das natürliche Gleichgewicht in unserem Wald, denn sie verdrängen die angestammten Pflanzen. Waldtiere können die Exoten kaum als Nahrung brauchen. Auch die Schutzbauten in den Wildbächen werden im Eiltempo von Neophyten zugewuchert. Deren Wurzeln können das Mauerwerk der Schutzbauten sprengen. Mit grossem Aufwand kämpfen die Mitarbeitenden der Korporationsbürgergemeinden gegen diesen ungewollten Wildwuchs. Die grosse Waldfläche und der Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden erschweren die Arbeit zusätzlich.[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]