Der berühmte Musical Thriller «Sweeney Todd» von Stephen Sondheim bringt ab 25. Oktober 2015 Hochspannung auf die Bühne des Luzerner Theaters. Johannes Pölzgutter kehrt nach seinen erfolgreichen Inszenierungen von «Le Toréador» (Adolphe Adam) und «Satyricon» (Bruno Maderna) ans Haus zurück und wählt auch für Sondheims Musical «Sweeney Todd» den Weg des feinen Humors. Die Vergeltungsabsicht des um sein Lebensglück Gebrachten, der zunehmend Amok läuft gegen sein Schicksal und seine Umwelt, lädt – wie Tim Burtons Verfilmung zeigt – zum drastischen Ausmalen zahlreicher Schockelemente ein. Doch nichts davon in Luzern. Suspense lebt von dem, was man nicht sieht. Und so fokussiert die Neuproduktion auf Details, Nuancen und Ausschnitte, die ihrerseits Vorgänge und Zusammenhänge eher suggerieren als ausformulieren. Das Ziel liegt in der Schwebe von Thriller und Komödie, von Grauen und Witz, von Pathos und Banalität.
Ein unschuldig verurteilter Barbier kennt nach fünfzehn Jahren Haft nur noch ein Ziel: Rache an dem verantwortlichen Richter, der zudem, wie sich herausstellt, die Ehefrau in den Selbstmord trieb und die Tochter als Mündel malträtiert. Wie gut, wenn es da der Beruf erlaubt, mit scharfem Messer an Männerkehlen zu hantieren. Sogleich nimmt der Barbier seine Arbeit auf, doch generiert das geplante Attentat so manches unbeabsichtigte Opfer …
Obgleich Kriminalromane hoch im Kurs stehen, muss das Theater auf entsprechenden Nervenkitzel weitgehend verzichten. In Sachen Horror schafft die menschliche Phantasie einfach mehr als jede noch so trickreiche Bühne. Doch 1973 sah der amerikanische Komponist Stephen Sondheim die Bearbeitung des Dramas «Sweeney Todd, the Barber of Fleet Street» von George Dibdin Pitt aus dem Jahre 1842 und wagte sechs Jahre später eine Musical-Version als Thriller. Das Schauerliche verband er dabei mit komödiantischem Witz und liebreicher Musik zu tiefschwarzem Humor.
Hugh Wheeler, der das Libretto für Stephen Sondheim schrieb, übernahm die sozialkritischen Züge der Vorlage und verlieh dem individuellen Vergeltungsdrama die Dimension eines politischen Protests gegen Willkür, Korruption und Profitgier. Der Komponist wiederum rückte seine Partitur mit bewusster Distanz zur Musical-Tradition in die Nähe der Oper, verzichtete weitgehend auf gesprochene Dialoge, arbeitete nuanciert mit Leitmotiven zur Charakterisierung der Figuren und sorgte so bei der Uraufführung für einen ausserordentlichen Erfolg.
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