Mit dem Prix Caritas 2022 wurde in Luzern die Rechtsanwältin Lea Hungerbühler ausgezeichnet. Die Preisträgerin setzt sich als Gründerin und Präsidentin des Vereins AsyLex für die Rechte von geflüchteten Menschen ein und verhilft Schutzsuchenden mit neuen Herangehensweisen zu ihrem Recht. Für dieses Engagement erhält sie den Prix Caritas und wurde von Alec von Graffenried, Stadtpräsident von Bern, gewürdigt.
Lea Hungerbühler (33) ist selbständige Anwältin mit Schwerpunkt Finanzmarktrecht und als Richterin am Strafgericht Basel-Landschaft tätig. Als erfahrene Rechtsanwältin arbeitet Lea Hungerbühler ehrenamtlich im Bereich der Menschenrechte für den Verein AsyLex. Die Idee für dessen Gründung hatte sie, als sie vor einigen Jahren auf einer griechischen Insel für eine NGO tätig war, die Geflüchteten mithilfe digitaler Technologien juristische Unterstützung anbot. Diese Freiwilligenarbeit inspirierte sie dazu, 2017 in der Schweiz den Verein AsyLex zu gründen, dem sie heute als Präsidentin vorsteht. Damit möchte Lea Hungerbühler ihr juristisches Fachwissen in den Dienst von Menschen stellen, die in die Schweiz geflüchtet sind und sich mit dem komplexen und nicht immer verständlichen Schweizer Asylsystem auseinandersetzen müssen.
Freiwillige und unentgeltliche Online-Rechtsberatung und -vertretung
AsyLex unterscheidet sich in verschiedenen Dimensionen von anderen bestehenden oder älteren Angeboten im Bereich der Flüchtlingshilfe. Der überwiegend durch Spenden finanzierte Verein ist darauf ausgerichtet, mit freiwilligen Rechtsvertreter- und Rechtsberaterinnen Menschen zu helfen. Mittlerweile kann AsyLex auf rund 150 Freiwillige in der Schweiz und im Ausland zählen, darunter viele ehrenamtliche Anwältinnen und Juristen, die von verschiedenen Expertinnen und Experten aus den Bereichen Migration und Asyl unterstützt werden. Zahlreiche Dolmetschende – die meisten von ihnen ehemalige Klientinnen und Klienten – sorgen für die Verständigung zwischen den verschiedenen Sprachen. «Jede asylsuchende Person soll das Verfahren, dem sie unterworfen ist, von Anfang an in seinen Grundzügen verstehen, die Kriterien für die Asylgewährung kennen und jederzeit Zugang zu kostenloser Rechtsberatung haben», erklärt Lea Hungerbühler. So ist das Besondere an AsyLex, dass die Rechtsberatung ausschliesslich online ist – Klientinnen und Klienten kontaktieren AsyLex über E-Mail und Social Media. Auch Chatbots werden für systematisierte Informationen zur Verfügung gestellt. Die Website von AsyLex informiert kurz und in verständlicher Sprache über das Asylsystem und bietet Brief- und Formularvorlagen in sieben Sprachen an.
Alec von Graffenried, Stadtpräsident von Bern, würdigte in seiner Laudatio den Einsatz von Lea Hungerbühler für die Rechte von geflüchteten Menschen und ihr Insistieren für die Wahrung der Menschenrechte.
Einsatz für Menschenrechte mit Erfolgen vor Bundesgericht und auf internationaler Ebene
Im Jahr 2020 konnte das Team von AsyLex mit dem «AsyLex Detention Project» grosse Erfolge verbuchen. So gelang es dem Team, in der Schweiz über 50 Personen aus der Ausschaffungshaft zu befreien. «Ich habe in verschiedenen Fällen gesehen, dass Menschen inhaftiert wurden, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren», so Lea Hungerbühler. AsyLex hat vor dem Bundesgericht recht erhalten und konnte mittlerweile mit weiteren Fällen bereits fünfzehn Erfolge vor Bundesgericht verbuchen – bei drei Abweisungen.
Lea Hungerbühler und ihre Kolleginnen bei AsyLex sind überzeugt, dass der Instanzenzug in der Schweiz in Asylfragen oft nicht ausreicht. «In der Schweiz gibt es im Asylbereich mit dem Bundesverwaltungsgericht leider nur eine Beschwerdeinstanz. Und diese Rechtsprechung entspricht teilweise nicht unserer Vorstellung vom Recht, vom Asylrecht, vom Flüchtlingsrecht und vom Menschenrechtsschutz. Daher sehen wir uns in vielen Fällen gezwungen, die negativen Entscheide vom Bundesverwaltungsgericht eine Ebene weiterzuziehen an die verschiedenen UNO-Ausschüsse». Dies geschehe beispielsweise bei Fällen, die frauenspezifische Aspekte nicht angemessen berücksichtigen und dadurch die internationale Verpflichtungen der Schweiz verletzen würden. Auf internationaler Ebene vor den UNO-Ausschüssen, unter anderem auch vor dem UNO-Frauenrechtsausschuss CEDAW, erhielt AsyLex 20 Mal sogenannte «Interim Measures» (aufschiebende Massnahmen), während erst drei Anträge abgelehnt wurden. Das Erheben von internationalen Beschwerden ist enorm zeit- und ressourcenintensiv und daher für eine junge Organisation wie AsyLex eine grosse Herausforderung – insbesondere für die meist ehrenamtlich tätigen Rechtsvertreterinnen.
Caritas Schweiz setzt sich gemäss ihrem Grundauftrag für die unantastbare Würde und die Rechte eines jeden Menschen ein. Geflüchtete Menschen und Asylsuchende sind besonders auf Unterstützung angewiesen, um ihre Rechte wahrnehmen und sich in unserer Gesellschaft integrieren und sich Zukunftsperspektiven aufbauen zu können. Mit der Verleihung des Prix Caritas 2022 an Lea Hungerbühler möchte Caritas Schweiz ihr soziales, innovatives und nachhaltiges Engagement unterstützen. Der Preis soll sie darin bestärken, weiterhin kraftvoll die Rechte von geflüchteten Menschen und Asylsuchenden zu schützen. Die Dienstleistungen von AsyLex sind zudem geprägt von grosser Professionalität und Menschlichkeit.
Der Prix Caritas wird jährlich an Personen verliehen, die Herausragendes im Bereich des Sozialen, in der Entwicklungszusammenarbeit oder in der interkulturellen Verständigung geleistet haben und die sich durch hohe Fachkompetenz und Menschlichkeit auszeichnen. Die Preissumme von
10 000 Franken kommt einem Projekt der Preisträgerin zugute.[content_block id=29813 slug=wirtshaus-wilder-mann-sursee]