Projekt des Luzerner Theaters: Genie oder Scharlatan? Musikalisch-literarischer Abend für und gegen Richard Wagner, besucht und rezensiert von Léonard Wüst

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luzerner theater

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2013 feiern Giuseppe Verdi und Richard Wagner beide ihren 200. Geburtstag. Letzterer feiert aller­dings auch noch seinen 130. Todestag. Grund genug, dem deutschen Komponisten nun auch eine Würdigung zuteilwerden zu lassen, nachdem der Italiener bereits mit einer Neuproduktion von «La Traviata» und einer dazugehörigen Ausstellung zu grossen Ehren kam.

Mitte Februar hätte es nun endlich stattfinden sollen: das Treffen der beiden einflussreichsten Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts Giuseppe Verdi und Richard Wagner. Zu Lebzeiten sind sie sich nie begegnet, aber zur Feier ihres 200. Geburtstags sagten sie einen langersehnten Gedankenaustausch über ihre jeweilige Auffassung von Musiktheater im UG zu.
Doch dann kam die Absage: Herr Wagner fühlt sich übergangen, da das Luzerner Theater «La Traviata», eine Oper von Herrn Verdi, in einer neuen Inszenierung herausgebracht hat. Das Luzerner Theater hat selbstverständlich darauf hingewiesen, dass sich das LUCERNE FESTIVAL im Sommer 2013 umfangreich seinem Werk annehmen wird, während Verdi mit Ausnahme von ein paar kurzen Ouvertüren nicht zu Gehör kommt. Wagner kommentierte wütend und kurz: Das sei ja wohl nicht dasselbe. Kurz und gut: Er besteht auf einer eigenen Würdigung, bevor das versprochene Treffen mit Verdi – vermutlich erst im Herbst 2013 – stattfinden kann. Wir erfüllten ihm den Wunsch und veranstalteten am Samstag, 16. und Sonntag, 17. Februar jeweils um 20.00 Uhr im UG nun einen exklusiven musikalisch-literarischen Abend für und wider Wagner. Aus gegensätzlichen Ansichten von hochprominenten Freunden und Feinden wie Thomas Mann, Friedrich Nietzsche, Claude Debussy und anderen ergibt sich ein sowohl leidenschaftliches als auch witziges Streitgespräch, das dem Spott ebenso nahe steht wie der Verklärung. So die Ankündigung des Luzerner Theaters.

Nun meine Beurteilung:

Da hatten die Initianten des Projektes nicht zu viel versprochen: Die beiden Protagonisten ( Bettina Riebesel als Gegnerin und Jürg Wisbach als Befürworter Wagners) beeindruckten in sprachlicher, wie auch mimischer Hinsicht das erwartungsvolle Publikum. Manchmal tierisch ernst und trotzdem den Schalk durchblitzen lassend, streiften sie sich scheinbar mühelos den Anzug des advocatus diaboli über und bereiteten den Anwesenden dadurch, im wahrsten Sinne des Wortes, teuflisches Vergnügen. Wie Bettina Riebesel genussvoll Nietzsches Häme rezitierte und Jürg Wisbach trocken, aber trotzdem überzeugend konterte, war so gut gemachtes Theater, dass ich persönlich noch mehr im Ungewissen bin, ob ich nun zu den Contras oder zu den Pros gehöre. Pro bin ich jedenfalls für diese Konzeption von Christian Kipper für das UG des Luzerner Theaters, umgesetzt auch Mithilfe der perfekten Ton- und Lichttechnik. Unterhaltung und Vergnügen pur, was wohl Verdi dazu gesagt hätte…. Wir werden es nie erfahren.

www.luzernertheater.ch