Puccinis Tosca, Opernhaus Oslo, 24. Juni 2023, besucht von Léonard Wüst

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Tosca Szenenfoto von Erik Berg Claudio Sgura als Scarpia, bösartig aber faszinierend

Das begehbare Dach der Oper Oslo

Produktion und Besetzung:
Regie Calixto Bieito
Dirigat Xian Zhang
Floria Tosca Marita Sølberg
Mario Cavaradossi Daniel Johansson
Scarpia Claudio Sgura
Cesare Angelotti Jacob Abel Tjeldberg
Il Sagrestano Pietro Simone
Spoletta Simen Bredesen
Sciarrone Sakarias Fredriksen Tranvåg
Eduardo Nathaniel Liodden
The Opera Chorus, The Children’s Chorus,
The Opera Orchestra 

Ich habe erst einmal eine ähnlich eindrückliche Inszenierung der «Tosca» gesehen, im Jahre 2007 auf der Bregenzer Seebühne, wo natürlich der Spielort an und für sich schon äusserst speziell ist.

Calixto Bieto konzentriert sich in seiner Neuinszenierung für die Norwegische Nationaloper Oslo auf das intime, eindringliche Kammerspiel, das sich um die drei Figuren entfaltet, zeigt aber auch die harte Realität, vor der sich diese Handlung abspielt. Tosca wurde 1900 in Rom uraufgeführt. Die Geschichte spielt hundert Jahre zuvor, während der napoleonischen Besetzung Italiens. Die Themen allerdings sind zeitlos – denn Scarpias findet man überall dort, wo Menschen in Machtpositionen sich vermeintlich freundlich geben um in Wirklichkeit nur ihre Machtstellung zu zementieren.

Die Norske Opera und Calixto Bieito katapultieren den Puccini Klassiker ins 21. Jahrhundert

Regisseur Calixto Bieito Foto David-Ruano

Mit der modernen, geradlinigen und schnörkellosen Inszenierung von Puccinis Meisterwerk „Tosca“ in dem einzigartigen, grandiosen Opernhaus am Oslofjord, das einem nachgebildeten Eisberg gleicht und ein Meisterwerk der Architektur und Ästhetik darstellt, katapultierte die Norske Opera unter der Leitung von Regisseur Calixto Bieito und Dirigentin Xian Zhang Puccinis Meisterwerk ins 21. Jahrhundert.

Spielfreudiges, erlesenes Ensemble

Tosca Szenenfoto von Erik Berg

Das gesamte Ensemble, bestehend aus Marita Sølberg als Floria Tosca, Daniel Johansson als Mario Cavaradossi, Claudio Sgura als Scarpia, Jacob Abel Tjeldberg als Cesare Angelotti, Pietro Simone als Il Sagrestano, Simen Bredesen als Spoletta, Sakarias Fredriksen Tranvåg als Sciarrone, Nathaniel Liodden als Eduardo, sowie der Opernchor, der Kinderchor und das Opernorchester, agierte auf allerhöchstem Niveau. Alle Rollen waren perfekt besetzt und die schauspielerischen und sängerischen Leistungen der Darsteller waren außergewöhnlich.

Tosca Szenenfoto von Erik Berg

Besonders hervorzuheben ist Marita Sølberg in der Titelrolle, deren stimmliche Präsenz beeindruckend war. Ihr Gesang war kraftvoll und zugleich voller Ausdruck und Emotionalität. Claudio Sgura verkörperte den charismatischen, aber auch skrupellosen Scarpia mit einer Mischung aus Eleganz und Brutalität. Daniel Johansson, ein Tenor von Weltniveau, beeindruckte mit seiner Darstellung des Mario Cavaradossi, insbesondere in der berühmten Arie „E lucevan le stelle“.

Dirigentin Xian Zhang

Die Dirigentin Xian Zhang und ihre Mitmusiker legten einen musikalischen Teppich, auf dem das Ensemble glänzen konnte. Sie verstanden es hervorragend, die verschiedenen Stimmungen und Emotionen von Puccinis Partitur zum Ausdruck zu bringen und schufen damit eine mitreißende und fesselnde musikalische Begleitung. Das Publikum im vollbesetzten Saal mit 1358 Plätzen, feierte die Aufführung und belohnte sie am Ende mit einer langanhaltenden stehenden Ovation.

 

 

 

Unvergleichliches Erlebnis an einem extravaganten Ort

Dieses außergewöhnliche Erlebnis fand an einem außergewöhnlichen Ort statt. Das Opernhaus am Oslofjord, das einer nachgebildeten Eisbergstruktur ähnelt, ist eine beeindruckende Kulisse, die die Aufführung noch eindrucksvoller machte. Die Kombination aus der modernen Inszenierung, den herausragenden Darstellern und der erstklassigen musikalischen Begleitung, sowie der anschliessende Imbiss und ein Glas Champagner auf der Terrasse der hauseigenen Brasserie «Sanguine» machten diesen Abend zu einem unvergesslichen und unvergleichlichen Erlebnis.

Nachtrag: Über das Opernhaus an sich  (Quelle https://www.baunetzwissen.de/ )

Tönender Eisberg

Wie ein riesiger Eisberg wirkt das neue Opernhaus am Fjord der Bjørvika-Bucht in Oslo. Teils auf Pfählen gebaut, reicht das strahlend weiße, 242 m lange und 110 m breite Gebäude 16 m unter den Wasserspiegel. Der Entwurf stammt von Snøhetta, die sich mit ihrem Entwurf in einem internationalen Architekturwettbewerb gegen mehr als 200 Konkurrenten durchsetzen konnten. Aus dem Wasser steigt das Opernhaus empor und bietet mit seiner begehbaren Dachlandschaft als monumentaler Aussichtsplattform einen freien Blick auf die Stadt und den Fjord. Seine Außenhülle besteht aus Glas und weißem Carrara-Marmor, zusammengesetzt aus 38.000 unterschiedlichen Einzelplatten. Die Oberflächen gestalteten die Künstler Kristian Blystad, Kalle Grude und Jorunn Sannes als Spiel aus glatten, rauen und geriffelten Flächen. Im Winter wird der Bereich vor dem Haupteingang mit einer Fußbodenheizung gewärmt, da Streusalz den italienischen Marmor angreifen würde.

Carrara-Marmor ist auch im Foyer ausgelegt. Von hier ermöglicht eine 15 m hohe Glaswand den Ausblick aufs Wasser. Sichtbar vor dem Glas sind schräge Stützen, die die Dachkonstruktion tragen. In zwei von Olafur Eliasson entworfenen Leuchtboxen verbergen sich die Toiletten hinter farbig leuchtenden Gitterflächen. Seitlich ins Foyer eingestellt ist das Auditorium, das ebenso wie die Aufgänge mit tausenden Eichenstäben verkleidet ist.

Mit dunkler Eiche verkleidet sind auch die Wände des hufeisenförmigen Zuschauersaals mit Platz für 1.360 Personen. Verwendet wurde mehrjährig abgelagerte deutsche Eiche, die zuvor mit Ammoniak behandelt wurde um dem Holz einen leichten Glanz zu verleihen. Zusammen mit den rot gemusterten Sitzpolstern verleihen drei geschwungene Balustraden dem Saal eine feierliche Atmosphäre. Eine zweite, seitlich angrenzende kleinere Bühne ist mit schwarzem Holz, kantigen Formen und Spiegelmetall als „Black Box“ gestaltet. Sie bietet 400 Personen Platz. Neben dem Saal und der kleinen Bühne sind in dem Gebäude mehr als 1.000 Räume untergebracht, darunter Probenräume, Arbeitsräume sowie Werkstätten für Bühnenbildner, Schneider und Schreiner. Insgesamt verfügt das Haus über eine Fläche von fast 40.000 m².

Akustik
Die Hufeisenform des Grundrisses im großen Saal entspricht nahezu exakt dem der Semper-Oper in Dresden von Gottfried Semper. Für eine optimale Akustik sei dies die ultimative Opernform, so die Planer. Anhand von Simulationsdaten und Architekturmodellen entwickelten sie ein System aus reflektierenden Wänden und Decken, so dass der Saal ganz ohne Verstärkung auskommt.

Zur guten Akustik trägt nicht nur die hohe Decke über dem Zuschauerraum bei, auch die geschwungenen Rangbrüstungen sind nach akustischen Gesichtspunkten in sich gedreht ausgebildet. Eine norwegische Bootsbaufirma konnte die komplizierten Holzteile so präzise herstellen, dass sie vor Ort nur noch eingebaut, geschliffen und geölt werden mussten. Aber die Eiche sei sehr gut für die Akustik, so der Architekt, da Eiche besonders hart ist und daher gut reflektiert. Etwa 16 m über dem Parkett hängt ein Kronleuchter aus 17.000 Gläsern, der als akustischer Reflektor dient.

Mit einer Nachhallzeit von 1,7 Sekunden und einem vollen warmen, orchestralen Klang erfüllt der Saal vollständig die heutigen Anforderungen an Musikräume.

Trailer der Inszenierung in anderer Besetzung

outube.com/watch?v=Nd–6XqGzyc

Floria Tosca und Mario Cavaradossi

Marita Sølberg und Daniel Johansson

youtu.be/Ly5GoWpa7a4?t=6

Finale 1. Akt

Scarpia Claudio Sgura

youtu.be/XpjF–DyDUc?t=9

Links auf die anderen von mir verfassten Artikel über mein Kulturreisli nach Oslo

innerschweizonline.ch/wordpress/oslo-eine-annaeherung-an-die-boomende-kulturmetropole-am-oslofjord-von-leonard-wuest/

innerschweizonline.ch/wordpress/mozarts-cosi-fan-tutte-opernhaus-oslo-17-juni-2023-besucht-von-leonard-wuest/

//innerschweizonline.ch/wordpress/opera-orchestra-prokofiev-3-mit-isata-kanneh-mason/

Text: leonardwuest.ch

Homepages der anderen Kolumnist*innen: www.gabrielabucher.ch www.herberthuber.ch www.maxthuerig.ch   www.marinellapolli.ch

Fotos Erik Berg  https://operaen.no/en/

Nicht alle Fotos sind mit der Besetzung vom 24. Juni, einige sind mit der alternierenden Besetzung

Die Ausführenden freuen sich über die Standing Ovation Foto Leonard Wuest

Oper Oslo am Oslofjord

Das Wunderwerk der Architektur und Aesthetik bei Nacht

Das grosszügige lichtdurchflutete Foyer der Norske Opera in Oslo

Your silence will not protect you Foto Eric Berg hier mit Ewa Vesin als Floria Tosca

Tosca Szenenfoto von Erik Berg

Tosca Szenenfoto von Erik Berg

Tosca Szenenfoto von Erik Berg hier mit Ewa Vesin als Floria Tosca

Das Operahuset ein Erlebnis aus allen Perspektiven