Die Initiative «Steuererhöhungen vors Volk» der SVP des Kantons Luzern verlangt, dass der Steuerfuss für die Staatssteuern bei jedem Anstieg zwingend der Volksabstimmung unterliegt. Eine ähnlich lautende Forderung wurde schon im Jahre 2006 durch das Luzerner Volk deutlich abgelehnt. Gemäss Steuergesetz unterliegt bereits heute der Bezug von mehr als den heute geltenden 1,6 Einheiten dem fakultativen Referendum.
Auf den ersten Blick mag es richtig erscheinen, dass die steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürger ein direktes Mitspracherecht bei der Festsetzung des Steuerfusses haben. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass ein solches Instrument zahlreiche Nachteile und Unwägbarkeiten hätte. Am stärksten beschnitten würde der Kantonsrat mit seiner verfassungsrechtlich zustehenden Kernkompetenz zur Festsetzung von Budget und Steuerfuss.
Volk sprach sich bereits früher dagegen aus
Das Steuerfussreferendum war im Kanton Luzern immer wieder Thema von Volksinitiativen. Eine fast gleichlautende Volksinitiative hat die FDP im Jahre 2003 unter dem Namen «Steuern vors Volk» eingereicht. Die FDP zog die Initiative aufgrund eines Gegenentwurfs der Regierung zurück. Dieser Gegenentwurf senkte den Grenzwert für die Unterstellung des Steuerfusses unter das fakultative Referendum von ursprünglich 1,9 Einheiten auf die heute geltenden 1,6 Einheiten. Beschliesst also der Kantonsrat einen Steuerfuss von mehr als 1,6 Einheiten, unterliegt dieser Beschluss dem fakultativen Referendum. 2004 reichte erneut ein überparteiliches Initiativkomitee eine Volksinitiative unter dem Titel «Mehr Demokratie bei den Kantonsfinanzen» ein. Diese sah ebenfalls mehr Mitsprache des Volkes beim Steuerfuss vor und dem Ziel, diesen unabhängig von deren Höhe dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Die Initiative wurde 2006 vom Luzerner Volk deutlich mit 35’837 zu 73’002 Stimmen abgelehnt.
Festlegung durch den Kantonsrat hat sich bewährt
Die Festsetzung des Budgets und des Steuerfusses sind Kernaufgaben des Kantonsrates und inhaltlich miteinander verknüpft, weshalb der Kantonsrat bei einer Trennung in einem Dilemma stehen würde. Beschliesst der Kantonsrat über das Budget, muss er von dem Steuerfuss ausgehen können, welcher dem Budget zugrunde liegt. Die Volksinitiative der SVP sieht hier allerdings eine Zweiteilung vor: Die Stimmberechtigten würden automatisch bei einer Steuererhöhung an die Urnen gerufen, nicht aber zum entsprechenden Budget. Das Budget ist weiterhin nicht referendumsfähig, was angesichts der Komplexität dieser Vorlage sachgerecht ist. Der Regierungsrat vertritt daher die Auffassung, dass sowohl das Budget als auch der Steuerfuss zusammen gehören und Sache des Kantonsrates bleiben sollen.
Volksrechte bereits gut verankert
Eine Ablehnung des Steuerfusses durch die Stimmberechtigten würde kaum jemals einen eindeutigen Schluss auf die Gründe und die folglich zu ergreifenden Massnahmen zulassen. Gerade die aktuellen Diskussionen zu den Sparmassnahmen zeigen, dass es unbedingt notwendig ist, den politischen Diskurs über die staatlichen Leistungen im Parlament führen zu können. Die Zuständigkeit von Volk und Parlament in Finanzfragen funktioniert gut: Die staatlichen Leistungen finden ihre Grundlage in der Gesetzgebung. Hierbei verfügen die Stimmberechtigten mit dem fakultativen Gesetzesreferendum über ein Mitspracherecht. Hat ein Gesetz zudem direkt freibestimmbare Ausgaben von mehr als 25 Millionen Franken zur Folge, kommt es gar zwingend zur Volksabstimmung. Weiter haben die Stimmberechtigten im Rahmen des fakultativen und obligatorischen Finanzreferendums bei massgeblichen Ausgabenbeschlüssen des Kantonsrats ebenfalls bereits heute eine Mitsprache.
Gefahr des budgetlosen Zustandes
Da das Budget ohne gleichzeitige Festlegung des Steuerfusses in der Schwebe bleiben würde, müsste bei einer Annahme der Initiative der Prozess zum Aufgaben- und Finanzplan (AFP) vorverschoben oder erheblich verkürzt werden, um eine in diesem Fall notwendige Volksabstimmung noch vor Beginn des massgeblichen Rechnungsjahres durchzuführen und einen budgetlosen Zustand zu verhindern. Dies würde dazu führen, dass der Voranschlag zu einem Zeitpunkt erstellt werden müsste, in dem wesentliche Einflussfaktoren noch nicht bekannt sind. Die Folgen wären beträchtliche Ungenauigkeiten und Lücken im Voranschlag und damit insgesamt eine erhebliche Schwächung dieses zentralen Steuerungsinstrumentes des Kantonshaushaltes. Würde die Erhöhung des Steuerfusses an der Urne abgelehnt, müsste ein neues, angepasstes Budget erarbeitet werden, welches frühestens in der Märzsession beraten werden könnte.
Am bewährten Weg festhalten
Der Regierungsrat vertritt die Überzeugung, dass der bisherige Weg zielführend war. Mit der Festsetzung eines Grenzwertes für das fakultative Steuerfussreferendum wird eine präventive Wirkung für den haushälterischen Umgang mit den öffentlichen Finanzen erzielt. Im Weiteren wird dies durch die im Gesetz über die Steuerung der Finanzen und Leistungen (FLG) vorgeschriebene Schuldenbremse sichergestellt. Damit verfügt der Kanton Luzern nach Überzeugung der Regierung über wirkungsvolle Instrumente, ohne den Budgetprozess und damit die finanzielle Steuerung des Finanzhaushaltes unnötig zu erschweren. Der Kantonsrat kann seinen Einfluss als Volksvertreter im Rahmen des Budgetprozesses geltend machen und soll daher weiterhin die Hoheit über die Festlegung des Steuerfusses wahrnehmen. Der Regierungsrat empfiehlt dem Volk, die Volksinitiative «Steuererhöhungen vors Volk» abzulehnen und die Abstimmungsfrage mit Nein zu beantworten.
Anhang
– Rede Finanzdirektor Marcel Schwerzmann
– Bericht des Regierungsrates[content_block id=29782 slug=ena-banner]