Der Regierungsrat hat mit einem Antwortschreiben auf eine aufsichtsrechtliche Anzeige von Umweltverbänden reagiert, die angebliche Versäumnisse beim Vollzug der Umweltschutzgesetzgebung beanstanden. Gleichzeitig nimmt er zu mehreren parlamentarischen Vorstössen Stellung, die dasselbe Thema betreffen: die hohe Ammoniak- und Phosphorbelastung im Kanton Luzern. Er zeigt, warum die Erreichung der Schutzziele so schwierig ist, aber auch, warum keine aufsichtsrechtlichen Massnahmen angezeigt sind.
Am 31. August 2020 reichten die Verbände WWF, pro natura, BirdLife sowie Ärztinnen und Ärzte für den Umweltschutz eine aufsichtsrechtliche Anzeige beim Regierungsrat des Kantons Luzern ein. Sie bemängelten, das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement (BUWD) gehe nicht entschlossen genug gegen die sehr hohe Ammoniak- und Phosphorbelastung vor. Durch den schleppenden Vollzug der Gesetzgebung würden die Umwelt und die menschliche Gesundheit gefährdet. In diesem Zusammenhang komme der Regierungsrat seiner Aufsichtspflicht gegenüber dem BUWD zu wenig nach.
Der Regierungsrat hat das BUWD zur Stellungnahme aufgefordert und die erhobenen Vorwürfe abgeklärt. Eine aufsichtsrechtliche Anzeige – ebenso wie eine Aufsichtsbeschwerde, für die vorliegend die Voraussetzungen fehlen – ist nicht durch einen Entscheid zu erledigen. Der Regierungsrat hat aber das Resultat seiner Abklärungen den Umweltverbänden in einem Antwortschreiben mitgeteilt. Parallel dazu hat er drei parlamentarische Vorstösse beantwortet, die sich ebenfalls mit den Auswirkungen der Landwirtschaft im Kanton Luzern befassen (siehe Ende der Mitteilung).
Regierungsrat verschärft Verordnung – Bauern gehen vor Gericht
In seinen Ausführungen räumt der Regierungsrat ein, dass die hohen Emissionen, welche die Luzerner Landwirtschaft verursacht, im Widerspruch zu den Umweltzielen stehen und dass Handlungsbedarf besteht. Im Kanton Luzern sind 13’000 Personen auf 4500 Landwirtschaftsbetrieben tätig. Die intensive, futterbaubasierte Viehwirtschaft führt zu hohen Belastungen von Böden, Wasser und Luft mit Ammoniak und Phosphor. Der Regierungsrat hat deshalb die Verordnung zur Verminderung der Phosphorbelastung der Mittellandseen durch die Landwirtschaft per 1. Januar 2021 verschärft.
Im Vollzug der gesetzlichen Aufträge steht der Kanton zunehmend im Spannungsfeld divergierender Interessen. Während die Umweltverbände mit ihrer Anzeige einen zu laschen Gesetzesvollzug bemängeln, haben im Gegenzug 145 Vertreter der Landwirtschaft beim Kantonsgericht ein Normprüfungsverfahren eingeleitet, um die neue Verordnung zur Verminderung der Phosphorbelastung aufheben zu lassen. Das Verfahren ist derzeit hängig.
In diesem kontroversen Umfeld verfolgen das BUWD und der Regierungsrat die Reduktion der Ammoniak- und Phosphorbelastung mit den folgenden Massnahmen und Projekten:
- Massnahmenplan Luftreinhaltung, Teilplan Ammoniak von 2020
- Ressourcenprojekt Ammoniak und Geruch Zentralschweiz
- Projekt «Reduktion Ammoniakemissionen im Nahbereich von ökologisch sensiblen Gebieten»
- Schaffung einer Fachstelle Ammoniak
- Kantonale Verordnung über die Verminderung der Phosphorbelastung der Mittellandseen durch die Landwirtschaft (SRL Nr. 703a)
- Phosphorprojekt Phase III (2021-2025)
- Strategie Agrarpolitik Kanton Luzern
- Totalrevision Landwirtschaftsgesetz
- Totalrevision kantonale Landwirtschaftsverordnung
- Vollzug Agrarpolitik des Bundes
- Versuchsstation Agroscope in Sursee, Schwerpunkt Stickstoff und Phosphor
- Planungsbericht Klima- und Energiepolitik
- Einsatz für eine bessere Abstimmung zwischen den Bundesvorschriften im Landwirtschafts- und Umweltbereich
Keine aufsichtsrechtlichen Massnahmen angezeigt
Der Regierungsrat weist darauf hin, dass die involvierten Bundesämter, denen beim Gesetzesvollzug die Oberaufsicht zukommt, beantragte Fristenverlängerungen jeweils ausdrücklich gewährt haben. Dies gilt namentlich auch für die aktuelle Verschiebung des Starts des Phosphorprojekts Phase III.
Insgesamt kommt der Regierungsrat zum Schluss, dass die gegenüber dem BUWD erhobenen Vorwürfe nicht gerechtfertigt sind und dass keine aufsichtsrechtlichen Massnahmen angezeigt sind. Er ist der Auffassung, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Reduktionsziele mit den laufenden und geplanten Massnahmen erreicht werden können.
Stellungnahmen zu Vorstössen
Detaillierte Ausführungen zu verschiedenen Aspekten der hohen Ammoniak- und Phosphorbelastung im Kanton Luzern finden sich in den folgenden Stellungnahmen des Regierungsrates zu Vorstössen, die voraussichtlich in der März- respektive Maisession des Kantonsrates diskutiert werden:
- Stellungnahme des Regierungsrates zu A 360 (Sara Muff über gesundheitliche Auswirkungen der Ammoniak-Immissionen – diese Antwort wurde bereits Anfang Februar 2021 veröffentlicht, der Vorstoss ist für die März-Session des Kantonsrates traktandiert)
- Stellungnahme des Regierungsrates zu P 362 (Michael Kurmann über Wogen glätten am Baldeggersee)
- Stellungnahme des Regierungsrates zu A 368 (Judith Schmutz über die Aufsichtsbeschwerde der Umweltverbände)
- Stellungnahme des Regierungsrates zu A 371 (Simon Howald über Phosphorprojekte)[content_block id=45503 slug=unterstuetzen-sie-dieses-unabhaengige-onlineportal-mit-einem-ihnen-angesemmen-erscheinenden-beitrag]