Rezension von Gabriela Bucher: Der Nackte Wahnsinn im Luzerner Theater, 21. Dezember 2012

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Ein bisschen überzeichnet seien die Charakteren schon im  Stück „Der Nackte Wahnsinn“ des britischen  Autors Michael Frayn, meinte der Dramaturg Ulf Frötschner in seiner Einführung, aber eigentlich sei die Theaterwelt schon mehrheitlich so und das Stück sei eine der besten Komödien, weil es eben diese Welt auf die Schippe nehme und das Abbild unserer aller Wirklichkeit sei. Er riet auch allen davon ab, das Stück lesen zu wollen, denn ¾ davon seien Szenenanweisungen. Das habe dann auch die Proben so mühsam gemacht. Da sei nichts zu erfinden, alles müsse stur auswendig gelernt werden, 6 Wochen hartes Training. So hätten sie’s auch, eine Woche nach der Premiere, wieder proben müssen, das Stück lasse keine Improvisation zu und müsse bis aufs kleinste Detail sitzen.

«Der Nackte Wahnsinn» ist ein Stück im Stück und lässt den Zuschauer  von Beginn an hin- und herpendeln zwischen Schauspiel und schauspielenden Schauspielern. Es zeigt eine Truppe bei der Generalprobe eines Schwankes. Das fängt recht gut an, aber bald schon muss der Regisseur eingreifen, von da an geht’s bergab, Requisiten werden vertauscht, vergessen, Einsätze verpasst, Anweisungen in Frage gestellt aber vor allem, diverse zwischenmenschliche Probleme untereinander und mit sich selber treten langsam zu Tage. Das Stück im Stück ist in vollem Gange, wird aber immer wieder unterbrochen und der erste Akt schafft es nur mit grösster Anstrengung an sein Ende.

Die Handlung sei absolut bedeutungslos, hatte der Dramaturg erklärt, was jeder bis in die Pause begriffen hatte. Slapstick schon im ersten Teil, aber nach der Pause dann in höchstem Masse: Da geht’s hinter die Kulissen und während vorne derselbe Akt nochmal gespielt wird, diesmal in einer Nachmittagsvorstellung für Senioren, werden hinter der Bühne diverseste Probleme abgewickelt, zuweilen auch handgreiflich, aber immer mit grösster Bemühung, dies weder akustisch noch visuell in die Aufführung vorne einfliessen zu lassen. Das führt zu unglaublichen Verrenkungen und Verwirrungen. Dass dazwischen die Auftritte trotzdem präzise wahrgenommen werden sollten, macht das Chaos perfekt:  Türen knallen, Requisiten fliegen durch die Luft, Schauspieler kommen und gehen, fallen, kriechen, bekämpfen sich, das horrende Tempo lässt einen beinahe schwindlig werden.

Für die dritte Szene, die Dernière nach Monaten auf Tournée, wird das Bühnenbild wieder Richtung Zuschauerraum gedreht. Die Fronten haben sich verhärtet, die diversen Beziehungsprobleme verschärft, das Ganze gerät total aus dem Ruder. Ab und zu schafft es einer der Schauspieler noch, seinen Einsatz mehr oder weniger präzise zu platzieren, aber mehrheitlich ist es nur noch ein wirres Durcheinander und auch das Bühnenbild löst sich so langsam in seine Bestandteile auf.

Das Stück habe einen grossen Unterhaltungswert, hatte Frötschner erklärt, was sich bestätigte – die Lacher mehrten sich von Minute zu Minute, das Publikum schien sich bestens zu amüsieren und dankte mit warmem Applaus den 9 Schauspielern, die dieses komödiantische Chaos, oder diese chaotische Komödie, meisterhaft auf und hinter die Bühne gebracht hatten.

kolumnistin gabriela bucher

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dieser anlass wurde besucht und rezensiert von gabriela bucher

fotos: luzerner theater, ingo höhn

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das neu renovierte luzerner theater, eines der renommiertesten häuser der schweiz, idyllisch an der reuss gelegen