Obwohl die Bedeutung von Risk Management in Schweizer Unternehmen stetig steigt,
können die Anforderungen an eine moderne, risikogerechte Unternehmensführung in vielen
Fällen noch nicht erfüllt werden. Geschäftsentscheide werden noch häufig unabhängig von
Risiko- und Chancenanalysen getroffen. Das zeigt der ERM Report 2019 der Hochschule
Luzern.
Für welche Entscheidungssituationen verwenden Unternehmen Informationen aus dem Risk
Management? Auf dieser Frage lag der Fokus des diesjährigen ERM Report 2019, der die
Hochschule Luzern zusammen mit SwissERM erstellt hat. Besonders erfreulich ist, dass fast neun
von zehn Unternehmen risikorelevante Informationen für die Entwicklung der
Unternehmensstrategie verwenden (Abbildung 1). Hingegen ist bedenklich, dass lediglich jedes
dritte Unternehmen bei Finanzierungsfragen eine Risikoanalyse berücksichtigt und nur knapp jedes
vierte Unternehmen über eine interne Unternehmensbewertung, die mit risikorelevanten
Informationen untermauert ist, verfügt.
Informationen stehen für Entscheide oft nicht zur Verfügung
Die Studienergebnisse lassen darauf schliessen, dass in vielen Unternehmen in der Schweiz der
Risk-Management-Prozess nicht auf die Entscheidungsprozesse abgestimmt ist. Nur knapp ein
Fünftel der befragten Unternehmen bestätigt, dass Risikoinformationen für anstehende
Entscheidungen stets zur Verfügung stehen (Abbildung 2). Bei immerhin noch knapp einem Drittel
der Studienteilnehmenden fliessen risikorelevante Informationen teilweise in
Entscheidungsprozesse ein. Fast die Hälfte der Unternehmen geben an, entweder nur teilweise oder
gar nicht zu wissen, wie viel Unsicherheit mit einer entsprechenden Entscheidung verbunden ist.
Abbildung 1: Für welche Entscheidungssituationen werden Informationen aus dem Risk
Management verwendet?
23.0%
31.7%
45.3%
46.8%
61.9%
67.6%
68.3%
87.1%
0.0% 20.0% 40.0% 60.0% 80.0% 100.0%
Unternehmensbewertung
Finanzierungsfragen
Budgetierung
Finanzplanung
Operative Entscheide
Grossprojekte
Grössere Investitionen
Strategieentwicklung
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Konsequenzen sind nicht bekannt
Noch ungünstiger ist das Bild in Bezug auf die Sensitivität von Finanzkennzahlen: Über ein Drittel
der Unternehmen kann keine direkte Verbindung von Entscheidungen und deren Konsequenzen auf
finanzielle Führungskennzahlen herstellen. Zudem gibt nur ungefähr jedes sechste Unternehmen
an, diese Sensitivitäten basierend auf quantitativen Risikoszenarien zu kennen. Dies verdeutlicht,
dass das Risk Management häufig nicht mit einer wertorientierten Unternehmensführung
verbunden wird.
Einbezug von Risk Management in Geschäftsentscheide ist zwingend
Es ist wichtig, dass Risk Management im Unternehmen nicht als separater Prozess betrachtet,
sondern in die Geschäftsentscheide miteinbezogen wird. Mit der Durchführung von
Risikobewertungen für alle wichtigen Geschäftsentscheide kann die Entscheidungsqualität
signifikant erhöht werden, da Entscheidungsalternativen aufgezeigt und dadurch rationale
Erkenntnisse gewonnen werden können.
Geschäftsentscheide werden täglich getroffen. Dies korrespondiert allerdings nicht mit dem
halbjährlichen oder jährlichen Risikobericht, welcher der Risk Manager der Unternehmensleitung zur Verfügung stellt. Um den steigenden Anforderungen an ein modernes Risk Management gerecht zu werden, muss sich das Enterprise Risk Management in vielen Unternehmen grundlegend
verändern.
6.5%
10.9%
18.0%
15.8%
23.2%
28.1%
24.5%
19.6%
29.5%
38.8%
29.7%
18.0%
18.0%
16.7%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Die Risikoinformationen stehen bei anstehenden
Entscheidungen zur Verfügung
Die Risikoinformationen zeigen den Zusammenhang
zwischen Unsicherheit und Entscheidungen auf
Die Risikoanalyse zeigt die Sensitivität zwischen KPI`s
und Entscheidungen auf
Stimme nicht zu Stimme eher nicht zu Weder noch Stimme eher zu Stimme voll zu
Abbildung 2: Werden Risikoinformationen für Entscheidungsprozesse genutzt?