Siedlungen nach innen entwickeln: Hochschule Luzern erarbeitet Modellvorgehen

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Bild mm Modellvorgehen Innenentwicklung ©Ulrike Alexius

Ist ein Gebiet bereits bebaut, führt die weitere bauliche Entwicklung und Verdichtung oft zu
Konflikten: Damit Einsprachen später nicht Planung und Umsetzung blockieren, müssen die Ansprüche der Gemeinde und diejenigen von zahlreichen Eigentümerinnen und Eigentümern in Einklang gebracht werden. Ein interdisziplinäres Team der Hochschule Luzern hat nun ein Vorgehen entwickelt, das den Einbezug aller Beteiligten sicherstellt und damit für eine breite Akzeptanz sorgt. Acht Gemeinden aus den Kantonen Luzern und Basel-Landschaft haben das Modellvorgehen bereits erfolgreich angewendet. Ihre Projekte werden nun auf der Website des Kantons Luzern vorgestellt.
Das revidierte Raumplanungsgesetz schreibt vor, dass Gemeinden in bereits bebautem Gebiet
die Reserven ausschöpfen müssen, bevor sie neue Bauzonen ausweisen. Damit soll die weitere
Zersiedelung der Landschaft eingedämmt werden. Für die Gemeinden bringt dies jedoch
komplexe Herausforderungen mit sich, auf die sie oft ungenügend vorbereitet sind: Private und
institutionelle Eigentümer haben alle ihre eigenen Vorstellungen davon, was auf ihren
Grundstücken und in ihrer Nachbarschaft geschehen soll. Mit einer Planung über die Köpfe der
Betroffenen hinweg sind Einsprachen und Unstimmigkeiten vorprogrammiert, wenn später
tatsächlich gebaut werden soll. Die Hochschule Luzern hat deshalb in Zusammenarbeit mit der
Dienststelle Raum und Wirtschaft des Kantons Luzern und dem Amt für Raumplanung des Kantons Basel-Landschaft ein Vorgehensmodell für die Quartierentwicklung innerhalb des bestehenden Siedlungsgebiets erarbeitet. Unterstützt wurde das Projekt im Rahmen des Bundesprogramms «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung 2014-18» vom Bundesamt für Raumentwicklung ARE und vom Bundesamt für Landwirtschaft BLW.
Erfolgreich erprobtes Modell
Das mehrstufige, lokalspezifische Vorgehen stellt sicher, dass die Erwartungen und Anliegen der
verschiedenen Seiten Gehör und Eingang in die Planung finden. In acht Gemeinden in den
Kantonen Luzern und Basel-Landschaft wurde es bereits erprobt. In sieben Gemeinden ist der
Prozess abgeschlossen; bei allen haben die Projekte einen Schritt in Richtung Verwirklichung
gemacht. Auf der Website der Dienststelle Raum und Wirtschaft des Kantons Luzern werden die
Projekte, ihre Problemstellung, das Prozessdesign und die daraus resultierenden Vorschläge nun vorgestellt.
Betroffene früh einbeziehen
Das neue Verfahren eignet sich besonders für Quartiere, in denen zahlreiche Eigentümerinnen
und Eigentümer – institutionelle und private – mit unterschiedlichen Interessen betroffen sind
und daher das Konfliktpotenzial höher ist als anderswo. In den Luzerner Gemeinden
Schüpfheim, Ufhusen, Entlebuch, Emmen und Ballwil ging es um das Ortszentrum oder Teile
davon, in Sempach und Oberwil (BL) um ein Wohnquartier. «Die Ausgangsfrage für das
Projektteam hiess in allen Fällen: Wie können wir Gemeinden helfen, die das Zentrum oder ein
Quartier weiterentwickeln wollen, die aber alleine zu keiner umsetzbaren Lösung kommen?»,
sagt Ulrike Sturm, Projektleiterin vom Departement Technik & Architektur der Hochschule
Luzern. Zuallererst muss ein gängiges Missverständnis aus dem Weg geräumt werden:
«Planung wird in diesem Zusammenhang oft falsch verstanden», sagt Ulrike Sturm. «Es geht nicht darum, dass jemand bauen muss. Es geht darum, die Möglichkeit zu schaffen, dass jemand, der bauen will, es auch tun kann, und zwar in Abstimmung mit der Gemeinde und im
Einvernehmen mit den übrigen Anwohnenden. Dies geht nur, wenn es möglich ist, sich auf ein
Gesamtbild für die Entwicklung des Gebiets zu verständigen.»
Den Prozess begleiten
Zentral im entwickelten Modellvorgehen ist eine für diesen Zweck zusammengesetzte
Begleitgruppe aus Vertretern der Gemeinde – Politik und Verwaltung –, Planungsexperten und
einer neutralen Prozessbegleitung; während des Modellvorhabens war dies das interdisziplinär
besetzte Team der Hochschule Luzern. Die Begleitgruppe sorgt dafür, dass alle Beteiligten in
Workshops zusammenarbeiten und lokales Wissen und Fachwissen gleichermassen eingebracht werden. Hierbei werden auch die Anliegen und Vorschläge derjenigen gehört, die es weniger gewohnt sind, sich in einer grösseren Gruppe Gehör zu verschaffen, wie beispielsweise private Eigentümerinnen und Eigentümer gegenüber institutionellen. Angepasst an die jeweilige Situation legen Gemeinde und Begleitgruppe das Vorgehen fest. Am Anfang können telefonische Interviews mit den Grundeigentümerinnen und -eigentümern stehen, es kann aber auch mit einer Informationsveranstaltung zum Projekt oder einem Ideenworkshop mit der Planungskommission beginnen. Wer im Verlauf der Planung wann und wie oft in die
Diskussion einbezogen wird, hängt von der jeweiligen Ausgangslage ab.
Möglichkeiten schaffen
Für diesen aufwändigen mehrstufigen Prozess gilt es nicht nur die Eigentümerinnen und
Eigentümer zu gewinnen, sondern auch die involvierten Planungs- oder Architekturbüros, die
sich in eine für sie ungewohnte Rolle begeben. Anders als sonst verhandeln sie nicht nur mit
ihrem Auftraggeber, sondern müssen Vorschläge für direkt Betroffene erarbeiten. Ulrike
Sturm, selber Architektin, kann nachvollziehen, dass dies nicht nur Begeisterung hervorruft. So
sieht sie die Aufgabe der Begleitgruppe durchaus auch darin, den Prozess so zu leiten, dass am
Ende nicht zu viele Kompromisse die Qualität eines Entwurfs beeinträchtigen.
Informationen zum Gesamtprojekt und zum Vorgehen in den einzelnen Gemeinden
https://rawi.lu.ch/themen/siedlungsentwicklung/Netzwerk_Innenentwicklung
Die Bundesmodellvorhaben «Nachhaltige Raumentwicklung 2014–2018»
Das Programm «Modellvorhaben Nachhaltige Raumentwicklung», bei dem das Bundesamt für
Raumentwicklung ARE federführend ist, unterstützt lokale, regionale und kantonale Projekte, dieneue, innovative Ansätze für die Umsetzung einer nachhaltigen Raumentwicklung erproben. Ziel ist es, die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern sowie die Solidarität
innerhalb und zwischen den Regionen zu stärken. Die Modellvorhaben verstehen sich als
Laboratorien, die es erlauben, neue Methoden, Ansätze und Verfahren zu erproben. Von den
Erfahrungen sollen später auch andere profitieren können. Im Rahmen dieses Programms wurde
das interdisziplinäre Projekt «Netzwerk kooperative Umsetzungsverfahren in der
Innenentwicklung» der Hochschule Luzern unterstützt. Beteiligt waren die drei
Hochschuldepartemente Technik & Architektur (Kompetenzzentrum Typologie & Planung in
Architektur CCTP), Soziale Arbeit (Institut für Soziokulturelle Entwicklung ISE) und Wirtschaft
(Institut für Betriebs- und Regionalökonomie IBR).www.hslu.ch​

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